„Kommt das Christkind auch zu den armen Kindern?“, habe ihn seine Tochter gefragt, so Hans Mörlter, Pfarrer der Lutherkirche in der Kölner Südstadt. Gerade zu Weihnachten bekämen viele Kinder ihre Armut vor Augen geführt – wenn die Mitschüler von ihren Geschenken und den Weihnachtspläne ihrer Familien erzählen. Gestern erst habe Mörlter einen Anruf von einer alleinerziehenden Mutter erhalten, die ihm gestand, dass sich ihre Familie Weihnachten einfach nicht leisten könne. „Das wollten wir ändern“, sagte der Pfarrer. Und so können sich ihre Kinder sowie 80 weitere nun auf ein liebevolles Geschenk freuen. Von Fahrrädern und Gutscheinen für einen einjährigen Klavier-, Geigen- oder Gesangsunterricht, über Puppen, Nintendokonsolen und FC-Trikots bis hin zu Playmobilausrüstungen und Lego ist alles dabei.

Endlich Urlaub machen
Bis Ende November konnten sich die Kinder mit ihrem Wunschzettel bei Pfarrer Mörlter melden. Die Wünsche von insgesamt 83 Kindern wurden auf einer Liste zusammengetragen und im Verteiler der Homepage veröffentlicht. Menschen, die einem der Kinder zu Weihnachten eine Freude machen wollten, meldeten sich daraufhin im Verteiler an und hinterlegten hinterher ihr Geschenk in der Lutherkirche. Von den rund 9.000 Euro Spenden, die in diesem Jahr zusammengetragen worden sind, konnten auch kostspieligere Wünsche erfüllt werden: so bekommt ein Künstlerehepaar, das seinen Kinder noch nie einen Urlaub ermöglichen konnte, 1.800 Euro für eine Reise zu ihrem Wunschziel. Dazu hat Mörlter sogar Kontakt mit einem Bekannten aufgenommen, der auf Mallorca eine Finka besitzt und diese eventuell kostenlos zur Verfügung stellen könnte, wenn die Familie Interesse hat.

Rieseputenbraten sorgt für strahlende Augen
Die Geschenke, die heute Abend in der Lutherkirche an die Kinder verteilt werden, besitzen einen hohen Wert, erzählt Mörlter. „Sie sind so wertvoll, wie die Kinder, die sie bekommen“, so der Pfarrer. Die Qualität der Geschenke sei ihm besonders wichtig gewesen. So habe er bei Stadtrad Köln hochwertige Fahrräder gekauft, die auf das jeweilige Kind zugeschnitten sind. Diese verkaufte ihm das Stadtrad für etwa die Hälfte des Ladenpreises, nachdem er von der Aktion berichtete. Auch die Naturmetzgerei Hennes beteiligt sich an der Aktion und vergibt Gutscheine für ein Weihnachtsessen. „Vor zwei Jahren haben wir einem Gemeindemitglied mit einem Riesenputenbraten eine richtig große Freude machen können“, erzählt Cornel Wachter. „Noch am nächsten Tag strahlte er über das ganze Gesicht.“  

Rheinüberquerung mit Flüchtlingsboot
Wachter selbst organisierte noch eine eigene Kunstaktion. Er hat 333 Handspiegel mit einem zu Denken gebenden Design versehen: Der Rücken des Spiegels trägt eine postkartenähnliche Darstellung eines Schlauchbootes mit mehreren Insassen auf offenem Meer. Nach einer Postkarte sieht es auch deshalb aus, weil mitten auf dem Bild in typischer Touri-Postkartenschrift „Lampedusa“ steht. Das sei auch gewollt gewesen, erzählt Wachter. Man müsse genauer hinsehen. Dann erkennt man, dass das Boot aus Mülltüten zusammengeklebt ist und Flüchtlinge transportiert. Es ist also trotz der prächtigen Farben keine Urlaubsidylle. Wachter und Mörlter wollen mit dem Spiegel darauf aufmerksam machen, dass viele Flüchtlinge bei dem Versuch, das Meer zu überqueren und in einem anderen Land ihr Glück zu finden, ertrinken. Auf der Spiegelseite hält ein Zitat von Heinrich Böll dazu an, sich genauer mit dem Thema auseinanderzusetzen: „(…) der vom Ertrinken bedroht ist, den frage nicht nach seiner politischen Einstellung, auch nicht nach seiner sozialen Herkunft. Ich denke, wir sollten wirklich zurückgehen auf das Urmotiv der Lebensrettung.“ Mölter und Wachter ist daran gelegen, die Problematik in den Köpfen der Menschen sowie in der Stadt und im Land nachhaltig präsenter zu machen. Im nächsten Jahr, erzählt Mörlter, wolle er eine Rheinüberquerung in einem solchen Boot unternehmen und das Thema somit noch einmal in den Fordergrund rücken.  

[il]