Köln | aktualisiert | Der zweite Teil der Analyse der Social Media Kommunikation der parteilosen Wahlbewerberin und aktuell amtierenden Kölner Oberbürgermeisterin Henriette Reker befasst sich mit dem Aspekt der sprachlichen Darstellung und seit wann Henriette Reker so kommuniziert und ob es mit dem Stichtag 31. August – also dem Tag nachdem die Profile aus der amtlichen Betreuung des Kölner Presseamtes zum Profil der parteilosen Wahlbewerberin wurden – eine Veränderung in der Art der Kommunikation gab. Gab es also Kontinuitäten?

Zum Hintergrund

Mit dem Stichtag 31. August auf den 1. September 2019 seien die Social Media Profile von Henriette Reker aus der städtischen Verantwortung, so der Leiter des Presseamtes Alexander Vogel und der Wahlkampfmanager Frederik Schorn, zu den Wahlkampfprofilen der parteilosen Wahlbewerberin Reker geworden. Man habe das Impressum geändert, so Schorn. Das Impressum zu ändern ist das Eine, aber änderte sich etwas an der Darstellung der Inhalte, der Bezeichnungen? Eine Analyse.

Die Kommunikation vor dem Stichtag

Ein Muster ist bei einer wertenden Analyse des Twitter-Accounts von Henriette Reker auffällig: Die persönlichen Posts – nicht die Retweets – sind vor dem Stichtag und nach dem Stichtag, sofern sie mit Team Reker (TR) oder Henriette Reker (HR) gekennzeichnet sind meistens in der „Ich“-Form oder der „Wir-Form“ gehalten. So schreibt HR am 25. April: „Heute habe ich Ordnungsamt und @polizei_nrw_K auf Streife in #Ehrenfeld begleitet“. Es handelte sich um einen Pressetermin in Ehrenfeld, den die Oberbürgermeisterin, als die sie auch vorgestellt wurde, begleitete. Am gleichen Tag geht es um eine städtische Pressekonferenz zur Wohnraumschutzsatzung in der der Satz steht: „Wir haben Wohnungsaufsicht personell aufgestockt“. Nach der Argumentation von Presseamtschef Vogel betreute in dieser Zeit die Stadt Köln den Facebook-Account.

Die Kommunikation nach dem Stichtag

Am 18. März 2020, also mehr als sechs Monate, nachdem der Twitter-Account wieder vom Wahlkampfteam Rekers durch die Impressumsänderung übernommen wurde und nach Aussage des Presseamtchefs Vogel, nicht mehr in der Verantwortung der Stadt Köln befand steht: „Die #Corona-Pandemie stellt gerade kleine und mittelständische Betriebe, einzelne Selbstständige, Kunst- und Kulturbetriebe vor existenzielle Herausforderungen. Darum werden wir kurzfristig Hilfen organisieren. Konkret entlasten wir die Unternehmen u.a. bei der Gewerbesteuer.“ Wer ist „Wir“? Das Wahlkampfteam von Henriette Reker kann keine Kölner Unternehmen bei der Gewerbesteuer entlasten. Das kann nur die Stadt Köln. Auch die parteilose Wahlbewerberin Henriette Reker kann dies nicht.

Im weiteren Verlauf ergänzt Henriette Reker ihre erste Meldung, zunächst ohne Kürzel, wer diesen Post geschrieben hat: „Ab sofort kann eine Absenkung der Gewerbesteuervorauszahlung beantragt werden. Außerdem besteht bei allen Steuern, die wir als Stadt erheben, die Möglichkeit, Zahlungen zu stunden. Auch die Stundungszinsen können erlassen, eine Vollstreckung zunächst ausgesetzt werden.“

Der nächste Post erfolgt dann unter dem Kürzel HR – also Henriette Reker selbst: „Alle Anträge werden wir zügig und unbürokratisch prüfen. Als Stadt tun wir, was geht. Aber wir benötigen schnellstens einen bundesweiten Rettungsschirm für unsere Wirtschaft. Die reine Sicherstellung von Liquidität durch Kredite oder Steuerstundungen reicht nicht aus“. Warum postet Henriette Reker auf ihrer privaten Wahlbewerberseite unter Bezugnahme auf „wir“ „die Stadt“, also – dem Wortlaut ihres Posts nach zu urteilen – unter Rückgriff auf ihre amtliche Funktion??

Dann will eine Userin wissen und postet an @HenrietteReker: „Künstler und sind oft Freiberufler, die gar keine Gewerbesteuer zahlen, das wird ihnen nicht helfen.“

Darauf antwortet das Team Reker, also das Wahlkampfteam mit dem Kürzel TR: „Es geht hier erst einmal um unbürokratische Sofortmaßnahmen von Seiten der Kommune. Sowohl die NRW-Landesregierung als auch der Bund haben bereits eigene Hilfsmaßnahmen angekündigt.“ Postet hier das Wahlkampfteam, also Rekers Wahlkampfmanager Schorn oder womöglich sogar die Pressesprecherin des Wahlkampfteams amtliche Wissenserklärungen?

Auch Bilder erzählen Geschichten: Hier adressiert das Team Reker auf dem Wahlbewerberinnen-Twitter-Account von Henriette Reker am 18. September 2019 eine Botschaft an den Lobbyverband ADFC. Es geht um den Aufkleber Abstand halten, der nicht auf dem Privatwagen der Wahlbewerberin gezeigt wird, sondern auf dem Dienstfahrzeug der Oberbürgermeisterin und auch der Text bezieht sich auf die Amtsrolle.

Viele Beispiele 

Es gibt viele dieser Beispiele, die sich – bei wertender Betrachtung – alle dem gleichen Muster zuordnen lassen könnten. Aus der Oberbürgermeisterin wird in den sozialen Netzwerken „Ich“ und „Wir“ und es geht kunterbunt hin und her. In welcher Rolle Henriette Reker oder ihr Wahlkampfteam gerade agiert und kommuniziert bleibt völlig im Unklaren. Das Wahlkampfteam beantwortet Postings als sei der Account Teil des offiziellen Angebots der Stadt Köln. Ist er aber nicht. Anstatt auf die offiziellen Kanäle der Stadt Köln zu verweisen. In der Analyse des Twitter-Accounts der parteilosen Wahlbewerberin Henriette Reker um das Amt der Oberbürgermeisterin von Köln in der Kommunalwahl findet sich ein Muster, dass nahtlos ineinander übergeht.

Eines verwundert zusätzlich: Warum brauchte die Oberbürgermeisterin Henriette Reker in der Zeit von Januar 2016 bis August 2019 einen von der Stadt Köln betreuten Social Media Auftritt und danach also seit September nicht mehr. Und das obwohl Sie, wie das Posting aus März 2018 zeigt, sehr wohl als Oberbürgermeisterin Henriette Reker anscheinend Kommunikationsbedarf hatte oder warum nutzte Reker sonst ihren Wahlkampfaccount?.

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Autor: Andi Goral