Köln | Noch bis in den November dieses Jahres zeigt die Kunst-Station Sankt Peter eine großformatige Arbeit des Kölner Starkünstlers Gerhard Richter. In der Jesuitenkirche in der Kölner Südstadt füllt die großformatige Arbeit „Grauer Spiegel“ eine prominente Leerstelle. Gewöhnlich hängt hier die „Kreuzigung Petri“, ein Meisterwerk des flämischen Barockmalers Peter Paul Rubens. Das wird gegenwärtig restauriert.

Guido Schlimbach, der künstlerische Leiter der Kunst-Station Sankt Peter (und auch Vorsitzender der Kölner Rubens-Gesellschaft) versucht, die Abwesenheit des Rubens-Bildes mit Einladungen an Künstler, den Kirchenraum mit eigenen Arbeiten zu bespielen, zu überbrücken. Die nun den gesamten Sommer über zu sehende Richter-Arbeit ist nicht für diesen Raum konzipiert worden, sondern eine Leihgabe des Künstlers auf Anfrage Schlimbachs. Ein solcher spektakulärer „Lückenbüßer“ ist für die 1987 von dem Jesuitenpater Friedhelm Mennekes begründete Kunst-Station Sankt Peter, die über die Jahre immer wieder mit Hingucker-Ausstellungen hervortrat, zweifellos ein Glücksfall.

„Grauer Spiegel“ ist eine etwa 2×2 Meter große Glasscheibe, die rückseitig grau eingebrannt ist, kein Bild also, sondern eine Spiegelinstallation. Wie so häufig, hat Richter auch diesen Ansatz mehrfach verfolgt. Das Werkverzeichnis zeigt mehr als zwei Dutzend solcher Arbeiten aus verschiedenen Jahren, insbesondere 1991/1992. Die jetzt in der Kunst-Station Sankt Peter zu sehende Arbeit stammt aus dem Jahr 2018. Eine ähnliche Arbeit (Grauer Spiegel, 954-1) wurde jüngst noch in der Marian Goodman Gallery in New York zum Kauf angeboten.

Auch in der großen Richter-Retrospektive „Painting After All“ im Metropolitan Museum of Art in New York wäre eine solche Arbeit zu sehen gewesen; die Ausstellung ist gegenwärtig Corona-bedingt geschlossen, Richter-Fans können sich mit der im Kölner Verlag der Buchhandlung Walther König erschienenen deutschsprachige Ausgabe des Katalogs trösten. Auch sonst hat Gerhard Richter mit Spiegeleffekten experimentiert. Das Museum Ludwig in Köln besitzt die Arbeit „11 Scheiben“ (aus dem Jahr 2003), die es gewöhnlich in sehr prominenter Position permanent zeigt.

Die Korrespondenz mit dem Rubens-Bild, das gewöhnlich in Sankt Peter hängt, wirkt etwas gewollt: „Rubens schuf eine dramatisch-sinnliche Summe barocker Bildkomposition, die in ungeheuerlicher Gegenwärtigkeit existentielle Fragen stellt. Der „Graue Spiegel“ steht für Richters kontinuierlich geäußertem Zweifel, ob das, was wir sehen, der eigentlichen Wirklichkeit des Wahrgenommenen entspricht.“ Einen Besuch ist „Grauer Spiegel“ allemal wert.

Autor: Von Christoph Mohr