Vom 10. bis zum 24. August hält sich eine Gruppe von 20 KZ- und Ghetto-Überlebenden aus Weißrussland in Köln auf. Sie ist die elfte Gruppe aus Weißrussland, die in den letzten zehn Jahren Köln besucht hat. Aus Anlass ihres Besuchs begrüßte heute Bürgermeisterin Angela Spizig die Gäste im Rathaus. Sie bedankte sich bei den Besuchern für “die Bereitschaft an dem Zeitzeugenprogramm teilzunehmen”. So trafen sich die Überlebenden unter anderem bei Zeitzeugengesprächen mit Schülern aus der Eichendorff Realschule und der Gemeinschaftsschule in Köln Ehrenfeld. Wladimir Sawkin, ehemaliger KZ-Häftling, beschrieb seine Erfahrungen so: “Bei den Besuchen in den Schulen haben wir sehr gute Erfahrungen gemacht und hoffen, dass wir Kämpfer gegen den Rechtsextremismus gefunden haben”. Michail Treyster konnte dies nur bestätigen:” Die deutsche Jungend ist sehr interessiert an Holocaust”. “Oft fällt es ihnen schwer über die Erfahrungen zu berichten”, erzählte Gisela Multhaupt, Organisatorin des Besucherprogramms. Sie begleitet die Weißrussischen-Besucher während ihres Aufenthalts in Köln. Oft merkt sie bei den Zeitzeugengesprächen, dass die Besucher ein Bedürfniss haben, ihre Geschichte zu erzählen. Viele sagen: “die Leute sollen es wissen”. Dabei stellt sie fest, dass “die jungen Menschen ratlos sind vor so viel Grausamkeit”. Bürgermeisterin Angela Spizig hält “die persönlichen Berichte und Begegnungen “ zwischen Zeitzeugen und Schülern für “unersetzlich, um ein Gespür für die Verhältnisse im 3. Reich zu vermitteln. Aus einem abstrakten Fall in der Geschichte der Groß- und Urgroßeltern wird lebendige Gegenwart. Damit bewegen und vermitteln sie mehr, als es Dokumentarfilme, Vorträge und Bücher es vermögen”.

Gedenkstein für die Opfer
Über 200 weißrussische KZ-Überlebende haben in den vergangenen zehn Jahren Köln besucht“.Die zurückgekehrten Reisegruppen wurden in ihren Heimatorten zu Botschaftern für Deutschland und sie alle konnten berichten, das Nachkriegsdeutschland ist ein ganz anderes Land, als unter der Nazi Diktatur, unter der sie alle so schrecklich haben leiden müssen ”, erklärte die Bürgermeisterin. Sie hofft, dass auch diese zwanzig Besucher “mit diesem befreienden Eindruck wieder in ihrer Heimat zurückkehren”. Dies kann Gisela Multhaupt durch Aussagen von ehemaligen KZ-Häftlingen, die Köln besucht hatten, nur bestätigen: “Sie sind im Herbst gekommen und im Frühling gefahren. Die Erinnerungen an Köln überlagern die Erinnerungen aus dem Lager”. Zum 65 Jahrestag der Auflösung des Minsker Ghettos wird am 21./22. Oktober ein Gedenkstein am Ort des Geschehens aufgestellt. Ein weitere Gedenkstein steht in Planung. Er soll sich konkret auf die Opfer beziehen, mit Nennung der Namen sowie Geburts- und Todesdaten. Über 1.170 Menschen aus dem Kölner Raum wurden in Maly Trostenez umgebracht.


Michail Treyster (mitte) überreicht Bürgermeisterin Angela Spizig (rechts) sein Buch über seine Erfahrungen aus dem KZ.


Brüderstädte Köln und Minsk
Michail Treyster ist einer der Überlebenden. Er überreichte Angela Spizig ein selbstverfasstes Buch. Die Idee zu dem Buch ist dadurch entstanden, dass er zum einen jahrelang Vorsitzender von Belarusian Public Union of Jews – Former Prisoners of Ghetto and Nazi Concentration Camps ist und zum anderen selbst im Ghetto beziehungsweise im KZ war. Für Michail Treyster ist es ein “Dokument in literarischer Form”. Jetzt müsste er “ein weiteres Buch über die Zeit nach dem Krieg schreiben. Die Zeitspanne ist jedoch größer und schwieriger zu schreiben”, erklärt Michail Treyster . Sein Buch spiegelt seine “Erinnerungen über das Ghetto, die Zeit bei den Partisanen und etwas über die Vorkriegsgeschichte seiner Familie wieder. “Weil ich Jude war kam ich ins Ghetto. Danach  in ein SS KZ in Minsk. Aus diesem KZ ist mir die Flucht geglückt und dann ging ich zu den Partisanen. Im Ghetto war ich zwei Jahre lang”. In Köln ist er nicht das erste Mal: “Meine Tochter lebt in der Nähe von Leverkusen. Wenn ich nach Köln komme, denke ich, dass Köln und Minsk wie Brüderstädte sind.”                

Maximilian-Kolbe-Werk
Betreut werden die Gäste durch das Maximilian-Kolbe-Werk. Das Maximilian-Kolbe-Werk unterstützt ehemalige KZ- und Ghetto-Häftlinge in Polen und anderen Ländern Mittel- und Osteuropas sowie deren Angehörige unabhängig von ihrer Religion und Weltanschauung. Es will zur Verständigung und Versöhnung zwischen dem polnischen und dem deutschen Volk und mit anderen Ländern Mittel- und Osteuropas beitragen. Bei seiner Arbeit wird das Maximilian-Kolbe-Werk wesentlich durch ehrenamtliche Mitarbeiter unterstützt.

Infobox:
Ansprechpartner Maximilian-Kolbe-Werk
Gisela Multhaupt
Drosselweg 3
50354 Hürth

Johannes Braun für report-k.de/ Kölns Internetzeitung