Bundesjustizministerin Christine Lambrecht im Deutschen Bundestag am 4. November 2020. | Foto: Deutscher Bundestag/Henning Schacht

Berlin | dts |- Die geschäftsführende Bundesjustizministerin Christine Lambrecht (SPD) hat einen besseren Schutz für Betroffene von rechtsextremistischer und rassistischer Gewalt gefordert.

„Rechtsextremismus ist die größte Bedrohung für unsere freiheitliche Demokratie“, sagte sie dem „Redaktionsnetzwerk Deutschland“ (Donnerstagausgaben). „Wir dürfen nie vergessen, dass die Rechtsterroristen des NSU über viele Jahre unentdeckt morden konnten. Der naheliegende rechtsextremistische Hintergrund der Taten wurde viel zu lange nicht geprüft.“ Daraus habe man Konsequenzen gezogen, „die wichtig und überfällig waren“, so Lambrecht. „Wir haben rassistische und andere menschenverachtende Motive im Strafgesetzbuch ausdrücklich als Motive benannt, die zu schärferen Strafen führen.“

Damit sei ein klares Signal verbunden: „Rassistische Motive müssen immer konsequent ausgeleuchtet werden, wenn in Deutschland Straftaten gegen Menschen mit einer Einwanderungsgeschichte begangen werden. Ein Ausblenden oder Verharmlosen rechtsextremistischer Motive darf es nie wieder geben.“ Die Fehler von damals dürften nie wieder passieren.

„Wir müssen Betroffene rechtsextremistischer und rassistischer Gewalttaten besser schützen und unterstützen“, sagte die SPD-Politikerin weiter. Das Bewusstsein für menschenverachtende Taten müsse weiter geschärft werden. Das bleibe eine Daueraufgabe in der Ausbildung in Polizei, Justiz und Sicherheitsbehörden.

„Zugleich müssen wir den gesellschaftlichen Zusammenhalt stärken“, sagte Lambrecht. „Schon der zweite NSU-Untersuchungsausschuss des Bundestages hat stabile gesetzliche Grundlagen zur Förderung zivilgesellschaftlichen Engagements gegen Rassismus, Antisemitismus und Rechtsextremismus gefordert. Dafür brauchen wir das Demokratiefördergesetz, für das ich mich seit langem einsetze.“

Damit könnten diejenigen gestärkt werden, die unsere Gesellschaft tagtäglich zusammenhalten: „Mit Initiativen gegen Ausgrenzung und Hass, für Toleranz und Vielfalt. Auch das bleibt eine Mahnung aus der entsetzlichen Mordserie des NSU.“

Zum 10. Jahrestag der Selbstenttarnung des NSU erklären die Fraktionsvorsitzenden Katrin Göring-Eckardt und Anton Hofreiter von Bündnis 90/Die Grünen:

„Wir gedenken heute, 10 Jahre nach der Selbstenttarnung des NSU, seiner Opfer: Enver Şimşek, Abdurrahim Özüdoğru, Süleyman Taşköprü, Habil Kılıç, Mehmet Turgut, İsmail Yaşar, Theodoros Boulgarides, Mehmet Kubaşık, Halit Yozgat und Michèle Kiesewetter – sie alle wurden durch die rechtsterroristischen, rassistischen Morde aus dem Leben gerissen. Wir fühlen mit ihren Angehörigen und Freunden.

Über 13 Jahre hinweg konnte das NSU-Trio unentdeckt morden, sein Unterstützernetz ist immer noch nicht hinlänglich offengelegt. Trotz parlamentarischer Untersuchungsausschüsse und des langjährigen NSU-Prozesses sind weiterhin viele Fragen ungeklärt. Die versprochene vollständige Aufklärung und Aufarbeitung des NSU-Komplexes ist bis heute nicht abgeschlossen. Es darf und kann hier kein Schlussstrich gezogen werden. Wichtige Lehren und Erkenntnisse für die Bekämpfung rechtsterroristischer Strukturen und Taten werden noch immer vernachlässigt. Dazu gehört die vorschnelle Konzentration auf vermeintliche Einzeltäter anstatt auch auf das (rechte) Umfeld. Im Falle der NSU-Taten suchten Sicherheitsbehörden über viele Jahre die Schuldigen gar zuallererst unter den Opfern.

Rechtsextremismus ist die größte Bedrohung für Sicherheit und Demokratie in Deutschland. Wir müssen ihn entschlossen bekämpfen und Betroffene besser schützen. Das sind wir den Opfern des NSU, aber auch allen anderen Opfern rechter Gewalt und rechten Terrors schuldig.“