Das Bild zeigt eine Turnhalle in Köln, die für Geflüchtete im Jahr 2014 hergerichtete wurde

Berlin | dts | Der Präsident des Deutschen Landkreistags, Reinhard Sager (CDU), erwartet stark steigende Ukraine-Flüchtlingszahlen und befürchtet eine Überforderung der Kommunen – vor allem bei der Frage der Unterbringungsmöglichkeiten. Das sagte er der „Welt“ (Freitagausgabe). „Wenn in wenigen Wochen die Flüchtlingszahlen anschwellen und der Krieg immer mehr aus dem Land treibt, könnte es problematisch werden“, warnte Sager.

Dann müsse man Turnhallen zu Unterkünften machen, auf Liegenschaften der Bundeswehr oder auf Wohncontainer als Zwischenlösung zurückgreifen. „Auch ist die Unterstützung der Bundesanstalt für Immobilienaufgaben angekündigt worden, den Kommunen Bundesliegenschaften mietfrei zu überlassen. Unser Ziel ist es, vor die Lage zu kommen.“

Der Landkreistags-Präsident geht von derzeit rund 80.000 ukrainischen Flüchtlingen in Deutschland aus. „Aber während ich das sage, ist die Zahl vermutlich schon viel höher. Sie steigt mit jedem Tag deutlich. Es ist derzeit nicht absehbar, wie groß die auf uns zukommende Aufgabe sein wird“, so Sager. „Wir haben, wieder mal, eine Notlage.“ Jetzt müsse schnell geholfen werden, die Menschen bräuchten zunächst eine Unterkunft und Verpflegung, das Weitere komme danach, forderte der Präsident.

„Damit das klappt, müssen Bund, Länder und Kommunen eng zusammenarbeiten. Das tun wir, aber wir müssen uns in dieser Lage besonders gut abstimmen. Das sollte der Bund in die Hand nehmen und uns einladen.“

Derzeit sei nicht absehbar, dass die aktuelle Krise nach wenigen Wochen enden wird. Die Kommunen seien grundsätzlich in der Lage, die kommenden Herausforderungen zu meistern. Sie seien krisenerprobt, und dennoch stehe man vor einer gewaltigen Herausforderung.

„Ob daraus eine dauerhafte Überforderung wird, ist nicht absehbar und auch ein müßiger Gedanke. Denn fest steht, dass es keine Alternative dazu gibt, jetzt einfach anzupacken. Und den Verzagten sage ich: Wir haben die Flüchtlingswelle 2015 und 2016 schließlich auch gemeistert.“

Bundeswehrverband lehnt Einsatz bei Flüchtlingshilfe ab

Der Vorsitzende des Bundeswehrverbands André Wüstner lehnt Forderungen aus der Politik ab, die Truppe bei der Betreuung von Ukraine-Flüchtlingen einzusetzen. „Was Amtshilfe anbelangt, da muss endlich mal Schluss sein“, sagte er dem Fernsehsender „Welt“. Die Bundeswehr werde von der Politik als „uniformiertes Technisches Hilfswerk missbraucht“.

Die Forderung, die Bundeswehr bei der Organisation der Flüchtlingshilfe einzusetzen, kommt zum Beispiel vom Berliner Senat. Die Bundeswehr habe andere Kernaufgaben, das werde gerade in diesen Tagen offensichtlich. Die Truppe habe aktuell qualitativ die schlechteste Einsatzbereitschaftslage, so der Verbandschef.

„Es ist nicht unser Kernauftrag. Wer das jetzt nicht vor diesem Hintergrund der Ukraine-Krise, der Gespräche der NATO, nicht begreift, der ist fehl am Platz“, sagte Wüstner. Dass ausgerechnet die Berliner Bürgermeisterin Franziska Giffey (SPD) nach Bundeswehrhilfe frage, findet Wüstner bezeichnend: „Mit Blick auf Berlin, muss ich mich einfach mal fragen, warum diese Stadt das nicht gebacken kriegt.“

Er habe viel Verständnis für die Not und „wenn es darauf ankommt, ist man da“, aber es sei nicht der Kernauftrag und „damit muss jetzt endlich mal Schluss sein“. Das Engagement der Ehrenamtlichen in der Hauptstadt sei umso lobenswerter, sagte Wüstner. „Ich habe Respekt vor all denjenigen, die da am Hauptbahnhof oder anderweitig tätig sind. Ich kam selbst gestern am Hauptbahnhof an und hab die Menschenmassen gesehen und muss sagen, es ist gut organisiert. Viel ehrenamtliche Hilfe. Und Respekt, was da geleistet wird“, so der Vorsitzende des Bundeswehrverbands.