Der Screenshot aus dem Landtags-Livestream zeigt NRW-Innenminister Herbert Reul bei der Debatte zu Lützerath am 24. November 2022. | Foto: Screenshot

Köln | Der Landtag von NRW debattierte heute einen Antrag der FDP-Fraktion in dem es um den Umgang mit Lützerath und der bevorstehenden Räumung geht. Die Debatte war hitzig.

Die Politik zwischen Kriminalisierung und Beschwichtigung

Die FDP im Landtag spricht von Kriminellen und Linksextremisten die unter dem Deckmantel des Klimaschutzes gegen die Demokratie vorgehen und die berechtigten Interessen von Klimaschützern kaperten. Als Beispiel nennt der FDP-Abgeordnete Marc Lürbke das Ankleben an Straße oder das Zerstechen von Reifen die an SUV montiert sind. Für Lützerath sorgt sich die FDP im Landtag, dass der friedliche und bürgerliche Protest momentan gezielt als Einfallstor für die radikale und linksterroristische Szene missbraucht werde. Lürbke befürchtet Angriffe auf Polizeibeamte und Angriffe auf RWE-Mitarbeitende. Lürbke: „Aus Lützerath darf kein Hambacher Forst 2.0 werden.“ Die FDP fordert die Landesregierung auf die Räumung vorzubereiten.

Thomas Schnelle, CDU, stimmte Lürbke in Punkten zu, spricht aber von einem Showantrag der FDP. Allerdings kritisierte die CDU die Reduzierung der Klimabewegung auf Gewaltbereite. Dies stimme so nicht. Der Protest in Lützerath, so die CDU sei auch stark bürgerlich geprägt und die rechtlichen Rahmenbedingungen seien anders als in Hambach. Schnelle sprach von Deeskalation.

Andreas Bialas, SPD, dankt der FDP für den Antrag und forderte die Landesregierung auf Klarheit in der Sache vor der Räumung und dem Einsatz in Lützerath herzustellen. Der Einsatz im Hambacher Forst habe genau dies vermissen lassen und am Ende nichts gebracht.  Bialas forderte auch Klarheit von den die Landesregierung tragenden Fraktionen und machte deutlich, dass die Grünen – auch vor dem Hintergrund von deren Bundesparteitag in Bonn – zu Lützerath kein einheitliches Bild abgäben. Bialas fragte die Grünen im Landtag, ob sie hinter den Entscheidungen zur Abräumung von Lützerath und den bevorstehenden Räumungsbefehl stünden.

Dr. Julia Höller, Grüne, betonte die Wichtigkeit der Klimabewegung und dass Gewalt kein legitimes Mittel sein kann. Die FDP kriminalisiere die Klimabewegung. Höller forderte von der FDP eine Versachlichung der Debatte. Die Räumung werde gut vorbereitet, so Höller.  

Das sagt der NRW-Innenminister

Herbert Reul, CDU, betonte, dass, wer über Lützerath spreche, müsse auch über Klima und Energie sprechen. Er zeigte auf, dass für die Energiesicherheit bis 2030 die Braunkohle unter Erkelenz und Lützerath gebraucht werde. Reul spricht davon, dass Leute in Bezug auf Lützerath einen Hambacher Forst 2.0 herbeiredeten. Das sehe er als NRW-Innenminister überhaupt nicht, denn RWE besitze seit März 2022 das Recht den Weiler abzubaggern und dies sei durch Verwaltungsgerichte bestätigt. RWE dürfe das Gebiet in Anspruch nehmen und aktuelle gehe es nur noch darum, dies „sicher umzusetzen“. Die Landesregierung werde dafür sorgen, dass dies möglich sei, aber sie werde auch alles dafür tun zu deeskalieren.

Der NRW-Innenminister sprach aber auch von einer komplexen Lage vor Ort. Daher brauche es gründliche Planung und die brauche Zeit. Acht Wochen Vorbereitung benötige die Polizei nach Einschätzung des Aachener Polizeipräsidenten. Am 5. Oktober habe RWE die Stadt Erkelenz als offiziell zuständige Räumungsbehörde in seine Planungen einbezogen. Das Landeskabinett habe in dieser Woche den Auftrag erteilt den Regierungspräsidenten von Köln zu bitten, die Energieversorgungssicherheit mit ordnungsbehördlichen Mitteln zu gewährleisten. Das heißt: die Räumungsverfügung soll jetzt auf den Weg gebracht werden. Mona Neubaur, Grüne und Reul als Innenminister haben gemeinsam ein Schreiben an den Regierungspräsidenten von Köln geschickt, der jetzt auf die kommunale Ebene zugehe und dort die weiteren Maßnahmen veranlassen. Die Stadt Erkelenz ist jetzt dran und muss eine Ordnungsverfügung erlassen. Erst danach komme die Polizei ins Spiel, so Reul, wenn die Stadt Erkelenz um Vollzugshilfe durch die Polizei bittet. Das werde noch dauern, so Reul.

Der FDP gab Reul den Rat seiner Experten mit, die dringend davor warnten scheibchenweise vorzugehen. Also mit einzelnen Einsätzen. Dies löse das Problem nicht. „Am Ende muss Lützerath leer sein“, so Reul. Das gehe nur mit einem Gesamteinsatz, bei dem erstens die Barrikaden beseitigt, zweitens die Personen verbracht, drittens alle Häuser abgerissen und die Bäume gerodet werden. Es gehe darum die Besetzungsinfrastruktur zu beseitigen. Anderenfalls würde sofort wieder besetzt, so Reul. Der NRW-Innenminister machte aber auch deutlich, dass der Staat sich gegen Gewalttäter wehren werde. Von der Klimabewegung forderte Reul, sich nicht instrumentalisieren zu lassen, dass das Bild von Klimaschützern nicht eines von randalierenden Gewalttätern werde. Das Recht werde mit den Mitteln die der Staat habe durchgesetzt, schloss Reul.