Köln/Düsseldorf | red, dts | aktualisiert | Die Landtagswahl in NRW wird aufgearbeitet und die ersten Stellungen für künftige Regierungen bezogen. Report-K sammelt heute Stellungnahmen und Positionierungen der Parteien auf Kommunal-, Landes- und Bundesebene, aber auch anderer gewichtiger Stimmen.

Bericht: Klingbeil watscht Lauterbach ab 

Der Absturz der Sozialdemokraten bei der Landtagswahl in Nordrhein-Westfalen sorgt hinter den Kulissen offenbar für Kontroversen. In der Präsidiumssitzung der SPD am Montag soll sich Parteichef Lars Klingbeil Gesundheitsminister Karl Lauterbach vorgeknöpft haben, berichtet der „Spiegel“. Grund soll dabei gewesen sein, dass Lauterbach das Ergebnis bereits kurz nach Schließung der Wahllokale als klare Niederlage bezeichnete.

„Es wäre gut, wenn sich bei solch einer Wahl alle an die beschlossene Kommunikationsstrategie halten würden“, wird Klingbeil von Teilnehmern der Sitzung zitiert – „auch ein Bundesminister“. Lauterbach selbst war in der Sitzung nicht anwesend. Mehrere Teilnehmer bestätigten dem „Spiegel“ nach eigenen Angaben Klingbeils Kritik.

Der Gesundheitsminister hatte seine Analyse des NRW-Ergebnisses am Wahlabend auffallend anders intoniert als die Parteispitze. Während Klingbeil und SPD-Generalsekretär Kevin Kühnert herausstellten, das zentrale Wahlziel, die schwarz-gelbe Landesregierung abzulösen, erreicht zu haben, betonte Lauterbach das schlechte Ergebnis der SPD. „Wir haben diese Wahl verloren. Union und Grüne haben gewonnen, die müssen daher auch zuerst die Gespräche führen. Alles andere kommt danach“, sagte Lauterbach am Sonntagabend in der ARD. In der Parteispitze galten die Äußerungen des Gesundheitsministers schnell als strategisch unglücklich, da mehrere Koalitionsoptionen denkbar seien – auch die Ampel unter Führung der Sozialdemokraten.




Wahlforscher erwartet Schwarz-Grün in NRW – FDP mit wenig Chance   

Nach der Landtagswahl in Nordrhein-Westfalen hält Wahlforscher Jürgen Falter eine schwarz-grüne Koalition für wahrscheinlich. „Je mehr Parteien in einer Koalition sind, umso schwieriger ist die Zusammenarbeit in der Koalition“, sagte Falter der „Augsburger Allgemeinen“. „Deswegen gehe ich davon aus, dass die Grünen in NRW lieber in eine Zweier-Koalition mit der CDU gehen. Alles andere wäre auch schwierig zu begründen.“ Rechnerisch wäre auch eine Ampel-Regierung unter Beteiligung der FDP möglich, wobei die dann aber nur „das kleine Anhängsel“ wäre, so Falter. „Ein entscheidender weiterer Faktor ist, dass die FDP aus Sicht vieler ihrer älteren Anhänger in der Pandemie-Bekämpfung keine glückliche Figur gemacht hat. In Corona-Zeiten Freiheit den Vorzug vor Sicherheit zu gegeben, kommt bei älteren Menschen nicht gut an.“ Schwarz-Grün wäre dem Wahlforscher zufolge hingegen ein „klares Signal für den Bund“ und insgesamt eine Bestätigung für den Kurs der CDU.


Grüne wollen Ausbau erneuerbarer Erneuerbaren in NRW voranbringen   

Bei den Grünen wird nach ihrem starken Ergebnis bei der NRW-Landtagswahl noch nicht über mögliche Koalitionen gesprochen, es werden jedoch bereits inhaltliche Knackpunkte formuliert. „Der Ausbau der erneuerbaren Energien, der so schleppend war in NRW, den werden wir jetzt voranbringen“, sagte Bundestagsfraktionschefin Britta Haßelmann dem Fernsehsender Phoenix. „Daran führt kein Weg vorbei.“

Dabei gehe es auch darum, „unser Industrieland und die Arbeitsplätze weiterzuentwickeln, das steht jetzt an“, ergänzte Haßelmann. Die derzeitige politische Lage zeige, dass die Energiepolitik der Vergangenheit falsch gelaufen sei. „Die zementierte Abhängigkeit, die wir über Jahre in Deutschland von fossilen Energien hatten und haben, hat uns allen doch dieser furchtbare Angriffskrieg von Putin klar vor Augen geführt“, so die Grünen-Politikerin.

Das Wahlergebnis in NRW sei jedenfalls auch auf die Arbeit der Grünen im Bund zurückzuführen. „Die klare Haltung und der klare Kompass in unserer Politik sind belohnt worden und haben viel Rückhalt gegeben. Das hat sich für die Grünen ausgezahlt.“


FDP-Generalsekretär fordert „ehrliche Analyse“ nach NRW-Wahldebakel   

FDP-Generalsekretär Bijan Djir-Sarai fordert nach den hohen Verlusten seiner Partei bei der NRW-Landtagswahl eine „ehrliche Analyse“ möglicher Fehler. „Wir kommen aus einer erfolgreichen Landesregierung, das hat das Ergebnis der CDU gezeigt“, sagte er dem Fernsehsender Phoenix. Aber es sei nicht gelungen, die „erfolgreiche Arbeit“ der Landesregierung in den letzten fünf Jahren in Wählerstimmen zu verwandeln.

„Vor allem ist es nicht gelungen, deutlich zu machen, wo in dieser Landesregierung die klare Handschrift der FDP war“, sagte Djir-Sarai. Dies sei etwa beim Thema Bildungspolitik besonders deutlich geworden. „Bildungspolitische Themen waren in NRW immer hoch emotional besetzt. Gerade an dieser Stelle ist nicht deutlich geworden, wo die Handschrift der FDP war, und das müssen wir alles aufarbeiten.“ Und er würde der Landespartei empfehlen, diese Analyse „sehr ehrlich durchzuführen“, so der Generalsekretär. Positiv stimme ihn die Tatsache, dass die FDP vor allem bei den Jungwählern beliebt sei.

„Wir sind bei den Erstwählern, den Jungwählern außerordentlich stark, das macht mich optimistisch, denn es zeigt mir, dass wir in der Lage sind, die Zukunftsthemen zu identifizieren und zu artikulieren. Aber gleichzeitig, das, was wir bei den Wählern gerade ab 60 erzielt haben. Das macht mich schon nachdenklich, auch das werden wir nochmal aufarbeiten müssen.“


CDU-Generalsekretär glaubt an Schwarz-Grün in NRW   

CDU-Generalsekretär Mario Czaja ist zuversichtlich, dass es in Nordrhein-Westfalen zu einer Koalition mit den Grünen kommen könnte. „Wir können zusammen eine verlässliche Zukunftskoalition bilden“, sagte er den Sendern RTL und ntv. „Die Signale gehen deutlich in die Richtung.“

Beide Parteien seien sich nach dem Wahlergebnis bewusst, jetzt auch Verantwortung für Nordrhein-Westfalen übernehmen zu müssen, so der CDU-Politiker. „Ich bin mir sicher, dass wir Gemeinsamkeiten finden werden“, so Czaja. Konfliktpotenzial zwischen den beiden Parteien könnte es aber in der Energiepolitik geben.

Vor allem die Abstandsregel von Windrädern könnte ein großes Streitthema werden. „Die Debatte um die Windräder wird sehr emotional geführt“, sagte der CDU-Generalsekretär. Czaja ist aber optimistisch, dass CDU und Grüne auch bei diesem Thema eine Lösung finden können: „Ich bin mir sicher, dass es auch da einen gemeinsamen Weg geben wird.“

NRW-Ministerpräsident Hendrik Wüst (CDU) hielt sich unterdessen am Montagmorgen mit Blick auf mögliche Koalitionsoptionen noch bedeckt. Seine Partei werde „auf alle demokratischen Parteien zugehen“, sagte er vor den CDU-Gremiensitzungen in Berlin.


FDP-Vize Kubicki: Schlechtes NRW-Wahlergebnis wegen „Ampel“   

FDP-Vize Wolfgang Kubicki hat das schlechte Abschneiden seiner Partei bei der Landtagswahl in Nordrhein-Westfalen unter anderem auf die Regierungsbeteiligung in der Berliner Ampel-Koalition zurückgeführt. „Wir wissen, dass viele unserer Wähler immer noch mit der FDP in der Ampel auf Bundesebene fremdeln“, sagte Kubicki der „Rheinischen Post“ (Montag). „Wir haben erneut bei den Wählern ab 60 massiv verloren“, fügte der Vize-Bundestagspräsident hinzu. Für eine tiefgreifende Analyse sei es aber noch zu früh.