Der Schriftzug "Liebe deine Stadt" auf der Piazza des Kolumba. Foto: Bopp

Köln Kolumba präsentiert neue Jahresausstellung.

Orte sind Plätze, an denen sich Menschen zu Hause fühlen und an denen ihre Kultur, ihr soziales Gefüge und ihr Glauben verankert sind. Orte stiften Identität und sichern die eigene Existenz. Doch auch solche Orte werden aufgegeben und mit neuen Geschichten überschrieben. Das passiert nicht immer freiwillig, wie die Menschen zeigen, die wie aktuell in der Ukraine vor Krieg, Gewalt und Zerstörung fliehen müssen, um zu überleben.

Wie ein Ort sich wandelt und eine neue Bedeutung bekommt, zeigt das Kolumba, das Kunstmuseum des Erzbistums Köln. Die romanische Kirche St. Kolumba mit ihrem Friedhof wurde im Zweiten Weltkrieg zerstört und so ihrer Funktion beraubt. Später entstand an diesem Ort die Kapelle „Madonna in den Trümmern“ nach den Plänen des Architekten Gottfried Böhm. Diese wurde in den vom Schweizer Architekten Peter Zumthor geschaffenen Museumsbau integriert. Dort, wo einst der Friedhof war, lädt heute ein Garten im Innenhof zum Verweilen ein.

Kolumba-Direktor Stefan Kraus vor der roten Stele von Lutz Fritsch, die den Titel trägt „An Ort und Stelle“. Foto: Bopp

15 Jahre nach seiner Eröffnung untersucht das Kolumba in seiner neuen Jahresausstellung anhand von Kunstwerken aus 1400 Jahren das Verhältnis von Ort und Subjekt und damit die Geschichte und die Bedeutung von Orten für die Menschen und für ihre Kultur. Denn was wäre die europäische Kultur ohne ihre Orte und Zentren? Es geht dabei um Themen, wie die Wahrnehmung von Orten, der Umgang damit und die Erinnerung daran.

Dabei existieren Orte nicht von selbst: Sie erhalten ihren Impuls durch die bewusste Zuweisung einer spezifischen Bedeutung und ihre Dauer durch die permanente Aktualisierung ihrer Tradition. Dabei geht die Ausstellung weit in die Geschichte zurück, bis zum leeren Grab Christi in Jerusalem und nach Rom, als die Stadt der ersten Märtyrer. Es sind die historischen Stätten der Heilsgeschichte, die dem kollektiven Gedächtnis eine Grundlage geben.

Gezeigt werden in diesem Zusammenhang Gemälde wie die „Heilige Lanze“ aus dem Jahr 1597. Zu sehen sind auch ein Reliquienkreuz mit einem Partikel der Dornenkrone Christi (1267) oder ein Modell der Geburtsgrotte in Bethlehem aus dem 17./18. Jahrhundert.

Einblicke in das Leben von Kindern in Pariser Vorstädten

Zurück in die Gegenwart führt eine „Soziale Plastik“ von ´Eric Baudelaire. Der Künstler hat sich die Zeit genommen und hat mit 20 Schüler aus einem Pariser Vorort sein Filmprojekt umgesetzt, das in Köln in voller Länge zu sehen ist. Die Kinder und Jugendlichen haben dabei mit der Kamera selbst ihren Weg zur Schule und die Wohnungen ihrer Eltern aufgenommen. Im Film erfährt der Betrachter anhand der Aufnahmen mehr über die sozialen und politischen Strukturen eines Ortes zu einer bestimmten Zeit.

Zum Projekt von Baudelaire gehört auch eine von Dafa Diallo gestaltete Fahne. Diese soll das Museum verlassen, konkrete Orte in der Stadt markieren und diese so sichtbar machen. Vom Kolumba aus wird sie ihr Weg unter anderem nach Kalk, nach Meschenich und nach Ehrenfeld führen, wo es einen Austausch mit Jugendlichen geben wird, die davon berichten, was sie mit dem jeweiligen Ort verbinden.

Den umgekehrten Weg von der Stadt ins Museum hat der rote Schriftzug „Liebe Deine Stadt“ von Merlin Bauer hinter sich. Da das Gebäude, auf dem er über der Nord-Süd-Fahrt angebracht war, derzeit saniert wird, hat der Schriftzug auf der „Piazza“ des Kolumba für ein Jahr eine neue Heimat gefunden.

Der Blick des Künstlers auf vernachlässigte Orte in Köln

In keiner anderen Metropole teilen die Bewohner mehr gemeinsame Lieder über ihre überbordende Liebe zu ihrer Stadt und verklären im Gesang selbst stark vernachlässigte Stadträume wie bei „Guten Morgen Barbarossaplatz“. Der Konzeptkünstler Merlin Bauer kam zur Jahrhundertwende von Graz nach Köln und wollte mit seinem Kunstprojekt gerade auf solche vernachlässigte Orte aufmerksam machen. Darunter waren auch Orte wie die Kunsthalle, denen der Abriss drohte.

Ein Fahrrad mit einer rot-weiß-lackierten Kühlbox und einem UKW-Piratensender war seine mobile Plattform, um an wechselnden Orten die exemplarische Nutzung öffentlicher Räume zu diskutieren. Dieses wird im Kolumba genauso gezeigt wie das kleine „Liebe deine Stadt“-Museum. Zu sehen sind auch Bilder mit Unterarmen von FC-Fans, auf denen der Schriftzug zu sehen ist.

Die Pingsdorfer Madonna vor „The Cologne Painting“ von Phil Sims. Foto: Bopp

In den Turmräumen des Kolumba ist zum Beispiel das „Side Pendulum“ von Terry Fox installiert worden. Dabei dreht sich eine an einer zehn Meter langen Klaviersaite befestigte Bleikugel um ein Wasserglas. Gezeigt wird auch „The Cologne Painting“ (2002) von Phil Sims – eine große rote Fläche, die im Dialog mit der Pingsdorfer Madonna von 1170 und dem Erper Kreuz aus der zweiten Hälfte des 12. Jahrhunderts steht.

Im Garten des Innenhofs findet sich die rote Stele von Lutz Fritsch. Diese lenkt wie eine Nadel auf einer Landkarte, in ihrer Wirkung der Akupunktur vergleichbar, das Augenmerk auf den von ihr bezeichneten Ort. In einer weit größeren Dimension finden sich die Stelen auch auf kreisrunden Flächen am Kölner und am Bonner Autobahnverteiler.

Service: Jahresausstellung „Ort und Subjekt“ vom 15. September 2022 bis zum 14. August 2023 im Kolumba-Museum, Kolumbastraße 4, Köln, Öffnungszeiten: Mittwoch bis Montag, 12 bis 17 Uhr, Eintritt: acht (ermäßigt fünf) Euro. Bis 18 Jahre ist der Eintritt frei.

www.kolumba.de