Köln | Nur wenige Stunden nachdem die Stadt Köln den Vorschlag zur Besetzung des Beigeordneten für Kunst und Kultur von Oberbürgermeisterin Henriette Reker öffentlich machte beanstandet die Fraktion der Linken im Kölner Rat das Verfahren. Der Vorwurf: „Den Unterzeichnern wurde Akteneinsicht nicht im erforderlichen Umfang gewährt. Dies stellt einen Verstoß gegen das in § 55 Abs. 1 Satz 2 GO NRW normierte Auskunftsrecht der Ratsmitglieder dar.“ Aber warum verweigert Oberbürgermeisterin Henriette Reker die Akteneinsicht und beschädigt damit gleichzeitig das Vertrauen in das Verfahren und die Lauterbarkeit der Bewerber*innen und späteren Wahlbeamt*innen? Dies bleibt im Dunkeln, aber es ist der zweite Fall in wenigen Wochen. Schon bei der Wahl des Beigeordneten Kienitz um Dezernat IX wurde Michael Hock von „Die Partei“ keine vollständige Akteneinsicht gewährt.

Der Fraktionsvorstand der Linken Güldane Tokyürek und Heiner Kockerbeck begehrten am 12. August nach der Gemeindeordnung NRW Akteneinsicht (gem. § 55 Abs. 1 GO NRW) in das Bewerbungsverfahren bezüglich der Stelle für den Beigeordneten des Dezernates für Kunst und Kultur.

So lief die Akteneinsicht

Am 13. August konnten der Fraktionsvorstand der Linken um 14 Uhr Akteneinsicht nehmen. Diese Akteneinsicht ergab, dass sich 29 Personen direkt beworben hatten, die dann von der Personalagentur gewichtet wurden und mit einer Einschätzung der Personaler versehen war. Alle Lebensläufe und Motivationsschreiben konnten die Ratsmitglieder nicht einsehen. Dazu waren 80 Personen ermittelt worden, die die Personalagentur für grundsätzlich geeignet hielt und von denen 25 ausgewählt wurden. 7 Personen waren an Gesprächen interessiert, 10 überlegten und 7 Personen sprangen ab.

Aus der Direktansprache seien 5 Personen ausgewählt worden, mit denen Gespräche geführt werden sollten, plus eine Person aus der Ausschreibung, die ebenfalls vorgesehen war. Auch diese Unterlagen konnten die Ratsmitglieder nicht komplett einsehen. Dies beanstanden Tokyürek und Kockerbeck, denn diese Akten mit 6 anonymisierten und knapp gehaltenen Bewerbungsprofilen entsprächen nicht der GO NRW. Dargestellt worden seien das Alter, der Familienstand und ein sehr kurzer beruflicher Werdegang.

Warum verwehrt die OB Akteneinsicht?

Dazu schreiben Tokyürek und Kockerbeck: „Den Unterzeichnern wurde Akteneinsicht nicht im erforderlichen Umfang gewährt. Dies stellt einen Verstoß gegen das in § 55 Abs. 1 Satz 2 GO NRW normierte Auskunftsrecht der Ratsmitglieder dar. Den Mitgliedern der kommunalen Vertretungskörperschaft steht das Recht zu, sich über das Ergebnis der Stellenausschreibung sowie über den Werdegang und Qualifikation der Bewerber vor der Entscheidung des Rates frei zu informieren. Dieser Informationsanspruch umfasst alle Bewerber, soweit sie nicht aus eigenem Entschluss die Bewerbung zurückgezogen haben (vgl. Urteil des OVG NRW vom 05.02.2002, 15 A 2604/99). Ob und weshalb ein vorgeschlagener Kandidat besser geeignet ist als andere, lässt sich nur bei Kenntnis des gesamten Bewerberfeldes beurteilen, (siehe Urteil des OVG NRW).

Ratsmitglieder haben das alleinige Entscheidungsrecht nicht die Personalagentur

Die Fraktionsspitze der Linken sieht die Entscheidung der Beurteilung ob fachliche und persönliche Voraussetzungen für ein Amt vorliegen bei den Ratsmitgliedern und nicht bei einer Personalberatungsagentur, die zwar beraten, aber nicht entscheiden darf. Die Linke Fraktionsspitze: “ Eine beratende und unterstützende Hinzuziehung von Dritten darf nicht zu einer Beeinträchtigung demokratisch legitimierter Mitwirkungsund Kontrollrecht führen (siehe Urteil des OVG NRW). Eine Beurteilung der Unterzeichner, welche Personen die fachlichen und persönlichen Voraussetzungen erfüllen, kann nicht erfolgen, da hierzu keinerlei Informationen vorlagen.“

Linke verlangt vollständige Akteneinsicht

Die Fraktionsspitze der Linken verlangt daher eine vollständige Akteneinsicht und dass die Stadtverwaltung alle Informationen zugänglich macht, die für eine Beurteilung erforderlich seien. Alle Bewerbungsunterlagen seien vollständig vorzulegen, außer die Bewerber*innen haben diese zurückgezogen.

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Heute schlug Kölns Oberbürgermeisterin Henriette Reker den Schweizer Stefan Charles als neuen Beigeordneten für Kunst und Kultur vor: https://www.report-k.de/Politik-Nachrichten/Politik-Koeln/Oberbuergermeisterin-Reker-schlaegt-Stefan-Charles-als-Kulturdezernent-vor-148253

Autor: Andi Goral
Foto: Der Briefkopf der Beanstandung