Köln | aktualisiert | 2020, dem Pandemie-Jahr, stieg die Zahl der wohnungslosen Menschen um 7,2 Prozent. Ein Jahr in dem einen Wohnung so wichtig war. Das Ministerium für Arbeit, Gesundheit und Soziales des Landes Nordrhein-Westfalen spricht davon, dass die Steigerungsraten unter denen der Jahre 2016 bis 2018 lagen.

Das Recht auf Wohnen ist ein Menschenrecht, festgeschrieben ist es in Artikel 11 des Internationalen Pakts über wirtschaftliche, soziale und kulturelle Rechte. Auch der Artikel 16 der Europäischen Sozialcharta sowie Artikel 31 der revidierten Europäischen Sozialcharta räumt das Recht auf Wohnen ein.

Am 30. Juni 2020 waren in NRW insgesamt 49.987 Menschen ohne Wohnung. Sie waren in Obdachlosenunterkünften oder ähnlichen Hilfseinrichtungen und hatten Kontakt zu Beratungsstellen der Wohnungshilfen. 2019 erfasste das Land NRW 46.610 Menschen die Wohnungslos waren.

Nach der neuesten Wohnungslosenstatistik sind mehr als ein Fünftel der insgesamt erfassten Wohnungslosen (21,9 Prozent) Kinder und Jugendliche unter 18 Jahre. Damit ist die Wohnungslosigkeit in dieser Altersgruppe überdurchschnittlich gestiegen (plus 17,6 Prozent).

Minister Laumann in einem schriftlichen Statement: „Gerade bei jungen Menschen besteht die Gefahr, dass sich die kritische Lebenssituation verfestigt und sich auch negativ auf den Bildungs- und Berufsweg auswirkt. Um dem zu begegnen, fördern wir aktuell im Rahmen der Landesinitiative gegen Wohnungslosigkeit „Endlich ein ZUHAUSE!“ mit 250.000 Euro jährlich Modellprojekte, die eine altersspezifische Beratung und Begleitung von wohnungslosen Jugendlichen und jungen Erwachsenen sicherstellen. Die Pandemie hat deutlich gemacht, wie unerlässlich es ist, dass Menschen ein eigenes Dach über dem Kopf haben. Die eigene Wohnung ist ein wichtiger Schutzraum und Rückzugsort. Nicht zuletzt ist sie häufig auch die Voraussetzung, um sich eine eigene Existenz aufzubauen. Deswegen unternehmen wir auch weiterhin große Anstrengungen, um Wohnungslosigkeit zu bekämpfen. Dieses Thema liegt mir sehr am Herzen“.

Diese Gründe für den Anstieg nennt das Ministerium

Das Land NRW vergibt an die Kommunen, die statistisch am stärksten von der Wohnungslosigkeit betroffen sind drei Millionen Euro pro Jahr. Mit dem Geld sollen Sozialarbeiter*innen und Fachleute aus der Immobilienwirtschaft als „Kümmerer“ den Menschen wieder eine Wohnung vermitteln. Die Wohnungswirtschaft und das Land unterzeichneten eine Vereinbarung für die Schaffung zusätzlichen Wohnraums für Wohnungslose in NRW. Das Ministerium spricht von einem Erfolgsmodell. 1.500 Menschen konnten durch die Kooperation mit der Wohnungswirtschaft bereits wieder eine feste Wohnung vermittelt und bei 1.200 Menschen der Verlust der Wohnung vermieden werden. 2022 soll das Modell in ganz NRW umgesetzt werden.

Das Ministerium erklärt den Anstieg der Wohnungslosigkeit mit der angespannten Situation auf dem Wohnungsmarkt. Das Ministerium erklärt, dass einzelne Kommunen diese auch auf die Zahl anerkannter Asylbewerber*innen oder Menschen mit anerkanntem Flüchtlingsstatus zurückführen, da diese eine Wohnung suchen und untergebracht werden müssen. Auch die Corona-Pandemie führt das Ministerium als Grund an: So seien Wohnungslose seltener bei Freunden oder Bekannten untergekommen und damit sei die statistische Zahl gestiegen. Aber hinter jeder statistischen Zahl steht ein menschliches Schicksal.

Wohnungslosigkeit in NRW: Männer besonders betroffen

Mehr als zwei Drittel der erfassten wohnungslosen Personen waren männlich (65,4 Prozent). Damit ist der Anteil der männlichen Wohnungslosen gegenüber dem Vorjahr erneut etwas gesunken (2019: 66,7 Prozent).

Anteil nichtdeutscher Wohnungsloser bleibt gleich

Die Hälfte (49,9 Prozent) der erfassten erwachsenen wohnungslosen Personen hatte eine nichtdeutsche Staatsangehörigkeit. Damit lag der Anteil gegenüber dem Vorjahr nur geringfügig höher (2019: 49,4 Prozent).

Die Mehrzahl kommt in Obdachlosenunterkünften unter

Insgesamt 86,2 Prozent der von den Kommunen gemeldeten wohnungslosen Personen waren in Obdachlosenunterkünften oder sonstigen Unterkünften untergebracht, die übrigen 13,8 Prozent in Normalwohnungen. Damit ist der Anteil der in Obdachlosen- oder sonstigen Unterkünften untergebrachten Personen gegenüber dem Vorjahr gefallen (2019: 90,8 Prozent).

Wohnungslosigkeit in Stadt und Land

Wohnungslosigkeit ist in den (Groß-)Städten stärker verbreitet. Zum einen ist in vielen (Groß-)Städten der Wohnungsmarkt sehr angespannt. Zum anderen dürfte dies aber auch damit zusammenhängen, dass in (Groß-)Städten ein größeres und vielseitigeres Angebot von Hilfseinrichtungen und Unterkunftsmöglichkeiten vorgehalten wird und Wohnungslosigkeit so besser erfasst wird. In den kreisfreien Städten wurden im Durchschnitt 33 Wohnungslose je 10.000 Einwohner gezählt und in den Kreisen 24 wohnungslose Personen je 10.000 Einwohner.

Autor: red