Düsseldorf | aktualisiert |Angela Merkel wagt den Spagat. Vor der Bundeskanzlerin steht der mit Spannung erwartete Besuch im krisengeschüttelten Griechenland. Zehntausende Menschen wollen am Dienstag gegen die Politik der deutschen Regierungschefin protestieren. Rund 7.000 Polizisten sollen für die Sicherheit der Bundeskanzlerin in Athen sorgen. Und was tut Merkel? Die steigt am Vorabend ihrer Reise in die Niederungen der Parteipolitik hinab und besucht die erste von sechs CDU-Regionalkonferenzen in Düsseldorf.

Eigentlich dreht sich in diesen Tagen alles um Troika-Berichte, Rettungsfonds und Stabilitätsmechanismen. Die nicht enden wollende Euro-, Finanz- und Wirtschaftskrise auf dem europäischen Kontinent überschattet seit Monaten den politischen Alltag. „Es ist gute Sitte, dass wir gemeinsam ins Gespräch kommen“, ruft Merkel den über 1.000 Parteifreunden in Düsseldorf zu. Für rund zwei Stunden haben sie Gelegenheit, die umtriebige Kanzlerin mit mehr oder weniger wichtigen Problemen aus ihrem Alltag zu konfrontieren – oder einfach mal ihren Senf zu einem Thema los zu werden.

Den Mut, ans Mikrofon zu treten und das Wort direkt an Merkel zu richten, nutzen zahlreiche CDU-Anhänger. Was wollen Sie gegen die drohende Altersarmut machen? Wie können Ehrenamtliche gegen zu hohe Gema-Gebühren bei kleinen Veranstaltungen geschützt werden? Wann wird der Ausbau des Breitbandnetzes auf dem Land beschleunigt? Was tut die CDU gegen eine Gleichstellung der Homo-Ehe mit heterosexuellen Partnerschaften? Es ist ein wilder Ritt durch das Klein-Klein der Parteipolitik, mit dem Merkel in Düsseldorf konfrontiert wird.

Die Kanzlerin kümmert sich schon

Und was macht die stressgeplagte Kanzlerin? Geduldig lässt Merkel alle Fragen über sich ergehen und hat zu fast allen Themen eine Antwort parat – wenn auch nicht immer bis ins Detail. So bekommt die verunsicherte Ehrenamtlerin eine Portion beruhigende Worte mitgegeben: „Man kann ja kein Fest mehr organisieren, wenn man sich dumm und dusselig bezahlt“, ruft Merkel der Frau zu. Und der Rentner, der sich um den Wert der Ehe sorgt, wird auch zufriedengestellt: Auch in Zukunft leiste die CDU „besondere Unterstützung“ für die Verbindung zwischen Mann und Frau, gibt Merkel zu Protokoll.

Kann eine Frage nicht aus dem Stegreif beantwortet werden, gibt es trotzdem ein Trostpflaster: „Schreiben Sie mir mal, dann schreibe ich Ihnen zurück“, sagt die Bundeskanzlerin. An der Basis bleibt das gute Gefühl zurück, dass die Kanzlerin sich schon kümmert.

Komplett kann die weltpolitische Lage an diesem Abend in Düsseldorf aber auch nicht ausgeklammert werden. „Die Aufgaben, die Griechenland zu bewältigen hat, sind alles andere als einfach“, ruft Merkel in das große Rund der Halle und wirbt um Verständnis für das krisengeschüttelte Land. Schließlich habe Deutschland in den vergangenen Jahrzehnten ebenfalls schwierige Zeiten durchgemacht und dabei Hilfe von europäischen Partnern erhalten. Mit viel Applaus und Rückendeckung für die eigene Arbeit verlässt die Bundeskanzlerin die Regionalkonferenz. In Athen wird es wieder um das große Rad der Europapolitik gehen.

Autor: Christian Wolf, dapd | Foto: Hermann J. Knippertz/dapd
Foto: Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) winkt in der Mitsubishi Electric Halle in Düsseldorf zum Auftakt der CDU-Regionalkonferenzen im Vorfeld des CDU-Parteitages in Hannover neben dem nordrhein-westfälischen CDU-Vorsitzenden Armin Laschet (M.) und Bundestagspräsident Norbert Lammert (CDU).