Anlass war der Erwerb von Jacob Toorenvliets „Familienbildnis des Advokaten Dirck Toorenvliet" von 1687. Bestückt wurde die Schau ausschließlich aus Beständen der Kölner Museen. Auf eine chronologisch Präsentation wurde verzichtet, statt dessen sind die Werke thematisch gruppiert.

Toorenvliet ist Blickfang

Toorenvliets Werk bildet den Blickfang der Abteilung "Gut erzogene Kinder sind schöne Juwelen". Chantal Eschenfelder, Mitarbeiterin des Museumsdienstes, weist auf das geistige Klima der Niederlande im 17. Jahrhundert hin, als Kindererziehung und Familienleben begannen, Raum in der Literatur einzunehmen. Fünf Kinder umgeben das Ehepaar, der Vater krönt die Komposition. Das Jüngste thront auf dem Schoss der Mutter, der Vater hält dem Betrachter ein Buch als Sinnbild seiner Gelehrsamkeit entgegen. Die älteren Kinder spielen mit Hunden als Sinnbild gelungener Erziehung, Früchte und Vögel sollen an die Flatterhaftigkeit und Vergänglichkeit irdischen Lebens gemahnen. Kinder sind Ausdruck von Wohlstand und Erziehungsaufgabe zugleich.


Dr. Chantal Eschenfeld vom Museumsdienst vor Ernst Carl Friedrich te Peerdts „Gesellschaft im Park" von 1873

Familienbild erforschen

Wie zeigen sich Familien? Wie wollen sie von Außenstehenden gesehen werden? Die Abteilung "Wir präsentieren uns" geht dieser Frage nach. Wohlerzogen posierende, adrett gekleidete Kinder sind auch auf den Werken des Biedermeier, wie Simon Meisters "Bildnis der Familie Werbrun" (1834) oder Caspar Benedict Beckenkamps "Bindnis Familie Johann Heinrigs" (1824) die Krönung des Ehe- und Familienglücks, dürfen aber bereits mit Spielzeug hantieren und Kinderkleidung tragen.


Rechts Simon Meisters „Bildnis der Familie Werbrun" – festgefügte Hierarchie mit dem Vater an der Spitze, links die Vereinzelung: Thomas Struths „The Smith Family", Fotografie von 1989

Schattenseiten nicht verheimlichen

Die Schattenseiten des Kleinfamilienlebens zeigt die Abteilung "Ideal und Wirklichkeit": Honoré Daumiers satirische Lithographien der Serie "Moeurs conjugales" zeigen, was die Auftragsbildnisse verschwiegen: Alltag, Langeweile, Kindergeschrei. Stilles Glanzstück ist Carl Begas Porträt seiner Herkunftsfamilie von 1821: steif und fast beziehungslos stehen die Personen nebeneinaner aufgereiht, der Liedtext "Wir sitzen fröhlich beisammen", den eine der Schwestern auf dem Schoß trägt, kommentiert das Dargestellte ironisch.

Und heute?

Was macht im Zeitalter von Patchworkfamilien, Fortsetzungsfamilien, Single-Kultur und Alleinerziehenden eine Familie noch aus? Corinna Schnitt führt uns hinters Licht, wenn sie in ihrer Fotoserie Familien porträtiert, bei denen sie jeweils die Stelle eines Familienmitgliedes eingenommen hat. Erst in der Serie merkt die Betrachterin, dass hier etwas nicht stimmt. Herlinde Koelbls Fotoserien von Menschen in ihren Wohn- und Schlafzimmern zeigen Repräsentations- und Intimräume. Das Kind ist hier nicht mehr Erziehungsobjekt sondern geliebter Lebensinhalt und posiert fröhlich-selbstbewusst vor seinen Eltern im Hintergrund.

Kurzkritik

Die Ausstellung zeigt beeindruckend, dass in Köln aufwändige Leihgaben nicht nötig sind, um eine anspruchsvolle Themenschau zusammen zu stellen. Etwas verloren wirken die Beispiele außereuropäischer Kulturen, wie die koreanische Serie die Buddhas Flucht aus seiner Familie darstellt. Zu kurz kommt der Aspekt der vorindustriellen, vorbürgerlichen Familie (das lateinische "familia" meinte ursprünglich alle in einem Haushalt lebenden Personen, also auch nicht Verwandte oder ökonomisch Abhängige). Vielleicht füllt das Photostudio, wo sich Familien sonntags nach einer Führung ablichten lassen können, eine andere Lücke: Freunde und Cliquen als "soziale Familie", die vielen Menschen näher steht als die eigenen Brüder und Schwestern.


Modefotograf Uwe Ommer porträtierte Familien auf allen Kontinenten

Die Ausstellung ist bis zum 26. März im Wallraf-Richartz Museum/Fondation Corboud, Obenmarspforten, zu sehen.

Während der Laufzeit der Ausstellung bietet der Museumsdienst Familienführungen (sonntags um 15 Uhr), einen Phototermin für Familien (sonntags um 16 Uhr) und zwei Familienwerkstätten (18. und 25.März 2006) an. Für Schulen gibt es zwei Schülerwerkstätten, Materialien für Lehrer zum Download (www.museenkoeln.de/museumsdienst) und eine Lehrerfortbildung, die neben der Auseinandersetzung mit den verschiedenen Darstellungsmustern von Familie in der Kunst interessante Praxisideen für Schüler vorstellen.

Weitere Auskünfte beim Museumsdienst Köln, Dr. Chantal Eschenfelder, Telefon (0221) 221-24034, und Karin Rottmann, Telefon (0221) 221-25496, E-Mail: museumsdienstkoeln@netcologne.de

Öffnungszeiten: dienstags 10-20 Uhr, mittwochs bis freitags 10-18 Uhr, samstags und sonntags 11-18 Uhr, montags geschlossen. Eintrittspreis: 5,80, ermäßigt 3,30 Euro,

Familienkarte (für ein bis zwei Erwachsene und beliebig viele Kinder bis zu 16 Jahren): 10,- Euro.

Annette von Czarnowski für report-K.de / Kölns Internetzeitung