Kinder vieler Zuwanderungsfamilien ließen während ihrer Schullaufbahn unzureichende Deutschkenntnisse erkennen. Die Organisatoren des Rucksack-Programms erkannten vor allem in der Beachtung der eigentlichen Muttersprache der Kinder den Grundstein zum erfolgreichen Erwerb von Deutschkenntnissen als bewusste Zweitsprache. Es sei klar zu erkennen,  dass Kinder mit ausgebildeten Sprachstrukturen in der Muttersprache eine Zweitsprache viel besser lernen können, erklärte Dr. Beate Blüggel, die bei der Diplomverleihung stellvertretend für die städtischen Kooperationspartner anwesend war.

Ein imaginärer Rucksack wird geschnürt
Es handle sich hier selbstverständlich um einen Rucksack im übertragenen Sinne, so Blüggel. Das Programm sieht vor, dass in den teilnehmenden Kindertagesstätten und Grundschulen in Köln jeweils die Eltern der Kinder einer Herkunftssprache animiert werden, einer Gruppe beizutreten. 7 bis 10 Mütter, leider konnten bisher keine Männer gewonnen werden, ergeben dann eine so genannte „Rucksackgruppe“. Die Gruppen treffen sich dann einmal wöchentlich und erfahren den Lehrinhalt ihrer Kinder, den jene bereits auf Deutsch gelernt haben. Sie erhalten Materialien zum Lesen, Basteln und Spielen, meist mit zweisprachigen Anleitungen. Der „Rucksack“ ist gefüllt. Eine Mutter, die sowohl die Herkunftssprache der Teilnehmerinnen als auch die deutsche Sprache gut beherrscht, wird dann zur Elternbegleiterin ausgebildet. Sie leitet die Gruppe und ist die zentrale Ansprechperson. Zu Hause sollen die Eltern dann das Gelernte in der Muttersprache wiederholen. Im Großteil der Kölner Gruppen ist das Türkisch. Auf diese Weise erhielten die Kinder einen so genannten „Aha-Effekt“: das Gelernte aus der Schule wird den Kinder jetzt aus dem „Rucksack“, den die Eltern selbst aus der Schulen mitgebracht haben, erneut in ihrer Muttersprache präsentiert. Die Kinder könnten die Bilder jetzt besser und nachhaltig verknüpfen und es profitieren sowohl ihre Kenntnisse in der Muttersprache als auch ihre Deutschkenntnisse. Auffällig ist die Vielfältigkeit der Anregungen für Eltern und Kinder zu Hause. Die „Rucksäcke“ sind beispielsweise gefüllt mit Memory-Spielen oder Bastelanleitungen für Stammbäume.

Eltern und Kinder lernen von einander
Neben der Förderung der Sprachentwicklung der Kinder in ihrer Herkunftssprache und ihr Zweitsprache Deutsch profitierten aber auch die Eltern entscheidend von dem Programm. Mütter erlernten somit neben Erziehungskompetenzen auch nachhaltige Fertigkeiten in der Weitergabe ihrer eigenen Muttersprache und erführen eine gesteigertes Selbstwertgefühl und Selbstbewusstsein. Die neuen „Expertinnen“ seien dann in nicht wenigen Fällen motiviert, für sich selbst Deutschkurse zu belegen die außerschulische Förderung ihrer Kinder nachhaltig zu verfolgen.„Rucksack“ bezieht jedoch nicht nur die Eltern der Kinder mit ein. Auch die Erzieher sowie die Lehrkräfte werden zu Sprachförderern der Kinder. Entscheidend sei, dass die Rucksäcke auf der Reise zu einer gelungenen Zweisprachigkeit allen Beteiligten nützen.

„Rucksäcke“ in 10 Grundschulen und sieben Kindertagesstätten
Blüggel berichtete, dass die Stadt Köln erstmals in Essen auf das Projekt aufmerksam geworden sei. Ursprünglich stamme es aus den Niederlanden und seit 2005 wird es auch in Köln angeboten. Damals gab es zwei Schulen, in denen „Rucksäcke“ geschnürt wurden. Heute nehmen 10 Grundschulen und 7 Kindertagesstätten an dem Programm teil. Jede Einrichtung hat eine Gruppe.

Infobox „Rucksack“
Das Projekt „Rucksack“ wird vom Amt für Weiterbildung bei der Regionalen Arbeitsstelle zur Förderung von Kindern und Jugendlichen aus Zuwanderungsfamilien (RAA), vom Amt für Kinder, Jugend und Familien, vom Schulamt der Stadt Köln, sowie vom Verein für Katholische Familienbildung Köln und dem Verein Sozialdienst Katholische Männer organisiert, begleitet und gesteuert.

[asch, Foto oben: schule_pix_Jahreis]