Am 13. Dezember ist das Moka Efti Orchestra mit dem neuen Album "Telegramm" zu Gast im Gloria. Foto: Joachim Gern

Köln Als Big Band für Tom Tykwers Serie „Babylon Berlin“ wurde das Moka Efti Orchestra bekannt. Für den mit Severija aufgenommenen Song „Zu Asche, zu Staub“ gab es einen Grimmepreis. Jetzt gehen die Musiker mit ihrem zweiten Album „Telegramm“ an den Start. Mit dem neuen Werk kommt das Moka Efti Orchestra am 13. Dezember ins Kölner Gloria an der Apostelnstraße. Wir haben mit Mario Kamien über die neue Ära, des von ihm mit ins Leben gerufenen Musikprojekts gesprochen.

Die Serie „Babylon Berlin“ war die Geburtsstunde des Moka Efti Orchestra. Nun steht mit dem zweiten Album „Telegramm“ ein neuer Karriereschritt an.

Mario Kamien: Die Szenenmusik für die ersten beiden Staffeln stammte komplett von uns und fand ihren Platz genauso in der Eckkneipe wie im großen Ballsaal oder im Varieté. Der Fokus der Musik lag auf dem Stil der 1920er Jahre, wir konnten aber trotzdem sehr frei arbeiten. Diese Art zu arbeiten, haben wir nun beim zweiten Album fortgeführt, auch wenn jetzt der Fokus eher auf den 60er Jahren liegt. Damit öffnen wir neue Türen für das Moka Efti Orchestra und machen das, was wir schon immer geplant haben.

Gab es Veränderungen bei der Besetzung des Orchesters?

Kamien: Wir haben eine Stammformation, die sich nicht verändert hat. Ab und zu ergänzen wir diese zum Beispiel mit einer Bassposaune oder einer Geige. Dazu kommen Substitute für die festen Musiker. Das Orchester ist im Laufe der Zeit zusammengewachsen und es macht uns drei Gründern viel Spaß, mit diesen Musikern zusammenzuarbeiten. Wir sind schon eine kleine Familie geworden, die ganz verschiedene Charaktere hervorbringt.

„Mit dem Album haben wir unseren eigenen Film weitergedreht“

Auch die Stücke des neuen Albums bleiben weiter cineastisch.

Kamien: Wir schöpfen als kleines Orchester immer aus den Vollen und erzeugen so automatisch mit unserer Musik Bilder wie bei Filmszenen. Beim neuen Album ergibt das eine Mischung aus einem 60er-Jahre-Orchestersound und dem Popsound eines Ennio Morricone oder Serge Gainsbourg. So haben wir jetzt mit dem neuen Album einfach unseren eigenen Film weitergedreht.

Viele Stücke entstanden in der Pandemiezeit. Hat das die Arbeit am Album erschwert?

Kamien: Die Pandemie hat uns keine Probleme bei der Arbeit bereitet. Aber es war eine sehr spezielle Zeit und es war gut, dass wir da unsere Musik hatten. Die Arbeit an den Stücken war sehr konzentriert, da man durch den Lockdown in Klausur gegangen ist. Später konnten wir uns auch wieder treffen und gemeinsam am Album weiterarbeiten.

Gaststars: Severija und Clemens Rehbein von Milky Chance

Es gibt beim Album wieder zahlreiche Gaststars.

Kamien: Das hat bei uns schon Tradition. So gab es die wunderbare Kooperation mit Karsten Troyke, der sich vor allem mit seinen jiddischen Liedern einen Namen gemacht hat. Das Lied „Eine Ballade“ hat er von der Holocaust-Überlebenden Sara Bialas Tennenberg gelernt. Da in den Jahren 2020 und 2021 keine Gedenkfeiern möglich waren, haben wir das Stück zunächst über Youtube veröffentlicht. Friedrich Lichtenstein ist ein echtes Unikum, bei dem sich für „Turquoize“ das Duett mit Severija angeboten hat, die bei, ersten Album mit „Zu Asche, zu Staub“ den Grimme-Preis geholt hat. Bei Clemens Rehbein, dem Sänger von Milky Chance gab es einen persönlichen Kontakt zu Nikko Weidemann, woraus dann „Last Chance Sweet Valentine“ entstanden ist.

Wie halten Sie die Balance zwischen Instrumentalnummern und Songs?

Kamien: Wir arbeiten da sehr intuitiv und finden die Mischung von beidem sehr interessant. Diese funktioniert auch live sehr gut. Beides sind feste Bestandteile unseres Repertoires und geben uns die Freiheit zwischen verschiedenen Genres wie Jazz, Pop oder Chanson zu arbeiten.

Das Kölner Gloria gehört zu den Lieblingsorten des Orchesters

Zu den Live-Favoriten zählt der Brecht/Weill-Song „Surabaya Johnny“.

Kamien: Das stimmt, das Lied gehört fest zu unserem Live-Reperoire. Dass es gut funktioniert, haben wir zum Beispiel beim Kurt-Weill-Fest in Dessau erlebt. Nikko hatte den Song schon in den 80ern als Wave- bzw- Industrial-Nummer verarbeitet. Jetzt haben wir ihn komplett neu arrangiert und sind sehr glücklich damit.

Welche Beziehung haben Sie zum Gloria und zu Köln?

Kamien: Das Gloria ist ein echtes Traumplätzchen. Die Atmosphäre dort ist sehr charmant und die Energie springt sehr schnell hinüber zum Publikum. Wir waren bislang zweimal im Gloria, das zu unseren Lieblingsorten gehört. In Köln haben wir viele alte Bekannte und kommen deshalb gerne in die Stadt.