Falk Schnabel, Polizeipräsident Köln, Markus Weber, Ermittlungsgruppe "Cold Cases" der Polizei Köln und Bastian Blaut von der Staatsanwaltschaft Köln bei der Pressekonferenz zum Fall Raubmord an Petra Nohl am . Februar 2023.

Köln | Petra Nohl wurde nur 24 Jahre alt. Ihre Leiche wurde hinter einer Bierbude in der Albertusstraße heute vor 35 Jahren gefunden. Nach Ausstrahlung des Cold Case Falles in „Aktenzeichen XY“ meldete sich ein Zeuge. Der brachte die Ermittler auf die Spur des mutmaßlichen Täters, der heute festgenommen wurde.

Exakt 35 Jahre nach der Tat wird der Mann festgenommen, dem die Kölner Staatsanwaltschaft vorwirft einen Raubmord begangen zu haben. Der Mann, der heute 56 Jahre alt ist, lebte nach Erkenntnissen der Ermittler die gesamte Zeit in Köln. Zwei Dinge überführten ihn: Die Hartnäckigkeit der Ermittler, das mediale Wiederaufrollen des Falles in der Fernsehsendung „Aktenzeichen XY“ und die darauffolgende Aussage eines Zeugen sowie die Analyse von DNA, die mittlerweile noch exakter gelingt.

So schildert der Zeuge die Tatnacht an Karnevalssamstag und -Sonntag 1988

Der Fall wurde in der „Aktenzeichen XY“-Sendung im Dezember 2022 ausgestrahlt. Noch während der Sendung meldete sich ein Mann im Münchner Aufnahmestudio als Zeuge. Die Kölner Beamten nahmen umgehend zu ihm Kontakt auf. Er schilderte diesen bei einer Zeugenbefragung den Ablauf des Abends. Es war Karnevalssamstag 14. Februar 1988. Er habe mit einem Freund im Bierdorf und der Diskothek Charivari gefeiert. Dieses Bierdorf liegt unter den Kölner Opernpassagen und dort waren früher einmal 17 Kneipen. Dort feierte auch Petra Nohl. Um die Tatzeit wollten er und sein Kumpel nach Hause.

Die beiden Männer machten sich auf den Weg zu einem Taxistand in der Tunisstraße. Dort habe man Petra Nohl getroffen. Wie das an Karneval aber so ist, es kamen keine Taxis. Daher sei die Gruppe an den Neumarkt weitergezogen, weil sie hoffte dort auf Taxis zu treffen. Am Taxistand Neumarkt verliert sich die Spur von Petra Nohl. Auch die beiden Kumpels trennten sich.

Am kommenden Tag wunderte sich der heutige Zeuge, dass sein Freund sein Äußeres komplett verändert habe. Die Medien berichteten über das Tötungsdelikt. Der Zeuge wollte zur Polizei gehen und berichten, was in der Nacht passierte und die beiden Petra Nohl getroffen hatte. Sein damaliger Freund wollte dies nicht. Aus Respekt vor ihm verfolgte er seine Absicht nicht bei der Polizei eine Aussage zu machen.

„XY“-Sendung verändert alles

Dann habe er den Film gesehen. Nach 34 Jahren. Heute sind die beiden Männer nicht mehr befreundet. Er schilderte den Beamten den Abend, wollte aber zunächst nicht den Namen des Freundes nennen. Bei einer Vorladung zu einer Zeugenbefragung überzeugten ihn die Beamten und er nannte den Namen.

Die Beamten ermittelten im Umfeld des möglichen Täters zunächst. Sie luden den Beschuldigten vor und behandelten ihn zunächst erkennungsdienstlich im Januar. Eine Aussage machte der heute 56-Jährige nicht und zudem lässt er sich von einem Anwalt vertreten. Er erklärte unter anderem, dass er sich nicht an den Abend erinnere. Die Merkmale, die erkennungsdienstlich ermittelt wurden verglichen die Spezialisten jetzt mit den Spuren der eingelagerten Asservate.  Die Rechtsmedizin in Köln wurde eingeschaltet. Es gab ein Match: DNA, die auf dem Leichnam von Petra Nohl gesichert werden konnte passte zu der des Beschuldigten.

Haftbefehl

Die Staatsanwaltschaft Köln, die eng in das Verfahren eingebunden war, beantragte Haftbefehl gegen den mutmaßlichen Mörder von Petra Nohl. In ihrer rechtlichen Würdigung kommt die Staatsanwaltschaft Köln zum Ergebnis, dass sie dem Beschuldigten Raubmord vorwirft. Da die Tat 35 Jahre zurückliegt, verjährt nur Mord nicht. Nach der Aussage des Zeugen bejahe die Staatsanwaltschaft Köln einen solchen Tatvorwurf. Das Amtsgericht Köln erließ einen Haftbefehl, der heute vollstreckt wurde. Der Tatverdächtige wurde heute festgenommen und einem Haftrichter vorgeführt.

War es Habgier, die den mutmaßlichen Täter zum Mörder werden ließ? Musste Petra Nohl sterben, weil sie 100 DM mit sich führte, die sie sich kurz vor der Tat von ihren Freundinnen geliehen hatte. Bis heute fehlen Handtasche, Bargeld und der Hausschlüssel der damals 24-Jährigen. Der mutmaßliche Täter war damals 21 Jahre. Derzeit liegen keine Erkenntnisse über Vorstrafen vor. Der 56-jährige Kölner habe bei seiner Festnahme gelassen reagiert. Gegenüber den Ermittlern soll er gesagt haben, dass er sich an nichts erinnere. Petra Nohl wurde erwürgt. Die Akten und die Spuren aus 1988 sprechen gegen ein vollendetes Sexualdelikt.

Darum ist es wichtig sich mit Cold Cases zu befassen

Es ist ein klassischer Fall. Die beiden Männer waren befreundet oder zumindest miteinander bekannt. In einer solchen Situation begegnen sich Menschen ja nicht mit Argwohn. Jahre später die beiden Männer hatten sich auseinandergelebt und keinen Kontakt mehr, das Geschehen und die Umstände lange gedanklich beiseitegeschoben. Dann kommt der Film der die Situation von damals nachempfindet. Da ist sie wieder die Szenerie, die Fragen, die schon damals da waren. So kann es gelingen Fälle wie diesen auch nach 35 Jahre noch aufzuklären.

Jetzt steht erst einmal der Gerichtsprozess an und ja, auch in diesem Fall gilt die Unschuldsvermutung, selbst wenn die Indizien gegen den mutmaßlichen Täter sprechen.

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