Köln | Als Yilmaz Dziewior vor zwei Jahren neuer Direktor des Museums Ludwig wurde, krempelte er zuerst die Dauerausstellung um. Seitdem bewegen sich die Zuschauer chronologisch von oben nach unten, von der Klassischen Moderne in die Gegenwart. Jetzt ordnete er auch die Abteilung für die Kunst der letzten drei Jahrzehnte neu.

„Je weiter weg die Kunst zeitlich ist, um so besser ist der Überblick über Zusammenhänge, über Wert und Bedeutung der Künstler und ihrer Arbeit“, begründet Kuratorin Barbara Engelbach in Übereinstimmung mit ihrem Chef die Umgestaltung. Bei der Bewertung alter Kunst stünden die Kriterien fest.

Tendenzen der letzten drei Jahrzehnte zur Diskussion gestellt

Bei der Gegenwartskunst – „dem Rückgrat des Museums“ – dagegen sei noch alles offen. Hier gebe es wechselnde, sich widersprechende Positionen, werde noch (fast) alles in Frage gestellt. Sich dieser Diskussion zu stellen, die Neupräsentation im Untergeschoss. „Es werden viele Fragen gestellt“, so Dziewior, „poetisch und pointiert, vor allem aber sehr viele politische.“.

Dafür zeugt gleich die „zentrale“ Arbeit von Jimmie Durham. Kommt man die Treppe herunter, betritt man die Installation „Building a Nation“ durch ein Tor aus Holzlatten – so ähnlich kennt man es aus Western als Tor zu einer Ranch. Dahinter ein wüstes Durcheinander aus Ölfässern, Autoteilen, blinden Spiegeln, zerschossenen Flaschen, als wäre gerade eine Schlägerei im Saloon zu Ende gegangen.

„Nur ein toter Indianer ist ein guter Indianer“

Doch nicht Cowboys haben ihr gekämpft, die Opfer sind die Indianer, Nordamerikans indigene Bevölkerung. Auf ihre Kosten entstanden die USA, überall in der Installation verstreut historische Zitate, die den Mythos der Nationgründung als brutal und verbrecherisch entlarven. Am bekanntesten wohl General Sheridans Spruch aus den 1890er Jahren: „Nur ein toter Indianer ist ein guter Indianer“ (frei übersetzt).

Gegen den (latenten) Rassismus auch in der Gegenwartskunst wendet sich Lubaina Himid. In ihren Arbeiten stellt sie Schwarze statt Weiße in den Mittelpunkt. Ein böses Spiel mit Minen ist in den Videos von Ayse Erkmen zu sehen: Hier tanzen sie ihr lustiges Ballett als harmloses Spielzeug – als das auch von den Herstellern getarnt werden. Auch auf die psychoanalytische Couch bittet die Kunst: Michal Heiman lässt seine „Probandinnen“ anhand von Fotos aus einem Familienalbum die Rolle der Frau interpretieren.

61 Exponate – entstanden im den letzten drei Jahrzehnten – sind zu sehen: Gemälde, Skulpturen, Installationen, Videos, Fotos. Darunter auch viele Neuerwerbungen, oft durch Sponsoren in die Museumssammlung gekommen. 32 Künstler werden präsentiert, dabei so bekannte Namen wie Georg Herold, Martin Kippenberger, Louise Lawler, Rosemarie Trockel, Andreas Gursky Ilya Kabakov.

Sie bieten genug Köder, um Politik und Gesellschaft und über die Kunst selber zu diskutieren, über die Rolle und Bedeutung des Künstlers für seine Arbeit, seine Wertschöpfung im Kunstmarkt und künftige Entwicklungen. Spätestens in zwei Jahren wird sich dieser Teil des Museums Ludwig wieder ganz anders zeigen.

[infobox]Museum Ludwig, Heinrich-Böll-Platz, Di-So 10-18 Uhr, jeden 1. Donnerstag im Monat 10-22 Uhr, Eintritt 12/8 Euro.

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Autor: ehu
Foto: Kulturdezernentin Susanne Laugwitz-Aulbach ließ es sich nicht neben, die neue Gegenwarts-Abteilung mit Museumschef Yilmaz Dziewior zu eröffnen. Hier vor Yan Pei-Mings „Mao“ aus dem Jahr 1991.