Berlin | Klimaaktivistin Luisa Neubauer hat den laufenden Bundestagswahlkampf als „wirklichkeitsbefreit“ bezeichnet und wirft allen Parteien vor, nicht ehrlich über das Ausmaß der Klimakrise zu sprechen.

„Alle Parteien haben einigermaßen erfolgreich das Märchen von einer Welt erzählt, in der man alles im Griff hat“, sagte sie dem „Redaktionsnetzwerk Deutschland“ (Donnerstagausgaben). „Eine Welt, die nur noch optimiert werden muss. Also weiter so in grün, oder weiter so in etwas sozialdemokratischer, weiter so in ein bisschen freier oder ein bisschen freundlicher.“ Das sei aber ein Märchen. „Die Wahrheit ist: Die Krise ist da.“

Alle Kanzlerkandidierenden sprächen von „moderaten Maßnahmen“, sagte Neubauer. „Ob Olaf Scholz, Armin Laschet oder Annalena Baerbock – niemand möchte der Gesellschaft etwas zumuten.“ Das sei „herzallerliebst“ – und ein großes Missverständnis.

„Wären sie ehrlich, müssten sie sagen: Wenn man wenig verändert, wird sich ganz viel verändern, und zwar zum Schlechten. Das wäre die Botschaft.“ Wer sich nicht traue, das zu sagen, erzähle Lügen.

„Dass man jetzt nicht ehrlich ist, ist schon krass. Denn sie werden klimapolitische Maßnahmen ergreifen müssen, es wird Verzicht geben müssen – aber jetzt holen sie sich erst einmal die Stimmen ab“, kritisierte Neubauer. Vor der Bundestagswahl und dem globalen Klimastreik am Freitag hofft die „Fridays for Future“-Aktivistin weiter auf eine Trendwende in der Klimapolitik. „Im besten Falle werden wir das erleben, was in diesem Wahlkampf so sehr gefehlt hat, nämlich eine Vision und eine Erzählung über das, was wir als Gesellschaft sein können, wo es hingehen kann, wo sich jeder und jede einbringen kann“, sagte Neubauer dem RND. „Im besten Falle werden wir eine Politik erleben, die bereit ist, Menschen zu begeistern und Mehrheiten zu überzeugen und mit guten Plänen und Konzepten zu inspirieren.“

Autor: dts