Das Aus für die Ampelregierung. Die Karikatur zeigt Bundeskanzler Olaf Scholz der nach dem Zusammenbruch der Ampel die politischen Verhältnisse auf seine Art regelt. Karikatur: Atelier Goral

Berlin | Liveblog | Nach dem Ende der Regierungskoalition von SPD, Grünen und FDP sortiert sich die Bundesregierung neu. Es liegt ein erster Name als Nachfolger für den Posten des Finanzministers aus Reihen der SPD vor. Volker Wissing ist aus der FDP ausgetreten und kann Verkehrsminister bleiben. Die Ereignisse des 7. November 2024 im Tagesticker bei report-K.

Merz lehnt Gespräche mit „Restregierung“ vor Vertrauensfrage ab 

23.50 Uhr > Die Union will mit der rot-grünen Minderheitsregierung keine inhaltlichen Gespräche führen, bevor Kanzler Olaf Scholz (SPD) die Vertrauensfrage gestellt hat.

Man werde sich vom Bundeskanzler „nicht vorführen lassen“, sagte der CDU-Vorsitzende Friedrich Merz am Donnerstag in einer ARD-Sondersendung zum Ampel-Aus. „Wir lassen uns auch nicht für das Versagen dieser Regierung in die Mitverantwortung nehmen“, fügte er hinzu. „Wenn, dann geht es so, wie wir es auch mit Kompromissbereitschaft wollen.“ Aber zuvor stehe die Vertrauensfrage des Bundeskanzlers. „Vorher werden wir keine Gespräche über irgendein Thema mit der verbleibenden Restregierung führen“, so Merz.

Der CDU-Chef hatte sich am Donnerstagmittag im Kanzleramt mit Scholz getroffen. Um mögliche Deals sei es da aber nicht gegangen, sagte er. „Sondern ich habe ihm die Frage gestellt, warum er eigentlich bis Januar 2025 warten will, um die Vertrauensfrage im Deutschen Bundestag zu stellen.“ Er hoffe, dass Scholz „einen Rest an Einsicht und vielleicht auch einen Rest an staatspolitischer Verantwortung hat“, den Weg doch früher freizumachen.

Weber warnt nach Ampel-Aus vor Ausfall Deutschlands in EU

CSU-Vize und EVP-Fraktionschef Manfred Weber warnt nach dem Ampel-Aus vor einem Ausfall Deutschlands in der EU.

„Putin und andere Feinde Europas dürfen nicht die Nutznießer sein eines führungsschwachen Kanzlers Scholz und des Versagens der Ampel“, sagte Weber dem „Redaktionsnetzwerk Deutschland“. Weder Deutschland noch Europa könnten sich eine lange Schwächephase leisten, gerade auch vor dem Hintergrund der US-Wahl. „Es braucht schnellstmöglich Neuwahlen sowie eine stabile und handlungsfähige Bundesregierung.“

Weber stellte der Ampel-Regierung ein desaströses Zeugnis in der Europapolitik aus. „Europapolitisch war die Ampel weitgehend ein Ausfall“, sagte der CSU-Politiker. „Die Ampel-Regierung hat auf europäischer Ebene seit Langem saft- und kraftlos agiert.“ Von den aktiven Europa-Formulierungen des Koalitionsvertrags sei wenig geblieben.

Lindner offen für Bündnis mit Union – keine Koalitionsaussagen   

Nach einer vorgezogenen Bundestagswahl hält der FDP-Vorsitzende Christian Lindner ein Bündnis mit der Union für möglich – er will sich aber nicht festlegen.

Die FDP gehe eigenständig in die Wahl und er mache jetzt keine Koalitionsaussagen, sagte Lindner der „Bild“ (Freitagsausgabe). Klar sei aber, „dass die Regierung Scholz zu Ende ist und dass unser Land einen neuen Aufbruch braucht“. In Wahrheit stelle sich möglicherweise die Frage, ob es eine Zusammenarbeit von Friedrich Merz (CDU) mit Robert Habeck (Grüne) oder mit ihm gebe. Er stehe mit dem Unions-Kanzlerkandidaten im Austausch.

„Wir haben auch einen Kontakt miteinander gepflegt, als ich Regierungsmitglied war und er Oppositionsführer. So haben wir jetzt auch einen Austausch“, sagte Lindner der „Bild“. Aber es gebe keine Koalition in der Opposition.

Lindner sagte zugleich, es sei nun auch möglich, aus der Opposition heraus Gesetze zu beschließen. „Wir haben jetzt eine völlig neue Situation im Deutschen Bundestag“, so der FDP-Chef. Es könne nun „auch aus der Mitte des Parlaments heraus ein politischer Wille beschrieben werden“. Das sei eine für das Land neue Situation, mit der man jetzt umgehen müsse.

Lindner will wieder FDP-Spitzenkandidat werden

Der FDP-Vorsitzende Christian Lindner will zur nächsten Bundestagswahl wieder als Spitzenkandidat seiner Partei antreten.

„Ich werde mich bei meiner Partei darum bewerben, sie in die nächste Bundestagswahl zu führen“, sagte er der „Bild“ (Freitagsausgabe). „Das Ziel unserer Wahlkampagne wird sein, dass die FDP weiter für die Modernisierung unseres Landes arbeitet.“ Er strebe auch eine Rückkehr ins Bundesfinanzministerium an, fügte Lindner hinzu.

Er wolle „die Interessen der Steuerzahler“ verteidigen. „Klares Ziel ist auch, wieder Finanzminister zu werden.“ Er habe sich am Donnerstag von den Mitarbeitern „auch deshalb nicht mit Lebewohl, sondern mit `Auf Wiedersehen` verabschiedet“, sagte Lindner der Zeitung.


Michael Kellner, Grüne, im Deutschen Bundestag. (Archivbild). | Foto: via dts nachrichtenagentur

Kellner begrüßt 15. Januar als Zeitpunkt für Vertrauensfrage  

17.05 Uhr > Michael Kellner (Grüne), Parlamentarischer Staatssekretär im Bundeswirtschaftsministerium, hat den 15. Januar 2025 als Zeitpunkt für die Vertrauensfrage des Bundeskanzlers begrüßt. „Die Entscheidung über den Zeitpunkt der Vertrauensfrage legt der Kanzler fest, dies ist in unserer Verfassung eine Lehre aus der Weimarer Zeit“, sagte Kellner der „Rheinischen Post“ (Freitagausgabe). „Der Zeitpunkt ist gut gewählt, um einen geordneten Neuwahlprozess zu organisieren.“

Kellner zollte Verkehrsminister Volker Wissing Respekt für dessen Entscheidung, trotz des Rückzugs aller FDP-Kabinettsmitglieder aus der Regierung im Amt zu bleiben. „Volker Wissing war als FDP-Generalsekretär ein sehr verlässlicher Architekt der Ampel. Ich kann mir vorstellen, wie schwer ihm die Entscheidung, die FDP zu verlassen, gefallen ist“, so Kellner. „Davor habe ich politisch und persönlich höchsten Respekt und freue mich auf die weitere Zusammenarbeit.“


Steinmeier entlässt FDP-Kabinettsmitglieder und ernennt Nachfolger

17.00 Uhr > Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier hat am Donnerstagnachmittag drei Ministern der FDP die Entlassungsurkunden ausgehändigt und neue Ressortchefs offiziell ernannt.

Nach dem Rauswurf von Christian Lindner (FDP) durch Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) und dem Rücktritt der übrigen FDP-Kabinettsmitglieder übernimmt der nun parteilose Verkehrsminister Volker Wissing zusätzlich das Justizressort von Marco Buschmann (FDP). Landwirtschaftsminister Cem Özdemir (Grüne) leitet künftig auch das Bildungsministerium, das bisher in der Verantwortung von Bettina Stark-Watzinger (FDP) lag.

Jörg Kukies (SPD) tritt die Nachfolge von Christian Lindner (FDP) als Bundesfinanzminister an. Kukies war in den vergangenen Jahren unter Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) Staatssekretär im Bundeskanzleramt. Zuvor hatte Scholz in seiner Amtszeit als Bundesfinanzminister in der schwarz-roten Koalition Kukies 2018 als Staatssekretär in sein Ministerium geholt. Der studierte Wirtschaftswissenschaftler arbeitete in den Jahren 2000 bis 2018 beim Investmentbanking- und Wertpapierhandelsunternehmen Goldman Sachs.

„Die Umstände, unter denen wir heute erneut zusammenkommen sind ungewöhnlich und angespannt. Doch es ist gute Staatspraxis, dass wir diesen Moment auch als einen Moment der Würdigung ihrer Dienste für unser Land verstehen“, sagte Steinmeier in Richtung der scheidenden Minister. Mit Blick auf den Regierungseintritt vor drei Jahren verwies er darauf, dass die Minister sich die damalige Entscheidung nicht leicht gemacht hätten. „Aber Sie waren am Ende überzeugt, dass es richtig war, die Chance zu ergreifen, die Politik in unserem Land mitzugestalten und Weichen für die Zukunft zu stellen.“

Für Lindner sei es ein zentrales Anliegen gewesen, die Staatsverschuldung unter Kontrolle zu halten, so Steinmeier. „Sie haben drei große Anstrengung unternommen, Haushalte vorzulegen, die der Schuldenregel entsprechen.“ In der Zeit der Krisen sei innerhalb der Bundesregierung zunehmend umstritten gewesen, wie es vereinbar ist, die Schuldengrenze zu wahren und gleichzeitig angemessen auf Krisen zu reagieren.

Steinmeier würdigte Buschmann dafür, dass er als Justizminister „wichtige Initiativen ergriffen“ habe, um den freiheitlichen Rechtsstaat veränderten Bedingungen anzupassen. Auch das sei in einer Zeit der politischen Belastungsproben geschehen, in der die individuelle Freiheit in eine schwierig zu bestimmende Abwägung mit öffentlicher Sicherheit getreten sei. „Gleichwohl sind Reformen gelungen, die ihre Handschrift tragen.“

Stark-Watzinger habe als Bildungsministerin das Bafög reformiert, sodass Studenten nun mehr Förderung erhalten, lobte der Bundespräsident. „Neben vielem anderen haben Sie eine Exzellenzinitiative für berufliche Bildung ins Leben gerufen und Künstliche Intelligenz als neues Schlüsseltechnologie gefördert – ebenfalls ein wichtiges Zukunftsprojekt.“

Bundesverkehrsminister Volker Wissing hatte sich vorab den anderen Ministern der FDP nicht angeschlossen und stattdessen sein Amt behalten. Er gab seine Parteimitgliedschaft ab. „Nach dem gestrigen Koalitionsausschuss hat der Bundeskanzler mich in einem persönlichen Gespräch gefragt, ob ich bereit sei, das Amt des Bundesministers für Digitales und Verkehr unter den neuen Bedingungen fortzuführen. Ich habe darüber nachgedacht und dies gegenüber Herrn Bundeskanzler Scholz bejaht“, sagte Wissing am Donnerstagvormittag.

„Ich möchte mit dieser Entscheidung keine Belastung für meine Partei sein und habe deshalb heute Herrn Christian Lindner meinen Austritt aus der FDP mitgeteilt“, sagte er. „Ich distanziere mich damit nicht von den Grundwerten meiner Partei und möchte auch nicht in eine andere Partei eintreten.“


Das Archivbild zeigt Christian Lindner (FDP). | Foto: via dts nachrichtenagentur

Lindner zeigt sich nach Entlassung betroffen   

13.42 Uhr > Nach seiner Entlassung als Bundesfinanzminister durch Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) hat sich FDP-Chef Christian Lindner betroffen gezeigt. „Mich macht die Situation, so wie sie sich entwickelt hat, tatsächlich betroffen, weil ich glaube, es hätte eine für unser Land bessere Option gegeben. Und ich habe mich hier in anderen getäuscht“, sagte Lindner am Donnerstagvormittag.

„Wir treffen in diesem Moment auch eine Entscheidung über unsere politische Kultur. Parteien stehen im demokratischen Wettbewerb. Eine Regierung wägt und ringt intern um Lösungen. Dabei kommt es manchmal zu politischen und manchmal auch zu menschlichen Enttäuschungen“, sagte der scheidende Finanzminister. „Ich habe viele Worte über die FDP und über mich gehört. Manches macht mich betroffen.“ Er habe sich dennoch entschieden, sich „an dieser Form der öffentlichen Auseinandersetzung nicht zu beteiligen“.

Lindner verknüpfte die Verantwortung für die Regierungskrise mit dem Bundeskanzler. „Manche werden mir auch vorwerfen, die FDP hätte zu lange an der Regierung Scholz festgehalten. Dafür muss ich Verantwortung übernehmen“, sagte der FDP-Chef. Zu staatspolitischer Verantwortung gehöre auch ein Stil in der Öffentlichkeit, damit die Demokratie keinen Schaden nehme.


Das Archivbild zeigt Karl-Rudolf Korte. | Foto: via dts Nachrichtenagentur

Politologe sieht keinen Spielraum für Minderheitsregierung   

12.52 Uhr > Der Politologe Karl-Rudolf Korte bezweifelt, dass die rot-grüne Minderheitsregierung ihre Projekte wird durchsetzen können. „Die Minderheitsregierung hat keine parlamentarische Mehrheit“, sagte der Professor an der Universität Duisburg-Essen und Direktor der NRW School of Governance der „Rheinischen Post“ am Donnerstag. „Ich sehe keine Oppositionspartei, die Mehrheiten herstellen würde, deshalb spricht viel für eine zügige Vertrauensfrage.“

Es sei im Moment schwer zu beurteilen, ob das Agieren von Christian Lindner aus Sicht der FDP ein cleverer Schachzug gewesen sei oder sein Vorgehen der Partei und ihm selbst massiv geschadet habe. Korte fragte, ob von Wählern belohnt werde, dass Lindner die reine Lehre der FDP durchsetzen wollte und dass ihm die Sache wichtiger ist als ein Regierungsamt. „Oder wird er bestraft, weil er als Finanzminister nicht integrativ in die Bundesregierung hineinregiert hat und nicht in der Lage war, einen Haushalt für 2025 aufzustellen?“, so Korte.

Auf die Frage nach den Folgen für die Oppositionsparteien sagte der Politikwissenschaftler, dass die Bürger unzufrieden waren mit der Ampel. „Sie werden Mitte-Parteien freudig belohnen, um eine neue Regierung zu bilden“, so Korte. „Die extremen Parteien profitieren nicht.“


Scholz: Festhalten an Schuldenbremse „zündet das Land an“

11.58 Uhr > Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) hat davor gewarnt, die Ausgaben für die Unterstützung für die Ukraine weiterhin über den regulären Haushalt zu finanzieren. „Wenn man jetzt zu der Überzeugung kommt, das müssen wir einfach mal so nebenbei ausschwitzen, dann zündet man das Land an“, sagte Scholz in einer Rede vor dem Forum der Betriebsräte der Deutschen Telekom am Donnerstagvormittag.

Allein die militärische Hilfe, die Deutschland für die Ukraine geleistet hat, habe sich bisher auf fast 30 Milliarden Euro belaufen. „Und wenn man den Aufwand mitberücksichtigt, den wir haben, weil wir richtigerweise denen, die vor dem Bombenterror geflohen sind, hier Aufnahmeschutz gegeben haben, aus der Ukraine, dazurechnet, dann ist das so, dass wir Milliarden Euro pro Jahr ausgeben, um diese Unterstützung möglich zu machen. Das ist viel Geld“, sagte Scholz.

„Es gibt Bundesländer, die haben einen geringeren Haushalt.“ Es gebe „sehr viele Ministerien der Bundesregierung, die haben einen kleineren Haushalt als diese Summe“, so der SPD-Politiker.

Scholz verwies auf die Investitionen, die bei einem Festhalten an ausgeglichenen Haushalten womöglich ausbleiben müssten. „Das bedeutet, dass man dann Entscheidungen treffen muss, dass wir Straßen nicht ausbauen. Dass Schulen nicht weiterentwickelt werden. Dass wir in die Forschung nicht investieren. Dass wir nichts tun können für Wirtschaft und Arbeitsplätze.“

Unter den Ländern, die die Ukraine unterstützen, gäbe es „kaum eins“, das alle Ausgaben aus dem Laufenden Haushalt finanziere. „Und ich sage, Deutschland hat das zwar bisher so gemacht, aber weil wir alles ausgekratzt haben, was man irgendwo finden konnte in den Ecken unseres Haushaltes“, sagte der Kanzler.

„Nur irgendwann ist der Punkt erreicht, wo die Entscheidung lautet: Entweder wir spielen innere Sicherheit, äußere Sicherheit, soziale Sicherheit, wirtschaftliche Sicherheit gegeneinander aus und sorgen dafür, dass der Zusammenhalt und das Miteinander in Deutschland nicht mehr funktioniert“, so Scholz. „Oder wir sagen, das ist eine große zeitlich vorübergehende Herausforderung, von der wir stehen, wo aber klar ist, das müssen wir außerhalb des normalen Haushalts finanzieren. Das können wir nicht auf Kosten von Zukunft und Zusammenhalt in Deutschland tun“, sagte der SPD-Politiker. „Das ist mein Standpunkt.“


Das Archivbild zeigt Bundespräsident Frank Walter Steinmeier. | Foto: via dts nachrichtenagentur

Steinmeier warnt vor „Taktik und Scharmützel“

11.55 Uhr > Nach der Entlassung von Finanzminister Christian Lindner (FDP) durch Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) und nach dessen Ankündigung, die Vertrauensfrage stellen zu wollen, hat Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier alle Verantwortlichen zur Vernunft aufgerufen. „Viele Menschen in unserem Land blicken mit Sorge auf eine unsichere politische Lage in unserem eigenen Land, in Europa, in der Welt, auch nach den Wahlen in den USA. Es ist nicht die Zeit für Taktik und Scharmützel“, sagte Steinmeier am Donnerstag im Schloss Bellevue.

„Es ist die Zeit für Vernunft und Verantwortung. Ich erwarte von allen Verantwortung“, so der Bundespräsident. „Ich erwarte von allen Verantwortlichen, dass sie der Größe der Herausforderungen gerecht werden.“

In der Geschichte der Bundesrepublik sei es selten vorgekommen, dass eine regierende Koalition vor Ablauf der Legislaturperiode keine Mehrheit im Deutschen Bundestag mehr hatte. „Aber unsere Verfassung hat Vorsorge getroffen für den Fall, der jetzt eingetreten ist“, so Steinmeier.

Der Bundespräsident ließ durchscheinen, dass er den Weg für Neuwahlen freimachen würde. Er müsse über die Auflösung des Bundestages entscheiden, falls der Bundestag dem Bundeskanzler das Vertrauen entzieht. „Zu dieser Entscheidung stehe ich bereit“, sagte der Amtsinhaber. „Unser Grundgesetz knüpft diese Entscheidung an Voraussetzungen. Aber unser Land braucht stabile Mehrheiten und eine handlungsfähige Regierung. Das wird mein Prüfungsmaßstab sein.“


Das Archivbild zeigt Bundeskanzler Olaf Scholz im Hintergrund bei einer Rede von Friedrich Merz (Vordergrund) im Deutschen Bundestag. | Foto: via dts nachrichtenagentur

CDU-Chef trifft Kanzler am Mittag  

11.53 Uhr > CDU-Chef Friedrich Merz und Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) wollen sich um 12:30 Uhr zum Gespräch treffen. Das berichtet das „Handelsblatt“ (Freitagausgabe) unter Berufung auf Kreise des CDU-Präsidiums. Das Gremium soll zuvor tagen.

Es hieß, der Oppositionsführer werde den Kanzler auffordern, die Vertrauensfrage in Kürze zu stellen. Erst dann sei die Union bereit, über den Bundeshaushalt oder einzelne Gesetzesvorhaben zu verhandeln und unter Umständen zur Mehrheit zu verhelfen. Einen entsprechenden Beschluss hatte die Fraktion am Donnerstagmorgen getroffen.


CDU Chef und Kanzlerkandidat Friedrich Merz am 7. November 2024 im Deutschen Bundestag. | Foto:: via dts nachrichtenagentur

Merz will Neuwahlen noch im Januar   

11.48 Uhr > Der designierte Kanzlerkandidat der Union, CDU-Chef Friedrich Merz, hat sich nach dem Bruch der Ampelkoalition dafür ausgesprochen, nicht erst im März Neuwahlen durchzuführen, wie es Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) vorgeschlagen hatte.

Wichtig sei, dass man „sehr schnell die Verantwortung für die Zusammensetzung des Deutschen Bundestages“ in die Hand der Wähler in Deutschland zurückgebe, sagte Merz am Donnerstag. „Wir könnten Bundestagswahlen in der zweiten Januarhälfte im nächsten Jahr durchführen. Dafür reicht die Zeit, dafür reichen die Vorbereitungsarbeiten in allen Parteien in allen Wahlkreisen.“

Es gebe „überhaupt keinen Grund“ zu warten. „Es gibt auch international eine ganze Reihe von Verpflichtungen, Konferenzen, Entscheidungen in der Europäischen Union, die jetzt eine deutsche handlungsfähige Bundesregierung erfordern. Wir können es uns einfach nicht leisten, jetzt über mehrere Monate hin eine Regierung ohne Mehrheit in Deutschland zu haben und anschließend über weitere Monate einen Wahlkampf zu führen und dann möglicherweise mehrere Wochen Koalitionsverhandlungen zu führen“, sagte der CDU-Chef.

„Das muss jetzt schnell gehen und deswegen werde ich auch den Bundeskanzler heute Mittag in einem Gespräch darum bitten, den Weg dafür freizumachen. Und ich werde dementsprechend auch meine Argumente bei einem später folgenden Gespräch mit dem Herrn Bundespräsidenten vortragen“, so Merz.

Wohl auch angesichts dessen, dass für das kommende Jahr noch kein Bundeshaushalt steht, zeigte sich der Unionsfraktionschef zur Verantwortungsübernahme bereit, ohne konkrete Details zu nennen. „Wir sind selbstverständlich bereit Gespräche zu führen, selbstverständlich bereit, auch hier Verantwortung für unser Land zu übernehmen“, sagte er. „Wenn es solche Entscheidungsnotwendigkeiten gibt, dann werden wir uns diesen Entscheidungsnotwendigkeiten stellen. Wir werden sie beraten und wir werden dann auch entsprechend eine entsprechende Abstimmung im Deutschen Bundestag ermöglichen.“


Das Archivfoto zeigt Marco Buschmann im Deutschen Bundestag. | Foto: via dts nachrichtenagentur

Buschmann begründet Rücktritt mit Sorge um Wirtschaft

10.30 Uhr > Bundesjustizminister Marco Buschmann (FDP) hat Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) darum gebeten, ihn aus seinem Amt zu entlassen. In seiner am Donnerstag veröffentlichten Rücktrittserklärung schildert Buschmann seine Wahrnehmung des Endes der Koalition und die Sorge, dass die Stagnation der Wirtschaft die „Zentrifugalkräfte der Gesellschaft“ beschleunige.

„Der Finanzminister hat innerhalb der Bundesregierung Vorschläge gemacht, um in dieser Lage eine Wirtschaftswende zum Besseren zu erreichen“, schreibt Buschmann. „Im Koalitionsausschuss vom 6. November sollte beraten werden, was daraus für die Wirtschaftspolitik der Regierung folgen solle. In dieser Sitzung hat der Bundeskanzler ein Maßnahmenpapier vom gleichen Tage vorgelegt.“

Das Papier von Olaf Scholz (SPD) habe unter anderem eine Aussetzung der Schuldenbremse enthalten. „Zudem enthielt es einige wenige – im Vergleich zur oben genannten Wachstumsinitiative – zusätzliche Maßnahmen, die aber kaum geeignet erscheinen, eine substanzielle Wirtschaftswende zu Besseren herbeizuführen. Die FDP-Mitglieder im Koalitionsausschuss haben ihre Skepsis gegenüber der Aussetzung der Schuldenbremse signalisiert, waren im Übrigen aber bereit, weitere Gespräche über die Zusammenführung der verschiedenen Vorstellungen zu führen“, so der Minister.

„Als sich hier kein Konsens abzeichnete, hat der Bundesfinanzminister vorgeschlagen, dass die drei Koalitionsparteien gemeinsam den Weg zu Neuwahlen freimachen, um dem Land geordnet und in Würde eine demokratische Richtungsentscheidung zu ermöglichen.“ Dies habe der Bundeskanzler zurückgewiesen. „Vielmehr hat er darauf bestanden, dass sich der Bundesfinanzminister in der Sitzung bereit erklären solle, einem Beschluss zur Aussetzung der Schuldenbremse politisch zuzustimmen.“

Der Bundesfinanzminister habe daraufhin klargestellt, dass er ökonomische und verfassungsjuristische Zweifel gegen dieses Vorgehen hege. „Ich teile diese Skepsis, da mir schon der Veranlassungszusammenhang zwischen der Begründung einer Haushaltsnotlage und den damit zu finanzierenden Maßnahmen nicht plausibel erscheint“, so Buschmann. „Keinesfalls kann eine solche Entscheidung spontan ohne jede seriöse Prüfung erfolgen. Daher sah sich der Bundesfinanzminister meiner Ansicht nach völlig zu Recht außer Stande, dem Wunsch des Bundeskanzlers zu entsprechen.“

Daraufhin habe der Bundeskanzler bekundet, nicht mehr mit dem Bundesfinanzminister zusammenarbeiten zu wollen. „Damit war die Koalition aufgekündigt. Sodann habe ich dem Bundeskanzler angekündigt, dass ich ihn unverzüglich schriftlich um die Entlassung aus dem Amt ersuchen werde“, schilderte der Justizminister. „Warum der Bundeskanzler den geordneten Weg zu Neuwahlen ausgeschlagen hat, um sodann selbst die Koalition aufzukündigen und in völlig unklaren Verhältnissen Neuwahlen anzustreben, erschließt sich mir nicht.“

Buschmann äußerte die Sorge, dass die derzeitige Stagnation der Wirtschaft die „Zentrifugalkräfte der Gesellschaft“ beschleunige. „Sie läuft Gefahr, auf den Pfad einer Nullsummen- oder gar Schrumpf Logik abzugleiten. Hier drohen brutale Verteilungskämpfe, weil man nur noch etwas gewinnen kann, indem man anderen etwas wegnimmt“, fürchtet der FDP-Politiker. „Die Verrohung der Debattenkultur in den letzten Jahren fällt nicht zufällig in eine Zeit wirtschaftlicher Rückschläge. In einem solchen Umfeld gedeihen die Prinzipien des Rechts und der Humanität nicht gut.“

Auch im US-Wahlkampf habe die Sorge um die wirtschaftliche Zukunft mit zu einer starken Polarisierung beigetragen. „Es droht uns eine Zeit der Wölfe, in der zunehmend wieder das Hobbessche Wort vom `homo homini lupus` gilt“, schrieb Buschmann. „Das muss auch einen Justizminister umtreiben.“


Esken schildert Stunden vor Lindners Entlassung

9.40 Uhr > Die SPD-Vorsitzende Saskia Esken hat beschrieben, wie sich die Entlassung von Finanzminister Christian Lindner (FDP) durch Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) während des Koalitionsausschusses abgespielt haben soll. Man habe noch anderthalb bis zwei Stunden verhandelt und besprochen, dass man es gemeinsam hinbekommen müsse, mit einem Haushalt, der auch durchfinanziert sei, sagte sie zu „RTL Direkt“.

Lindner habe den Vorschlag des Bundeskanzlers abgelehnt, wegen des Ukrainekrieges ein Notlageverfahren einzuleiten. „Und damit war für den Bundeskanzler die Notwendigkeit gegeben, zu sagen, gut: Dann müssen wir es ohne Sie machen.“ Das müsse der Finanzminister dann hinnehmen, so Esken. „Und dann ist Lindner gegangen.“


Das Archivfoto zeigt Jörg Kukies. | Foto: via dts Nachrichtenagentur

Jörg Kukies soll neuer Finanzminister werden

9.10 Uhr > Jörg Kukies (SPD) soll offenbar die Nachfolge von Christian Lindner (FDP) als Bundesfinanzminister antreten. Das berichten das ARD-Hauptstadtstudio und der Sender ntv übereinstimmend.

Kukies war bislang unter Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) Staatssekretär im Bundeskanzleramt. Zuvor hatte Scholz in seiner Amtszeit als Bundesfinanzminister in der schwarz-roten Koalition Kukies 2018 als Staatssekretär in sein Ministerium geholt. Der studierte Wirtschaftswissenschaftler arbeitete in den Jahren 2000 bis 2018 beim Investmentbanking- und Wertpapierhandelsunternehmen Goldman Sachs. Anfang der 1990er Jahre war Kukies Vorsitzender des Landesverbandes Rheinland-Pfalz der SPD-Jugendorganisation Jusos.


Das Archivfoto zeigt Volker Wissing im Deutschen Bundestag. | Foto: via dts nachrichtenagentur

Miersch bietet Wissing Verbleib in der Koalition an

9.05 Uhr > Der SPD-Generalsekretär Matthias Miersch hat Verkehrsminister Volker Wissing (FDP) den Verbleib in der Koalition angeboten. „Aus meiner Sicht kann er das“, sagte er dem Podcast „Berlin Playbook“ des „Politico“ (Donnerstag). „Ich fände das ein gutes Zeichen, weil es auch zeigt, dass in der FDP nicht alle von diesem Kurs von Christian Lindner überzeugt gewesen sind.“

Auf die Frage, wer Schuld an dem Bruch der Ampel habe, sagte Miersch, Olaf Scholz habe alles versucht. „Aber er ist zu der Überzeugung gekommen, dass Christian Lindner an der entscheidenden Stelle blockiert, und das dazu geführt hätte, dass hier Interessen gegeneinander ausgespielt werden. Und das konnte er nicht zulassen“, so der SPD-Generalsekretär.

„Christian Lindner wollte Bevölkerungsgruppen und Interessen gegeneinander ausspielen, indem er beispielsweise den Soli abschaffen wollte. Das konnten wir nicht machen, das hätte auch die Handlungsfähigkeit nicht hergestellt“, sagte Miersch.

Er appellierte an die Union. „Es ist jetzt so, dass wir alle Verantwortung tragen in diesem Parlament, auch die CDU/CSU. Und insofern wird es die Möglichkeit geben, dass hier auch antragsgemäß dann auch Mehrheiten zustande kommen. Das müssen sich jetzt alle Fraktionen überlegen“, so Miersch.

Wissing bleibt Verkehrsminister und tritt aus FDP aus

Wissing bleibt Verkehrsminister und tritt aus FDP aus, so die ersten Eilmeldungen der dts-Nachrichtenagentur aus Berlin.

Nach der Entlassung von Bundesfinanzminister Christian Lindner (FDP) durch Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) will Bundesverkehrsminister Volker Wissing weiterhin im Bundeskabinett verbleiben. Er tritt stattdessen aus der FDP aus.

„Nach dem gestrigen Koalitionsausschuss hat der Bundeskanzler mich in einem persönlichen Gespräch gefragt, ob ich bereit sei, das Amt des Bundesministers für Digitales und Verkehr unter den neuen Bedingungen fortzuführen. Ich habe darüber nachgedacht und dies gegenüber Herrn Bundeskanzler Scholz bejaht“, sagte Wissing am Donnerstagvormittag.

„Ich möchte mit dieser Entscheidung keine Belastung für meine Partei sein und habe deshalb heute Herrn Christian Lindner meinen Austritt aus der FDP mitgeteilt“, sagte er. „Ich distanziere mich damit nicht von den Grundwerten meiner Partei und möchte auch nicht in eine andere Partei eintreten.“

Wissing verwies auf einen Beitrag in der „Frankfurter Allgemeinen Zeitung“ in der vergangenen Woche, in der er seine Haltung vorab öffentlich gemacht habe. Die heutige Entscheidung sei „eine persönliche Entscheidung von mir, die meiner Vorstellung von Übernahme von Verantwortung entspricht“, so der Verkehrsminister. „Ich möchte mir selbst treu bleiben.“

Wissing gilt als einer der ursprünglichen Architekten der Ampelkoalition. Er hatte zuvor an der Ampelkoalition in Rheinland-Pfalz mitgewirkt, der eine vergleichsweise geräuschlose Zusammenarbeit nachgesagt wird. „Wir haben schwierige Zeiten und ich bin der Auffassung, dass die Regierung mehr Chancen gehabt hätte, wenn man von Anfang an gemeinsamer und stärker an ihrem Erfolg gearbeitet hätte“, erklärte der Minister.

Er habe seit fast zehn Jahren Erfahrung mit Ampelkoalitionen und sei mit vielen Dingen nicht einverstanden, gewesen – insbesondere nicht mit der Art und Weise, wie man kontroverse Positionen lange Zeit öffentlich ausgetragen habe, anstatt Brücken zueinander zu bauen. Das Brückenbauen sei ein Dienst an der Gesellschaft, erklärte er. „Wir brauchen unterschiedliche Positionen, ansonsten haben wir keinen Pluralismus.“ Aber es müsse Kompromissbereitschaft geben, um am Ende immer eine Lösung für die Bürger des Landes zu erarbeiten, sagte Wissing. „Das ist für mich der Sinn von Politik.“

Bundesarbeitsminister Hubertus Heil (SPD) lobte den Entschluss Wissings. „Volker Wissing war, ist und bleibt ein verantwortungsvoller und anständiger Kollege – einer, dem es um die Sache und Deutschland geht. Respekt“, schrieb er auf der Plattform X.


FDP-Fraktion rechtfertigt Aus der Ampel-Koalition

FDP-Fraktionsvize Christoph Meyer hat das Aus der Ampel-Koalition gerechtfertigt. Solange es ginge, habe die FDP konstruktive Vorschläge gemacht, sagte Meyer den Zeitungen der Funke-Mediengruppe am Mittwochabend.

„Die FDP will für Deutschland die Richtungsentscheidung hin zur Wirtschaftswende und zum verfassungskonformen Haushalt, das wollten SPD und Grüne aber nicht unterstützen. Weil die FDP bei der Schuldenbremse die Verfassung einhalten wollte, wurde der Finanzminister entlassen und die Koalition aufgekündigt“, so der FDP-Politiker.

Das Grundgesetz sieht „für Naturkatastrophen oder außergewöhnliche Notsituationen, die sich der Kontrolle des Staates entziehen und die staatliche Finanzlage erheblich beeinträchtigen“ die Möglichkeit vor, dass statt eines ausgeglichenen Haushalts eine Ausnahmeregelung mit einer entsprechenden Schuldentilgungsregelung beschlossen werden kann.

Meyer sieht das Aus der Ampel als folgerichtig an. „Die FDP will eine Regierung, die die Kraft hat zu handeln. Mit SPD und Grünen ist das nicht mehr möglich, zu weit liegen die Ansichten über Wirtschaft und Staatsfinanzen auseinander“, sagte er weiter. „Daher sind vorgezogene Bundestagswahlen jetzt das richtige für Deutschland.“


Was bisher geschah

Die Zusammenfassung der wichtigsten Ereignisse vom Morgen des 7. November

Das geschah am Abend des 6. November 2024 in Berlin

Mit Material der dts nachrichtenagentur