Wenn alte Wunden aufgerissen werden

Köln | Der linke Terror der RAF durchzog Deutschland in den 70er und 80er Jahren in mehreren Wellen. Viele Menschen fanden bei den brutalen Anschlägen den Tod oder wurden schwer verletzt. Unter den Toten waren bekannte Persönlichkeiten wie der Generalbundesanwalt Siegfried Buback, Arbeitgeberpräsident Hanns Martin Schleyer, der Deutsche-Bank-Chef Alfred Herrhausen oder der Treuhandchef Detlev Karsten Rohwedder. Aber es starben auch deren Fahrer und Leibwächter.

Mit dieser Vergangenheit werden die Kölner Kommissare Theresa Rosenthal und Marco Bär konfrontiert, als ein unbekannter Toter am Stadtwald gefunden wird. Es ist genau die Stelle, an der 1977 Arbeitgeberpräsident Schleyer von der RAF entführt worden ist. Die Ermittlungen führen Rosenthal ins dänische Nordschleswig, wo der Tote unter falschen Namen gelebt hatte. Er gehörte zur dritten Generation der RAF und wurde zunächst von der DDR geschützt. Später übernahmen diese Rolle frühere Sympathisanten der Terrorgruppe, die inzwischen als solide Bildungsbürger einen gehobenen Lebensstil führten und die diesen gegen die Spuren der Vergangenheit verteidigen wollen.

Nachdem die Kölner Polizei bundesweit ein Foto des Toten veröffentlicht hatte, um dessen Identität zu klären, gerät die Szene in Aufruhr. Unter anderem mit Banküberfällen versucht man eine mögliche Flucht zu finanzieren. Doch es ist nicht die einzige Gruppe, die jetzt aktiv wird. Unter den Opferfamilien gibt es Menschen, die Klarheit über die Vorfälle der Vergangenheit haben und die nachträglich für Gerechtigkeit sorgen wollen. Unter ihnen sind auch ehemalige Stasi-Leute als auch Ex-Beamte des BKA.

Für der Theresa und ihren Kollegen Marco wird der Fall immer undurchsichtiger. Hilfe kommt da auch Aachen, wo der Tote studiert und sich radikalisiert hat. Kommissar Fett ist der Kölner Ermittlerin aus einem früheren Fall gut bekannt. Zwischen beiden gab es auch mehr als nur eine rein berufliche Beziehungen. Und da ist auch noch Theresas Tante Clarissa, die in ihrer Villa in Marienburg lebt und die die vornehme Gesellschaft dort sehr gut kennt. Aus dieser stammen sowohl Täter als auch Opfer des RAF-Terrors.

Der neue Köln-Krimi von Maren Friedlaender bietet eine spannende Reise in die Vergangenheit. Er zeigt wie sich Menschen radikalisiert und damit auch kriminalisiert haben. Der Thriller blickt ebenfalls in die Welt der Opferfamilien, die unter der schweren Last der Vergangenheit zerbrochen sind und die nun selbst zu Methoden greifen, die nichts mehr mit dem Rechtsstaat zu tun haben.

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Maren Friedlaender: Schweigen über Köln, Gmeiner-Verlag, 252 Seiten, 12 Euro

Autor: Von Stephan Eppinger
Foto: Ausschnitt aus dem Buchcover. Cover: Gmeiner Verlag