Beate Weisbarth eröffnete den Themenreigen mit einem Zitat aus dem Vorwort von Ottmar Hitzfeld: „Jugendliche Fußballtalente müssen sich schon früh den Forderungen des Profigeschäfts stellen, werden umgeben von verführerischen Beraterangeboten und konfrontiert mit hohen Geldsummen des Vereins und befinden sich schon in einem ständigen Belagerungszustand durch die Presse. Ein Spielfeld, auf dem man schnell ins Stolpern kommen kann.“ Andreas Rettig, Manager des Fußball-Bundesligisten FC Augsburg, zeigte auf, dass heute schon die Hälfte der Spieler in den Leistungsstützpunkten Abitur machen und er machte auch deutlich, dass er mit Trainern die ihren Schützlingen raten die Schule zu schmeißen nichts anfangen kann.

Alle waren sich einig, dass Bildung heute zu einem Profi dazugehört. Unter anderem auch, weil das Spiel und die Taktik anspruchsvoller geworden sei. Aber auch um die jungen Talenten mit der Lebenswirklichkeit zu konfrontieren. Dirk Lottner glaubt zwar nicht, dass jemand mit Abitur besser Fußball spielt, spricht sich aber auch für Bildung aus. Einer, der im Fußball ganz nach oben will, muss, so Lottner, vor allem Ehrgeiz mitbringen. Die deutschen „U“-Nationalmannschaften werden übrigens immer von zwei Lehrern, einer für die Naturwissenschaften und einer für die Sprache begleitet. Die Experten sind sich sicher, dass die Erfolge der deutschen Fußballnationalmannschaft auch geprägt von der verbesserten Jugendarbeit werden. Vorbild ist übrigens Frankreich, die das früher erkannt hatten. Dennoch waren sich die Experten auch einig, dass es nicht ohne den Druck des DFB mit klaren Vorgaben an die Vereine funktioniert hat. Eines der Fazits war, dass junge Profis in ihrer Ausbildungszeit die Lebenswirklichkeit kennenlernen müssen, damit sie später damit auch klarkommen.

Das Buch „Karriereziel Fußballprofi“
Die beiden Autoren setzen sich intensiv mit der Ausbildung und Bildung von Toptalenten ausschließlich durch die Eliteschulen des DFB oder der Vereine auseinander. Das Vorstellen des von ihnen begleiteten Netzwerks Bildung und Fußball steht dabei im Vordergrund. Die Themen werden aus der „Ich“-Perspektive der Autoren anhand von anonymisierten Fallbeispielen erzählt und sind nicht wissenschaftlich in der Breite aufgearbeitet. Dabei lassen die Autoren immer wieder ihre eigene Begeisterung und Nähe für den Fußball erkennen und weben ihre Emotionen und Sichtweisen sehr stark in das Buch ein. Beides führt dazu, dass das Buch nicht wertneutral bleibt, wie es der allgemein gehaltene Titel zunächst verspricht.

Als Leser wünscht man sich, auch wenn das Buch die Schulleiterin einer Eliteschule des Fußballs und der Leiter eines Nachwuchs-Leistungszentrums geschrieben hat, mehr wissenschaftliche Distanz und harte Fakten und Zahlen, als Werbebotschaften im Schlusswort wie diese: „Denn Schulen, besonders die Eliteschulen des Fußballs leisten einen enormen Beitrag zur Förderung der dualen Karriere. Die Kultur der Wertschätzung und Anerkennung bedeutet auch eine Verbesserung des Images unserer Top-Talente im Fußball. Obwohl fast alle heutzutage sich auf einem guten Bildungsweg befinden, wird der Fußballer immer noch gegenüber anderen Sportarten in seinem Bildungsstand abqualifiziert. Er leidet unter dem Vorurteil, eher ein ungebildeter Mensch zu sein. Diese Erkenntnis macht betroffen, da wir wissen, mit wie viel Engagement doch heutzutage den dualen Weg suchen. Deshalb muss die öffentliche Wahrnehmung dahingehend beeinflusst werden, das Image des Ungebildeten als überholt anzusehen.“ Auch etwa beim Kapitel Medien bleibt das Buch eindimensional, schildert die Medien als Auflagengeil, Kommerz- und Profitorientiert, die die Karriere ruinieren können und vor der der junge Spieler beschützt werden muss. Dabei schert man seriöse und Boulevardmedien aller Gattungen einfach über einen Kamm und blendet aus, dass es gerade die Medien sind die, die die Stars machen, die von ihrer medialen Präsenz nicht nur auf dem Fußballplatz, sondern später auch durch lukrative Werbeangebote profitieren.

Mit Mario Götze und Reinhold Yabo führen Sie ein Interview über deren persönlichen Weg zum Fußballprofi und exemplarisch wird ein Fall vorgestellt, den die Autoren „Tim“ nennen, wobei offen bleibt, ob dieser der Realität entspringt, da er anonymisiert ist. Die Autoren und der Verlag empfehlen das Buch Trainern, Übungsleitern, Lehrern und Studenten. Schade, dass versäumt wurde, den Autoren eine wissenschaftliche Begleitung an die Seite zu stellen, die die Themen sicher differenzierter dargestellt und aufgearbeitet hätte und damit den Horizont des Buches, dass sich als Ratgeber präsentiert wesentlich erweitert hätte.

Karriereziel Fußballprofi
Bildung und Sport im Einklang
Von Beate Weisbarth und Christoph Henkel
VS Verlag für Sozialwissenschaften 2011, Wiesbaden
176 Seiten, Broschur, 24,95 €
ISBN 978-3-531-18116-5

[ag]