Köln | „Früher war ich als Zuschauer auf dem Summerjam und wollte dort immer auf der Bühne stehen. Als ich erstmals dort stand, wusste ich, dass ich es als Musiker geschafft habe“, erinnert sich Patrice, der längst seine Anerkennung im internationalen Musikgeschäft gefunden hat. Beim diesjährigen Festival am Fühlinger See wird er am Sonntag Headliner auf der Red Stage sein und dort sein neues Album „The Rising of the Sun“ vorab präsentieren, das am 23. August veröffentlicht wird.

Dabei wird Patrice nicht nur mit neuen Songs sondern auch mit neuem Schlagzeuger und neuem Gitarristen auf der Bühne stehen. „Alle ehemaligen Bandmitglieder von mir haben eine Solokarriere gestartet. Wir scheinen so etwas wie ein Sprungbrett für Künstler zu sein“, sagt der gebürtige Kerpener vor seinem Heimspiel. Aufgenommen hat er sein Album in Jamaika und in Großbritannien. „Ich verbinde gerne karibische und europäische Elemente in meiner Musik. Ich versuche mich dabei immer wieder neu zu erfinden.“ Mit neuem Album geht auch der Kölner Gentleman am Samstag beim Summerjam an den Start.

Ein Werk, das anders entstanden ist als seine bisherigen Alben: „Ich war bei ‘New Day Dawn’ maßgeblich an der Produktion beteiligt und wusste von Anfang an, wohin die Reise geht. Es ist eine Kombination von modernem Dancehall-Sound und kompromisslosem Roots-Reggae“, sagt der 38-Jährige. Ein maßgebliche Rolle spielte dabei das Piano, das sich Tilmann Otto, wie Gentleman mit bürgerlichem Namen heißt, vor zwei Jahren ins heimische Wohnzimmer gestellt hat. „Die meisten Ideen sind am Piano entstanden und das obwohl ich vor zwei Jahren nur einige Akkorde an diesem Instrument spielen konnte. Es inspiriert mich und ist immer da, wenn ich darauf spielen möchte. Das war die schönste Anschaffung, die ich mir je geleistet habe“, schwärmt der Kölner.

Eine besondere Erfahrung war auch im April vergangenen Jahres ein Konzert in Kairo: „Das war unweit des Tahrir Platzes in der Zeit zwischen Revolution und den Wahlen. Ich habe den Mut der Leute bewundert und die Aufbruchstimmung förmlich gerochen und gefühlt. Ich habe aber auch erkannt, wie schwer es ist und wie lange es dauert, bis sich Demokratie wirklich durchsetzt.“ Ein Zeitzeuge dieses Erlebnisses ist auf dem neuen Album der Song „Another Drama“. Ein Neuling beim Summerjam ist US-Rapper Snoop Dogg, der unter dem neuen Künstlernamen Snoop Lion den Reggae für sich entdeckt hat und der am Freitagabend der Headliner in Köln sein wird. Die beiden Lokalmatadoren haben kein Problem mit dem Reggae-Neuling: „Jeder hat das Recht, die Musik zu machen, die er machen will. Nur, dass er sich als Reinkarnation von Bob Marley sieht, finde ich etwas problematisch“, sagt Gentleman. „Er meint es ernst und das finde ich wichtig. Wenn er voll und ganz an seine Wahrheit glaubt, kann man ihm das nicht verwehren“, erklärt Patrice.

Vertreten ist in Köln auch die junge Roots-Reggae-Szene aus Jamaika, die immer stärker wird. „Die Entwicklung dort geht weg von Dancehall wieder mehr in Richtung Live-Musik. Die jungen Künstler sind sehr zielgerichtet, intellektuell und sehr verlässlich“, berichtet Patrice. Dagegen hat Gentleman das Gefühl, dass der Roots-Reggae nie wirklich weg war. „Es ist ein Unterschied, was in den Medien und in den Charts ist, und dem was die Leute wirklich zu Hause hören. Und da war Roots-Reggae immer angesagt. Insgesamt hat sich thematisch der Horizont erweitert, so dass junge Leute hier in Europa wieder mehr Zugang zu Reggae finden können.“

Weitere Künstler auf dem Summerjam vom 5. bis zum 7. Juli sind unter anderem der US-Topact Major Lazer, Alborosie, Tarrus Riley, Busy Signal, Raggasonic, Richie Stephens, Morgan Heritage, Junior Kelly, Protoje, Diplo, Blumentopf, Dendemann und die Ohrbooten. Tickets für alle drei Tage inklusive Campen gibt es im Vorverkauf für 99 Euro.

Autor: Stephan Eppinger
Foto: Patrice und Gentleman