„Wir sagen entschieden Nein zur Zwangsheirat. Und deshalb unterstützen wir Frauen und Mädchen denen eine Zwangsheirat droht“, sagte am Freitag Frauen- und Integrationsminister Armin Laschet in Düsseldorf. Im Juni 2007 hat Nordrhein-Westfalen als erstes und einziges Bundesland eine Online-Beratung gegen Zwangsheirat eingerichtet und damit einen wichtigen Baustein seines zehn Punkte umfassenden Handlungskonzeptes gegen Verbrechen im Namen der Ehre umgesetzt. Laschet stellte heute die Jahresbilanz vor. „Die Zahlen des ersten Projektjahres belegen, dass dieses Angebot in Trägerschaft des Mädchenhauses Bielefeld die gewünschte Zielgruppe auch tatsächlich erreicht“, so Minister Armin Laschet. 200 Personen wurde per Telefon oder E-Mail zum Thema Zwangsheirat beraten und über bestehende Hilfeangebote informiert. Dabei wandten sich nicht nur Mädchen und junge Frauen, sondern auch 28 junge Männer hilfesuchend an die Online-Beratung.

Nachfrage zur Ferienzeit besonders hoch
Das Mädchenhaus Bielefeld e.V. zieht Resümee aus dem ersten Jahr der Online-Beratung zum Schutz vor Zwangsheirat: „Wir sind sicher, dass die Anzahl der Mädchen und jungen Frauen, die von Zwangsheirat betroffen sind, noch wesentlich höher ist. Je bekannter das Angebot wird, desto stärker wird die Zahl der Nachfragen ansteigen“, erklärte Birgit Hoffmann-Reuter, Geschäftsführerin des Mädchenhauses in Bielefeld. „Gerade zu den Ferienzeiten melden sich Mädchen, die dringend sofortigen Schutz vor einer Zwangsehe benötigen. Hier muss sofort gehandelt werden“, führte sie weiter aus. Der Vorteil dieses Beratungsangebotes liegt in seiner Anonymität und Niedrigschwelligkeit. Die Ratsuchenden können sich per E-Mail, Einzelchat oder Gruppenchat in einem geschützten Rahmen an die Online-Beratungsstelle wenden. Bei Bedarf besteht die Möglichkeit, sich auch telefonisch oder persönlich beraten zu lassen. Auch Fachkräfte und Vertrauenspersonen wenden sich an die Einrichtung. 84 Prozent der Beratungen werden in deutscher Sprache geführt‚ denn die Mädchen sind meist hier aufgewachsen und gehen in Deutschland zur Schule. Dennoch ist es für die Mädchen wichtig, dass die Beraterinnen aus einem ähnlichen Kulturkreis stammen und sich aus ihrer Sicht dadurch besser in die Situation einfühlen können.

Zwangsheirat verletzt gegen Grund- und Menschenrechte
Die Homepage steht in sechs Sprachen zur Verfügung: deutsch, englisch, türkisch, kurdisch, albanisch und arabisch. Wenn es die Gefährdungslage erfordert, sorgen die Mitarbeiterinnen der Online-Beratung für die sichere und geheime Unterbringung der Opfer. 24 Mädchen und junge Frauen haben sich mit diesem Wunsch an die Einrichtung gewandt. In wie vielen Fällen eine Zwangheirat tatsächlich verhindert werden konnte, ist statistisch kaum nachzuvollziehen. Denn nicht alle Mädchen melden sich bei den Beraterinnen zurück. „Je früher sich die Mädchen an die Online-Beratung wenden, umso besser sind die Chancen für alle Beteiligten, ohne Gesichtsverlust einen anderen Weg einschlagen zu können“, berichtete eine Beraterin. „Mädchen, die in streng patriarchalisch geprägten Familien aufwachsen, haben zumeist nicht die Möglichkeit, sich ohne fremde Hilfe gegen eine Zwangsverheiratung zu wehren. Ein freiheitlicher Staat kann die Verletzung von Grund- und Menschenrechten nicht dulden und hat die Opfer zu schützen. Mit der Online-Beratung hat die Landesregierung ein spezielles Beratungsangebot geschaffen, um den von Zwangsheirat Betroffenen wirkungsvoll zu helfen“, erklärte Minister Laschet.

[jb; Quelle Landesregierung NRW]