Köln | Es sind die beiden Tage, die sich ins kollektive Gedächtnis gebrannt haben und die besonders in diesen Tagen wieder aufbrechen: Der 14./15. Juli 2021, die Tage der Flut in NRW und Rheinland-Pfalz. NRW-Ministerpräsident Hendrik Wüst zeichnete jetzt Dustin Raatz mit der NRW-Rettungsmedaille aus.

Raatz aus Halver rettete am 14. Juli 2021 ein schwerkrankes Mädchen aus dem von Wasser eingeschlossenen Ortsteil Hagen-Priorei. Wüst sagte anlässlich der Verleihung im Rathaus an der Volme in Hagen: „Die Nacht, in der das Hochwasser nach Nordrhein-Westfalen kam, war ein Einschnitt in der Geschichte unseres Landes. 49 Menschen sind in Nordrhein-Westfalen ums Leben gekommen, tausende verloren ihr Hab und Gut, viele das Dach über dem Kopf. Mitten in dieser Katastrophe sind viele Menschen über sich hinausgewachsen, um andere zu retten. Die Frauen und Männer der Freiwilligen und der Berufsfeuerwehren und des Rettungsdienstes, das Technische Hilfswerk, Hilfsorganisationen, Polizei, Soldatinnen und Soldaten sowie Freiwillige arbeiteten bis zur Erschöpfung und darüber hinaus, um anderen in Notlagen zu helfen. Es sind Menschen wie Dustin Raatz, die entschlossen und mit Mut alles darangesetzt haben, um Menschenleben zu retten. Menschen wie Dustin Raatz, den wir mit der Rettungsmedaille des Landes Nordrhein-Westfalen ehren, sind Vorbild für uns alle.“

Die Rettungstat von Daniel Raatz

So beschreibt die NRW-Landesregierung die Rettungstat: Am 14. Juli 2021 ist Dustin Raatz als Mitglied der Freiwilligen Feuerwehr des Märkischen Kreises im Einsatz. Zu diesem Zeitpunkt fehlt es vor allem an geeigneten Fahrzeugen, mit denen Menschen aus Gebäuden gerettet werden können. Dustin Raatz gehört ein ehemaliges Bundeswehrfahrzeug, das für unwegsames Gelände und Wassertiefen bis 1,50 Meter ausgelegt ist. Jedoch hat er es als Leihgabe an das Technik- und Panzermuseum in Plettenberg gegeben. Er bietet an, das Fahrzeug dort zu holen. Mit Blaulichteinsatz wird es abgeholt.

Nach einem Einsatz im Raum Altena erfährt Dustin Raatz von einer Notsituation in Hagen-Priorei. Die damals 13-jährige Chantal Caspari sitzt im Rollstuhl und braucht rund um die Uhr ein Beatmungsgerät. Hagen-Priorei aber ist von Wasser eingeschlossen, der Strom ist ausgefallen und der Akku des Beatmungsgeräts ist fast leer. Das Mädchen befindet sich in Lebensgefahr. Die Mutter von Chantal hat bereits mehrfach versucht, ein Notstromaggregat bei der Feuerwehr anzufordern. Aufgrund des Hochwassers kommt kein Fahrzeug zum Haus der Familie durch. Der Hubschrauber darf wegen des Unwetters nicht starten.

Dustin Raatz bietet der Einsatzleitung in Lüdenscheid an, das schwerkranke Mädchen mit seinem Fahrzeug zu bergen. Er bekommt grünes Licht für diesen verzweifelten, letzten Rettungsversuch. Der Weg unter dem Wasser ist nicht zu sehen, es reicht bereits 1,50 Meter hoch. Trotzdem kämpft sich Dustin Raatz immer weiter durch die Wassermassen.

Schließlich erreicht er das Zuhause des Mädchens. Er bringt Chantal Caspari – mit Rollstuhl und Beatmungsgerät – auf der Ladefläche seines Lkw unter. Eine Betreuerin begleitet die 13-Jährige. Die Mutter bleibt bei ihren anderen Kindern im Haus. In der obersten Etage sind sie vor den Wassermassen sicher.

Auf dem Rückweg rettet Dustin Raatz noch weitere Menschen, die vom Wasser eingeschlossen sind. Wieder ist die Fahrbahn kaum zu erkennen, aber Dustin Raatz schafft es rechtzeitig: Das Beatmungsgerät kann wieder angeschlossen werden. Chantal Caspari ist außer Lebensgefahr. Durch seinen selbstlosen Einsatz hat Dustin Raatz der 13-Jährigen das Leben gerettet. Auch er selbst befand sich in Lebensgefahr. Sein Fahrzeug hätte jederzeit vom Weg abkommen und von den Wassermassen mitgerissen werden können.

Ökumenischer Gottesdienst

Das Land NRW gedenkt mit einem Gottesdienst in der Kirche Herz Jesu in Euskirchen den Opfern. 189 Menschen starben in Deutschland in den Fluten des 14. und 15. Juli 2021. Zwei Menschen werden bis heute vermisst. Am 14. Juli werden in NRW die Flaggen auf Halbmast gesetzt.

red01