Köln, 11.8.2007, 16:30 Uhr > Das NS-Dokumentationszentrum der Stadt Köln erinnert vom 11. August bis 21. Oktober 2007 mit einer Ausstellung an mehr als 20.000 Soldaten und Zivilisten aus nahezu ganz Europa, die durch Unrechtsurteile deutscher Wehrmachtgerichte ihr Leben verloren. Die Stiftung Denkmal für die ermordeten Juden Europas hat die Präsentation mit dem Titel „‚Was damals Recht war…’ – Soldaten und Zivilisten vor Gerichten der Wehrmacht“ konzipiert.

Die bundesweite Wanderausstellung – Köln ist nach Berlin die zweite Station – zeichnet erstmals ein umfassendes Bild der verbrecherischen Dimension der Wehrmachtgerichte im Zweiten Weltkrieg. Die sieben thematischen Bereiche mit den Titeln „Geschichte der Militärjustiz zwischen 1871 und 1939“, „Wehrmachtjustiz im Zweiten Weltkrieg“, „Fallgeschichten“, „Bilanz des Justizsystems“, „Auslegung der Rechtsnormen“, „Richter und Gerichtsherren“ sowie „Kampf um Rehabilitierung“ verdeutlichen die dramatischen Entwicklungen und das Ausmaß der Spruchpraxis deutscher Militärgerichte. Durch Porträts, Bilder und Texte, Filme und Hörstationen in einer begehbaren Ausstellungsarchitektur erhalten die Besucher Gelegenheit, sich mit Schicksalen von Verurteilten vor, während und nach dem Zweiten Weltkrieg auseinanderzusetzen.

Den zentralen Bereich der Schau bilden 15 exemplarische Fallgeschichten. Die Schicksale von Soldaten und Zivilisten, Männern und Frauen sind auf Stelen dokumentiert, die sich über die gesamte Präsentation verteilen. So konfrontieren sie den Besucher beim Durchlaufen der Ausstellung auf unterschiedlichen Pfaden immer wieder mit den Lebensläufen der Verurteilten. Die Auswahl der Fallgeschichten verschafft Einblick in die Spruchpraxis der NS-Militärjustiz, sie verdeutlicht auch die Verschärfung und die Willkür der Urteilssprechung. Nicht selten gab es für ein und dasselbe Delikt unterschiedlich drastische Urteile.

Die Ausstellung will ein komplexes Bild der NS-Militärjustiz skizzieren. Daher stellt sie auch die Handlungsspielräume und die sich verschiebende Rechtsauslegung der damals agierenden Richter anhand von fünf Beispielen dar. Darüber hinaus zeigt die Präsentation auch Grauzonen und Uneindeutigkeiten: Richter, die versuchten, die bestehenden Bestimmungen besonders hart oder besonders milde – also im Sinne der Angeklagten – auszulegen, Verurteilte, die zwar zu Opfern der Militärgerichtsbarkeit wurden, dem Nationalsozialismus allerdings zuvor nicht unbedingt ablehnend gegenüberstanden.

Über 30.000 Menschen – Deserteure, so genannte Wehrkraftzersetzer und Kriegsverräter – hat die NS-Militärjustiz zum Tode verurteilt. Nur rund 30 Prozent konnten der Vollstreckung entgehen. Bis vor fünf Jahren galten die Überlebenden dieser Unrechtsurteile als vorbestraft. Erst im Mai 2002, 57 Jahre nach dem Ende des Zweiten Weltkrieges, hob der Deutsche Bundestag die meisten Urteile auf. Für viele Verurteilte kam diese Rehabilitierung zu spät. Für die wenigen heute noch Lebenden soll die Wanderausstellung als eine Form der symbolischen Wiedergutmachung erlittenen Unrechts gelten.

NS-Dokumentationszentrum
Appellhofplatz 23-25
Köln-Innenstadt

[ag; Quelle: Stadt Köln]