Der Eingang zum NS-Dokumentationszentrum in Köln

Köln | Es ist eine Geste, aber eine wichtige. In der Zeit des Nationalsozialismus wurden sie nach Köln verschleppt und ausgebeutet. Die ehemaligen Zwangsarbeiter*innen in Köln und ihre Kinder, die in Köln geboren wurden. Heute müssen sie den Krieg in der Ukraine er- und durchleben. Im Verbund mit anderen Gedenkstätten unterstützt das Kölner NS-Dokumentationszentrum (NS-DOK) ehemalige heute in der Ukraine lebende ehemalige NS-Überlebende, die in Köln im Zweiten Weltkrieg Zwangsarbeit leisteten.

Die Kontakte bestehen durch das regelmäßige Besuchsprogramm, das zwischen 1989 und 2014 stattfand. 532 Menschen, die zur Zwangsarbeit nach Köln im Zweiten Weltkrieg nach Köln verschleppt wurden, besuchten Köln auf Einladung des NS-Dokumentationszentrums und der Projektgruppe „Messelager“. 170 Menschen stammten aus der Ukraine. Die Kontakte, die bei den Besuchen in Köln entstanden, erhielten sich über die Zeit. Schon ein Jahr nach der Annektion der Krim im Jahr 2015 starteten Unterstützungsaktionen die Zeit*zeuginnen in den annektierten Gebieten und der umkämpften Ostukraine.

Mit Beginn des russischen Angriffskrieges am 24. Februar wurden die Kontakte auf die gesamte Ukraine ausgedehnt und intensiviert. Dazu bildete sich ein „Hilfsnetzwerk für Überlebende der NS-Verfolgung in der Ukraine“ von 50 Institutionen und Organisationen. Es beteiligen sich Gedenkstätten, Erinnerungsorte, Stiftungen und Vereine sowie das Kölner NS-DOK.

Kölner kontaktieren Menschen aus dem Zeitzeug*innen-Programm

Die Kölner kontaktierten zunächst 20 Zeitzeuginnen. Angesprochen wurden die jüngsten Teilnehmerinnen des Zeitzeug*innen-Programms. Sie wurden mit ihren Eltern als Kinder nach Deutschland verschleppt oder waren in Köln geboren. Sie wurden per Mail angeschrieben, aber rund die Hälfte der 20 E-Mails kam zurück. Darunter waren auch E-Mails, die bis vor kurzem noch zu erreichen waren. Ergänzend wurde der telefonische Kontakt gesucht. Vor Ort in der Ukraine recherchierte eine Mitarbeiterin aus dem Hilfsnetzwerk Kontakte und war damit erfolgreich. Die Stadt Köln berichtet von emotionalen Gesprächen und Dankbarkeit, dass Köln die Menschen nicht vergessen habe. Acht Familien erhielten eine Unterstützung von 1.900 Euro aus Köln. Das Netzwerk, in dem das NS-DOK unterstützend mitwirkt, akquiriert Spendengelder, die treuhänderisch vom gemeinnützigen Verein „KONTAKTE-KONTAKTЫ“ verwaltet und an die Betroffenen und deren Angehörige ausgezahlt werden.

Hier half das Netzwerk

Grigorij Korsatschenko während seines Besuchs in Köln, Juni 2011. | Foto: NS-Dokumentationszentrum der Stadt Köln, N986-148

Es ist das Jahr 1943 im Dorf Suvyd in der Oblast Kiew. Die deutsche Wehrmacht eroberte große Teile der Sowjetunion und auch der Ukraine. Grigorij Michajlowitsch Korsatschenko, damals 11 Jahre jung, wird mit seiner Mutter und seinen vier Brüdern nach Köln verschleppt. Sie kommen in ein Lager der Deutschen Reichsbahn nach Köln-Nippes. Das Lager wird bei einem Fliegerangriff zerstört, die Familie wird in die Ehrenfelder Hornstraße umquartiert. Nach der Befreiung durch die amerikanische Armee 1945 kehrt Grigorij in die Ukraine nach Suvyd zurück, wo er heute noch lebt. Er erhielt 200 Euro aus dem Spendentopf. 2011 besucht er Köln auf Einladung des Besuchsprogrammes mit seinem Enkel.

Alla Demotschkos Mutter, die Zwangsarbeiterin Jewdokia Landar (sitzend) 1943 in Köln. | Foto: NS-Dokumentationszentrum der Stadt Köln, Bp 20642

200 Euro erhielt auch die Tochter von Jewdokia Afanasjewna Landar, die als 21-jährige nach Köln aus Jarochiwka in der Oblast Poltawa verschleppt wurde. Alla Nikolajewna Demotschko, ihre Tochter wurde am 3. Juli 1944 in der Kölner Frauenklinik geboren. Beide kehrten nach Ende des Zweiten Weltkriegs nach Köln zurück. Die Mutter schwieg lange über ihr Schicksal in Köln und erzählte ihre Schicksalsgeschichte ihrer Tochter erst im Erwachsenenalter. Alla Nikolajewna Demotschko lebt heute in Dikanka in der Oblast Poltawa. 2006 lud die Stadt Köln sie ein und sie besuchte ihre Geburtsstadt.

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