München | Im Prozess gegen Mitglieder der rechtsextremen Terrorgruppe Nationalsozialistischer Untergrund (NSU) ist die Hauptangeklagte Beate Z. zu einer lebenslangen Freiheitsstrafe verurteilt worden. Das geht aus dem Urteil des Oberlandesgerichts München hervor, welches nach fünf Jahren und insgesamt 438 Verhandlungstagen am Mittwoch gesprochen wurde. Z. wurde unter anderem des zehnfachen Mordes schuldig gesprochen.

Die Richter stellten zudem die besondere Schwere der Schuld fest. Insgesamt waren in dem Gerichtsverfahren fünf Personen angeklagt, an den Taten des NSU beteiligt gewesen zu sein, darunter neun Morde an Migranten, ein Polizistenmord, zwei Sprengstoffanschläge und 15 Raubüberfälle. Aufgrund des Todes der beiden mutmaßlichen ausführenden Täter im Jahr 2011 galt ihre frühere Begleiterin Beate Z. als prominenteste Angeklagte.

Sie musste sich wegen Mittäterschaft in zehn Mordfällen, besonders schwerer Brandstiftung und Gründung und Mitgliedschaft in einer terroristischen Vereinigung verantworten. Von den weiteren Angeklagten verurteilten die Richter Ralf W. zu einer Freiheitsstrafe von zehn Jahren und Carsten S. zu einer dreijährigen Jugendstrafe. Sie waren wegen Beihilfe zum Mord durch Beschaffung der Tatwaffe angeklagt.

André E. wurde wegen Unterstützung einer terroristischen Vereinigung zu zwei Jahren und sechs Monaten verurteilt, Holger G. zu einer Freiheitsstrafe von drei Jahren. Der Prozess war im Mai 2013 gestartet worden. Für viele Hinterbliebene ist der Fall mit dem Prozessende allerdings nicht vorbei.

Sie bemängeln, dass zu wenig aufgeklärt worden sei. Zudem hat das Bündnis „Kein Schlussstrich“ für Mittwoch zu bundesweiten Demonstrationen aufgerufen. Auch ein juristischer Schlussstrich ist mit dem Prozessende wohl noch nicht gezogen. Beobachter rechnen damit, dass zumindest einige Anwälte in Revision gehen werden. Dann müsste der Bundesgerichtshof (BGH) den Richterspruch überprüfen. Dies ist allerdings erst möglich, wenn das schriftliche Urteil vorliegt, was wohl erst im kommenden Jahr der Fall sein wird.

Verteidiger von Beate Z. kündigt nach NSU-Urteil Revision an

Nach der Verurteilung der Hauptangeklagten im Prozess gegen Mitglieder der rechtsextremen Terrorgruppe Nationalsozialistischer Untergrund (NSU), Beate Z., hat einer ihrer Verteidiger angekündigt, Revision einzulegen. Die Verurteilung wegen Mittäterschaft an den Morden und Raubstraftaten der mutmaßlichen ausführenden Täter sei „nicht tragfähig begründbar“, sagte der Anwalt am Mittwochmittag in einer Verhandlungspause. Damit müsste das Urteil des Oberlandesgerichts München vom Bundesgerichtshof überprüft werden.

Die Richter stellten zudem die besondere Schwere der Schuld fest. Bereits im Vorfeld gingen Beobachter davon aus, dass mit dem Prozessende kein juristischer Schlussstrich gezogen wird. Die Revision ist allerdings erst möglich, wenn das schriftliche Urteil vorliegt, was wohl erst im kommenden Jahr der Fall sein wird. Die Richter hatten Z. zuvor zu einer lebenslangen Freiheitsstrafe verurteilt. Die Entscheidung fiel am Mittwoch nach fünf Jahren Prozessdauer und insgesamt 438 Verhandlungstagen. Z. wurde unter anderem des zehnfachen Mordes schuldig gesprochen.

Türkische Gemeinde verlangt nach NSU-Urteil weitere Aufklärung

Die Türkische Gemeinde in Deutschland hat das Urteil gegen Mitglieder der rechtsextremen Terrorgruppe Nationalsozialistischer Untergrund (NSU) begrüßt, gleichzeitig aber weitere Aufklärung gefordert. „Angela Merkel und viele andere haben den Opfern eine lückenlose Aufklärung versprochen. Dieses Versprechen wurde gebrochen“, sagte der Vorsitzende der Türkischen Gemeinde in Deutschland, Gökay Sofuoglu, am Mittwoch.

Er kritisiert die Strategie der Bundesanwaltschaft. Diese habe sich „entgegen aller Erkenntnisse aus den parlamentarischen Untersuchungsausschüssen und den zahlreichen Recherchen auf die bloße Behauptung einer isolierten `Trio`–Einzeltäter -These versteift“. Mit dieser Strategie sei es der Bundesanwaltschaft wohl darum gegangen, „die ideologische und strukturelle Einbettung des NSU in ein organisiertes rechtes Netzwerk, das staatliche Mitverschulden und den institutionellen Rassismus in Sicherheitsbehörden zu verschweigen“, so Sofuoglu.

Autor: dts | Foto: Polizei Hamburg | aktualisiert
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