Zur Eröffnung der langen Museumsnacht im Römisch-Germanischen Museum ergriff Bürgermeisterin Angela Spitzig das Wort und verkündete: „Die Museen sind die Seele unserer Stadt“. Die Kölner Kulturlandschaft sei gar jenseits der Landesgrenzen bekannt und geschätzt: als Bürgermeisterin sei Spitzig häufig im Ausland unterwegs und habe dort den Eindruck gewonnen, dass Köln als eine der wichtigsten Kulturstädte Deutschlands wahrgenommen werde. „Ohne Kultur geht hier gar nichts“, pflichtete Marcus Trier, kommissarischer Direktor des Römisch-Germanischen Museums bei. Er freute sich über die Gelegenheit anlässlich der langen Museumsnacht neben dem meist älteren Publikum auch junge Besucher für sein Museum zu begeistern. Tatsächlich tummelten sich in Erwartung des Startschusses für die Lange Nacht überwiegend jüngere Museumsgänger vor den Toren des Römisch-Germanischen Museums. Darunter vermutlich auch solche, die sich den letzten Tag vor Ausstellungsende der „Ägyptischen Gärten“ nicht entgehen lassen wollten.


Gemütlich auf einem Sitzkissen auf’s Konzert warten

Mit Kölsch und Sitzkissen im Museum Ludwig
Auch vor dem nahegelegenen Ludwig Museum standen sich die Besucher vor der Eröffnung die Beine in den Bauch. Neben der aktuellen Picasso-Ausstellung „IchndIchundIch“ und Cosima von Bonins „Cut! Cut! Cut!“ –Schau durften sich die Gäste auf ein Konzert von der Kölner Singer-Songwriterin Mariama freuen, die schon zur Eröffnung der Langen Nacht eine Kostprobe zum Besten gab. Rasch füllte sich das weitläufige Foyer des Ludwig Museums und schaffte mit dem Ausschank von Kölsch und anderen Getränken eine ungezwungene Atmosphäre. Richtig gemütlich wurde es vor der Bühne, nachdem die Nachtschwärmer es sich auf dem Boden des Foyers bequem gemacht hatten, um den experimentellen Klavierklängen des Düsseldorfer Pianisten und Komponisten „Hauschka“ zu lauschen. Kunstbegeisterte genossen indes die kontemplative Atmosphäre in den weiten und hellen Räumen des Museums.

Betroffen, ergriffen, berührt
Ganz im Sinne Horaz‘, den die Bürgermeisterin zum Abschluss der Eröffnungsveranstaltung zitierte, zeigten die diesjährigen Veranstaltungen und Ausstellungen, dass Museen Bildungs- und Unterhaltungsorte zugleich sein können. Das NS-Dokumentationszentrum machte mit „Liebesgeschichten“ auf die Wandinschriften des Gestapo-Gefängnisses aufmerksam, die von Liebesbeziehungen zwischen Mann und Frau sowie zwischen Mutter und Kind zeugen. Die Besucher zeigten sich betroffen, ergriffen und gerührt angesichts solch wahrhaftiger Gefühlsbekundungen.
 
Museum Wallraf: Geschäftiges Blättern und Spekulieren
Ergriffenheit war auch den Gesichtern der „Panoptikum“-Besucher im Wallraf-Richartz-Museum abzulesen: die Vielfalt, aber auch die Flut an wertvollen Gemälden aus der Museumsschatzkammer sorgte für rege Diskussionen. Allerorts war das  geschäftige Blättern der Besucher im Informationsheft zu vernehmen, das Auskunft über die Gemälde gab. Viele Gäste blieben vor der Van Gogh Fälschung stehen und spekulierten über die Unterschiede zum Originalstil des Malers. In den oberen Räumen des Museums, umgeben von gemalten und malenden Helden aus über sieben Jahrhunderten, ließen sich Museumsgäste von acht Slampoeten zum Thema Heldentum unterhalten. Inspiriert und amüsiert klatschten die Fans den pfiffigen Poesieergüssen Beifall und lernten zudem ausgefallene Wortkombinationen wie „SchniPoPi“ kennen – die Kurfassung für eine Schnitzel-Pommes-Pils-Bestellung.


Wildes Tanzen beim Zeltinger-Konzert

Kölsch-Rock im Stadtmuseum
Ebenfalls für gute Stimmung sorgte im Kölnischen Stadtmuseum der Kölsch-Rocker „Zeltinger“: Die originelle Stimme des Bandfrontmanns und die mitreißenden Rocknummern verwandelten das Museum in eine Tanzfläche. Vor allem die jüngeren Fans grölten lauthals mit und schwangen kräftig das Tanzbein. Getanzt wurde gen Mitternacht auch im Museum Ludwig, als Bernadette la Hengst die Bühne einnahm. Mit ihren Elektropop-Kreationen zog die Sängerin die Museumsbesucher in ihren Bann. Diese fanden sich beeindruckt von den intelligenten und sozialkritischen Texten, die zum Mitsingen einluden. Mit ansteckenden Beats und viel Körpereinsatz brachte das sympathische Multitalent selbst einen älteren Gast zum Tanzen. Dieser zeigte sich so angetan, dass er Bernadette nach jedem gespielten Song mit einer Rose beehrte. Mit einem Prost bedankte sich die Sängerin bei ihrem Fan, der ihr und der Bühne bis zuletzt nicht von der Seite wich.


Bernadette La Hengst an der Gitarre

Osysseum: Experimente und Naturgesetze
Gebannt waren auch die Gäste des Odysseums, das in diesem Jahr zum ersten Mal an der langen Museumsnacht teilnahm. Die Plätze des Auditoriums waren anlässlich der WDR-Wissenssendung „Kopfball auf Tour" vollständig belegt: Trotz später Stunde machten vor allem die Kinder rege mit und spekulierten eifrig über die Gesetzmäßigkeiten der durchgeführten Experimenten. In einem spannenden Versuch mit zwei unterschiedlichen Kolben durften ein Erwachsener und ein Kind aus dem Publikum ihre Kräfte messen, indem sie die Flüssigkeit in ihrem Kolben in jenes des „Gegners“ drücken. Wider erwarten setzte sich der junge Kandidat gegen den Erwachsenen durch – und das ganz ohne Kraftaufwand. Das Publikum durfte anschließend darüber rätseln, welche Naturgesetze da am Werk gewesen sind.

Geheimnisvolle Stille im Praetorium
Die Museumsbesucher in der Archäologischen Zone/Praetorium waren nicht weniger beeindruckt: der ehemals größte römische Regierungssitz am Rhein mit seiner ehrfurchtauslösenden Atmosphäre ließ die Zuschauer angesichts einer Pantomime-Vorstellung die Luft anhalten: Anfänglich mit einem elektronischen Soundteppich unterlegt, wurde es inzwischen der Mauern des einstigen römischen Palastes plötzlich still: in einem farbenfrohem Gewand und mit der typischen „Pantomimeblässe“ im Gesicht brachte der in Köln lebende Pantomime Milan Sladek mit viel Körpereinsatz mythologische Geschichten zum Ausdruck. Das eigentümliche Schweigen und die ausschweifenden Bewegungen trugen zur Stille des Ortes und der Zuschauer bei, die beim Anblick der Künstler und der geheimnisvollen Atmosphäre nahezu erstarrt schienen.

 
So sah es gegen 02:00 Uhr vor dem Rautenstrauch-Museum aus

Ein Tango zum Abschluss
Zur ersten Stunde des Sonntagmorgens verwandelte der Tango-Experte Carsten Heveling das Foyer des Rautenstrauch-Joest-Museums in eine Tanzfläche. Mutige Paare ließen sich von Musik vom Rio de Plata bis hin zum Elektro-Tango mitreißen und begeisterten mit ihren leidenschaftlichen und kraftvollen  Tangoschritten eine Schar von Zuschauer. Andere ließen sich von den Kulturen der Welt mitreißen oder ruhten sich sitzend an die Museumswände gelehnt von den vielen Eindrücken der langen Museumsnacht aus. Der äußere Eingangsbereich des Museums trug der späten Stunde Rechnung: leere Flaschen und gefüllte Mülleimer zeugten von einem großen Besucherandrang.

Die nächste Lange Nacht der Kölner Museen findet am 3. November 2012 statt.

[Irina Loginov]