Köln | Es geht um das Otto-Langen-Quartier im Süden von Köln Mülheim. Ein Ort, der in zweifacher Hinsicht bedeutsam ist: Für die Geschichte der Stadt Köln und gesamte Menschheit sowie für die Zukunft der Stadtentwicklung. Im Otto-Langen-Quartier wurde der Ottomotor von Nicolaus August Otto erfunden. Er sorgte für den Megatrend Mobilität und heute um Debatten um die Zukunft einer Mobilität ohne Verbrenner und ihre klimaschädlichen Emissionen. Für die Zukunft der Stadtgesellschaft und Stadtentwicklung, weil es hier um die Weiterentwicklung der Stadt geht: gemeinwohl- oder rein profitorientiert. Der Bund Deutscher Architektinnen und Architekten e.V.
BDA Köln schrieb an die Verantwortlichen in der Kölner Kommunalpolitik.
Die Geschichte
An der Deutz-Mülheim liegt ein bedeutender historischer Ort für die Industrialisierung Kölns, aber auch für Deutschland und die Welt. Hier erfand Nicolaus August Otto den von ihm sogenannten „Otto’s Neuer Motor“, später als Ottomotor weltbekannt und weltweit genutzt. Nicolaus August Otto war Autodidakt und studierte nie an einer Hochschule. Otto lernte seine spätere Frau im Kölner Karneval kennen, und kam aus dem Taunus und Frankfurt am Main nach Köln. 1864 gründete er die erste Motorenfabrik der Welt zusammen mit dem Ingenieur Eugen Langen. Aus deren beiden Nachnahmen ergibt sich heute der Name des Stadtquartiers. Auf der Pariser Weltausstellung 1867 wurde deren Version eines Gasmotors zum ersten Mal der Öffentlichkeit vorgestellt. 1876 entwickelte Otto den Viertaktgasmotor, der durch Wilhelm Maybach und Gottlieb Daimler zur Serienreife entwickelt wurde. Dieser „Otto’s Neuer Motor“ erhielt 1877 das Deutsche Reichspatent DRP 532. Dieser Motor ist die Grundlage für den Bau von Verbrennungsmotoren bis heute. Am Kölner Rathausturm steht heute eine Figur, die Nicolaus August Otto darstellt. Diese Geschichte ist eng verknüpft mit dem Areal im Mülheimer Süden. Auf diese industriegeschichtliche Bedeutung verweist auch der BDA Köln in seinem offenen Brief. Denn noch gibt es historischen Gebäudebestand an der Deutz-Mülheimer Straße, wenngleich auch bereits viel abgeräumt wurde.
Die Stadtentwicklung
Was passiert mit dem historischen Bestand, was wird auf den Brachflächen entwickelt? Das Otto-Langen-Quartier liegt nördlich der Kölner Messe und im Süden Mülheims. Es ist nicht falsch von einem Filetgrundstück zu sprechen. Am 20. Juni 2024 beschloss der Stadtentwicklungsausschuss des Kölner Stadtrates die Grundstücke, die sich im Eigentum des Landes NRW über NRW Urban befinden nicht anzukaufen. Ein weiterer Teil des Geländes gehört der Stadt Köln. Mit dem Beschluss im Juni hob der Stadtentwicklungsausschuss einen Beschluss vom 1. Februar 2024 auf.
Jetzt wird es einen reinen Preiswettbewerb von kommerziellen Investoren geben, die das landeseigene Grundstück erwerben können. Danach soll, so entschied es der Stadtentwicklungsausschuss, ein Qualifizierungsverfahren durchgeführt werden. Durch die jetzt gefassten Beschlüsse wird das vom Rat beschlossene Ziel einer gemeinwohlorientierten Quartiersentwicklung konterkariert.
Stadtentwicklungsausschuss soll seinen Juni-Beschluss zurücknehmen
In dem offenen Brief, der der Redaktion von report-K vorliegt, formulieren die Architekt:innen eine Forderung: „Der Bund deutscher Architektinnen und Architekten, Gruppe Köln, fordert den Rat der Stadt Köln auf, den Beschluss des StEA vom 20.06.2024 zu revidieren, den Direkterwerb der Grundstücksflächen des Otto-Langen-Quartiers weiterzuverfolgen und die Verwaltung entsprechend anzuweisen.“
Seine Forderung begründet der BDA Köln damit, dass die Vergabe rein nach Preis der geltenden Vergabeordnung für Planungsleistungen widerspreche. Der BDA Köln trete zudem für eine Planungs- und Vergabekultur ein, die die beste planerische und bauliche Leistung favorisiere und nicht den Gewinn für das Land NRW maximiert. Das jetzt gewählte Verfahren, so befürchten es die Architekt:innen, begünstige taktische Konzepte, die nicht den Anspruch verfolgten die beste Lösung zu liefern, sondern auf die entscheidende Preisrunde optimiert sind.
Die Architekt:innen schreiben weiter: „Die Vergabe an einen einzigen Großinvestor setzt alles auf eine Karte. Die Stadt macht sich so erpressbar und läuft große Gefahr, in der Umsetzung weitere Qualitätsabstriche akzeptieren zu müssen, mit denen sich der Investor seinen Kaufpreisvorsprung zurückholt. Man denke nur an das Laurenz-Carré und die Versuche der Gerch-Group, den geförderten Wohnungsbau unter den Tisch fallen zu lassen.“
Direkterwerb möglich
Nach Einschätzung des BDA Köln ist ein Direkterwerb möglich. Da dort für kommunale Zwecke sozialer Wohnraum entwickelt und soziale und kulturelle Träger angesiedelt werden könnten. Die Architekt:innen beklagen: „Der dem StEA-Beschluss zugrundeliegende Schriftwechsel zwischen dem Beigeordneten Markus Greitemann und der Ministerin Ina Scharrenbach liest sich allerdings nicht so, als wäre er vom Willen getragen, hier die beste Lösung im Sinne einer gemeinwohlorientierten Entwicklung zu finden.“ Zudem müssten das von der Stadt Köln erworbene Areal und die landeseigenen Flächen zusammengedacht werden. Der BDA Köln erinnert daran, dass mit raum 13 eine Initiative in den Startlöchern stehe, den Raum kulturell weiterzuentwickeln.
Am Ende des offenen Briefes schreibt der BDA Köln: „Der BDA Köln fordert daher den Rat der Stadt Köln auf, die Bedingungen für einen Direkterwerb des landeseigenen Grundstücksareals zu erfüllen, d.h. eine Entwicklung des Areals in der Weise zu konzipieren, die den Direkterwerb durch die Stadt Köln möglich und umsetzbar macht. So können die vielfältigen Chancen einer gemeinwohlorientierten, kooperativen Baulandentwicklung genutzt werden. Der öffentliche Grundbesitz kann dauerhaft dem Marktgeschehen entzogen bleiben, und ein kleinteiliges, gemischtes Quartier mit dem Instrument des Erbbaurechts wäre möglich. Köln braucht dringend eine nachhaltige kommunale Bodenpolitik zur aktiven Daseinsvorsorge!“