Köln | aktualisiert 15:51 Uhr | Mit der Kamera ins Internet, aktiongeladene Schnappschüsse beim Windsurfen und skurrile Kunsteffekte per Farbfilter: Nach einem jahrelangen Rennen um die meisten Pixel und die beste Auflösung setzt die Fotobranche nun auf jede Menge Servicefunktionen – und will gleichzeitig neue Zielgruppen erobern. Rund 1.160 Unternehmen zeigen auf der weltweit größten Fotomesse Photokina in Köln vom 18. bis 23. September ihre neuesten Trends zu Digitalkameras, Smartphones, Camcorders, Zubehör und Drucken.

„Wir haben heute eine Produkt- und Angebotsvielfalt, die wohl keine andere Branche in diesem Maße zu bieten hat“, sagt der Geschäftsführer des Photoindustrie-Verbandes, Christian Müller-Rieker. Allein im vergangenen Jahr wurden in Deutschland 34 Millionen Geräte verkauft. Besonders der schnelle Zugang ins Internet ist wichtig. Deshalb gibt es immer häufiger Apparate mit WLAN-Funktion. So sollen Fotos und Videos ohne Zwischenschritt und mit nur wenigen Klicks in sozialen Netzwerken wie Facebook oder auf Youtube landen oder per E-Mail aus dem Urlaub verschickt werden. Andernfalls soll das Smartphone als Unterstützung einspringen. „Smartphones, die neuen multimedialen Alleskönner, werden zum vielseitig nutzbaren Kamera-Zubehör“, prognostiziert die Fotoindustrie.

Mit bestimmten Programmen lassen sich aus mobilen Endgeräten wie Smartphones und Tablet-PCs Fernbedienungen für den Fotoapparat machen. Auch als externe Monitore können Smartphones dienen und einen Film live übertragen. Im Internet lassen sich weitere Programme herunterladen, die verwackelte oder misslungene Aufnahmen im Nachhinein verschönern oder schon vorher verhindern sollen.

Smartphone als „Immer-dabei-Kamera“

Das Smartphone als „Immer-dabei-Kamera“ soll nicht als Konkurrenz zur Digitalkamera dastehen. „Wir sehen sie als Bereicherung und nicht, wie vielfach zu lesen ist, als Bedrohung“, sagt Müller-Rieker. Aktuell gebe es etwa 18.000 Foto- und Video-Programme für Smartphones – Tendenz steigend. Auch Video und Foto verschmelzen zu einer Einheit. Mit fast allen Geräten seien inzwischen hochwertige Filmaufnahmen möglich. Dazu habe man bei der Tonqualität nachgelegt, Anschlüsse für Mikrofone und Kopfhörer seien dazugekommen. Erstmals sei der Bereich Filmen mit Fotokameras als eigener Bereich auf der Messe vertreten, sagt der Chef der Koelnmesse, Gerald Böse.

Für Extremsportler, die keinen Profifotografen engagieren möchten, hält die Industrie sogenannte Action-Cams bereit. Die Geräte sind robuster gebaut. Leichte Stöße, Staub, Schmutz und Wasserspritzer perlen am Gehäuse ab. Die Kameras lassen sich etwa an einem Motorrad montieren und liefern so vollautomatisch Bilder während der Fahrt. Rund 150.000 dieser Geräte sollen in diesem Jahr verkauft werden, sagt Müller-Rieker. Das wären 400 Prozent mehr als im Vorjahr.

Eine Richtung ist klar: Alles soll einfacher werden. Die Handhabung soll auch für Rentner und technikunerfahrene Hobbyfotografen im Handumdrehen erlernbar sein. Kabelsalat war gestern: Zur Übertragung der Bilder auf den Computer sind in vielfachen Ausführungen keine Verbindungskabel mehr nötig. Stattdessen lassen sich die Kameras automatisch mit dem PC verbinden.

Lichtstarke Spezialobjektive

Aber auch die Technik beim Fotografieren hat sich verbessert. Zur Standardausstattung gehört laut Photokina inzwischen die Aktivierung der Kamera und des Autofokus durch den Blick in den Sucher. Sobald das Auge an die Kamera gedrückt werde, schalteten zahlreiche Kameras den elektronischen Sucher an. Lichtstarke Spezialobjektive, Motorsteuerungen für einen gleichmäßigen Zoom und Stativköpfe für weiche Schwenks beim Filmen sollen aus Amateuren Profis machen.

Der Gegensatz zur kompakten Action-Cam ist die Kamera als Modeaccessoire. Sie soll nicht nur schöne Bilder machen, sondern auch selbst schön aussehen. Neben der Farbe lässt sich bei manchen Produkten auch ein lederartiger Stoff oder hochwertiges Metall dazu buchen. In Zeiten der Digitalfotografie wird der Fotoausdruck laut Industrie immer seltener und zu etwas Besonderem. Das Bild der Zukunft hängt nicht mehr an der Wand. Stattdessen finden sich ausgewählte Motive verstreut in der Wohnung – von der Bettwäsche und dem Duschvorhang über die Tischplatte und dem Raumtrenner bis zum Sitzhocker.

Neue Möglichkeiten schafft auch die Bildverfremdung. Mit digitalen Effektfiltern lassen sich Aufnahmen künstlerisch verändern. So werden etwa alle bunten in graue Farben geändert, bis auf eine. Ein Pop-Gemälde entsteht.

Infobox
Photokina
18. bis 23. September 2012
Koelnmesse
Messeplatz 1, 50679 Köln
Öffnungszeiten: Täglich von 10 bis 18 Uhr

Eintritt:
Tageskarte: im Internet-Vorverkauf 29 Euro, Tageskasse 45 Euro
Ermäßigte Tageskarte: im Internet-Vorverkauf 12 Euro, Tageskasse 14 Euro

Autor: Fabian Wahl/ dapd
Foto: photokina 2011