Köln | Menschen mit Fluchterfahrung werden in der öffentlichen Diskussion häufig ausschließlich unter dem Sammelbegriff „Flüchtlinge“ gesehen. Dabei wird oft die Individualität und die Lebenslagen nicht direkt wahrgenommen. Im Rahmen der heutigen Fachtagung im historischen Rathaus, stehen Personen mit und in ihrer besonderen Lebenslagen im Mittelpunkt. Sieben Workshops sollen insgesamt 35 Handlungsempfehlungen verschiedener Verbände, Organisationen und der Stadt adressieren. Um 9 Uhr begrüßte Oberbürgermeisterin Henriette Reker die Gäste in der Piazzetta des Historischen Rathauses.

Im Rahmen der heutigen Fachtagung unter dem Titel „Geflüchtete mit besonderem Schutzbedarf“ konzentrieren sich Initiatoren vor allem um die Menschen die unter einem besonderen Schutzbedarf stehen. Das sind vor allem Kinder – begleitet und unbegleitet –, allein Erziehende, Schwangere, Menschen mit Handicaps, Menschen die Gewalt erlebt haben, Schwulen, Lesben oder auch Transsexuelle.

In Köln leben derzeit mehr als 13.000 geflüchtete Menschen. Einige von ihnen noch in Turnhallen oder anderen provisorischen Unterkünften. Eine bedarfsgerechte Versorgung ist ebenso wichtig wie eine gute Begleitung und Betreuung, sagt Dr. Harald Rau, Beigeordneter für Soziales, Integration und Umwelt der Stadt Köln. „Bei der heutigen Fachtagung steht an oberster Stelle der Begriff ‚Diversity‘, denn Menschen die zu uns fliehen sind vielfältig. Es ist wichtig die Besonderheiten zu erkennen und nun entsprechende Maßnahmen zu treffen“, erklärt Rau.

Die heutige Tagung ist eine Kooperationsveranstaltung der Stadt Köln mit dem Runden Tisch und verfolgt versuche nicht nur zu informieren aber vor allem auch drei Fragen zu beantworten, so Hans-Jürgen Oster, Flüchtlingskoordinator: Welche Gruppen sind betroffen? Welcher Schutzbedarf ist notwendig? Und wie adäquat ist die Deckung?

Volker Maria Hügel,Gemeinnützige Gesellschaft zur Unterstützung Asylsuchender e.V., GGUA Münster informiert die Teilnehmer über dieEU-Aufnahmerichtlinie und Standards für schutzbedürftige Menschen mit besonderem Schutzbedarf. Ihm sei es besonders wichtig, dass Kinder, egal ob begleitet oder unbegleitet kommen, beachtet werden. „Gerade bei den Kindern fehlen die Perspektiven“, so Hügel.

Sven Veigel-Sternberger, Behandlungszentrum für Folteropfer e.V. im Zentrum Überleben, Zentrum für Flüchtlingshilfen und Migrationsdienste, stellt das Berliner Netzwerk für besonders schutzbedürftige Flüchtlinge vor. Ihr Ziel sei es zunächst zu Ermitteln wo Bedarf vorhanden ist, dann aktiv zu werden und Bedürfnisse festzustellen und anschließend Leistungen von Land und Bund bewilligen lassen.

Appell an Land und Bund

Die fehlenden Perspektiven und Möglichkeiten sollen vor allem daran liegen, dass Land und Bund nicht Zusammenarbeit, kritisiert Hügel.„Wer die Musik bestellt muss sie auch bezahlen.“, lautete sein Worte an Land und Bund.

„Wir, die Kommunen, also die Stadt Köln, stehen ganz am Ende der Entscheidungskette. Wir fühlen uns zum Teil von Land und dem Bund in Stich gelassen“, erklärt der Sozialdezernent.

Auch Volker Maria Hügel, Gemeinnützige Gesellschaft zur Unterstützung Asylsuchender e.V. ist besorgt: „Es handelt sich hier nicht um eine graue Masse, die Menschen sind sehr unterschiedlich und haben verschiedene Bedürfnisse. Unsere Aufgabe ist es die Mindeststandards festzulegen, aber nun muss ein einer Stelle auch was vom Land und Bund kommen“.

Aktuelle Situation

In Köln leben derzeit mehr als 13.000 geflüchtete Menschen. Rund 60 würden wöchentlich dazu kommen. Da aber auch rund 60 Menschen sich dazu entscheiden Köln wieder zu verlassen, würde sich die Anzahl relativ Konstant halten, so Rau und Oster.

„Wir wollen bei den Geflüchteten Menschen eine bessere Differenzierung haben, damit wir sowohl den besonderen Schutzbedarf als auch die Kosten genauer beziffern können. Und genau daran arbeiten wir derzeit“, so Rau abschließend.Eine bedarfsgerechte Versorgung sei ebenso wichtig wie eine gute Begleitung und Betreuung.

Autor: Irem Barlin