Köln | Ausgewählte Locations in Ehrenfeld zeigen 25 spannende und vor allem innovative Projekte an der Grenze zwischen Kunst und Gaming. Kurator Lukas Höh beschreibt seine Auswahl so: „Auf der linken Seite haben wir die elektronische Kunst und auf der anderen Seite das Gaming, alles was zwischen diesen beiden Extremen liegt ist interessant für Platine und wird von uns gezeigt.“ Seit Montag findet in Ehrenfeld das „Platine“-Festival für Elektronische Kunst und alternative Spielformen statt.

In der DQE-Halle steht Achim Kern vor einer dunklen Säule. Vor ihm ein riesiges Gemälde mit einer abstrahierten Form einer utopischen urbanen Landschaft, die wie ein Eisberg auf einer schwarzen Fläche zu schweben scheint. Gemalt von Marc C. Woehr, Maler aus Stuttgart. Der eine malt analog, klassisch, beide gemeinsam finden die Form, bei diesem ungewöhnlichen Künstlerteam. Bei jedem Projekt wird das Original neu gemalt um damit ein Unikat zu schaffen. Achim Kern programmiert auf die gemeinsam gefundene Form, digitale Strukturen, die das Publikum spielerisch variieren kann. Das Projekt trägt den Titel „The City never sleeps – augmentiertes Gemälde“. Kern beschreibt die Faszination von der Verwebung des Analogen mit dem Digitalen: „Wenn man normalerweise den Beamer ausmacht gibt es kein Bild mehr, bei uns ist das anders und umgekehrt erweckt der Beamer das unbewegte analoge Bild zum Leben“.

Im Art-Theater steht das Spiel im Vordergrund. Auf dem „Galaxy Table“ kann man mit drei Elementen Raumschiffe ins Ziel lenken. Es ist ein schwarzer Tisch auf den die „Raumschiffe“ mit einem Beamer projeziert werden. Die Elemente lenken die projezierten Raumschiffe, gesteuert von einer Kamera, die ebenfalls über dem Tisch hängt und die Interaktion des Users erkennt, um. Das Schöne an dem Spiel, das durch seine auffällige Gestaltung sehr durchdesigned ist, dass man gemeinsam mit anderen Menschen spielen kann. Jochen Görtler, Michael Bechtel und Alexander Müller zeichnen dafür verantwortlich. Dem Bürgermeister von Ehrenfeld Josef Wirges imponierte die digitale Datenschrottdeponie am Eingang des Art Theaters. Dort sammelte das Kölner Kollektiv Klangfiguren mit einer Webcam Zufallsbilder aus dem Raum und die Signale digitaler Geräte wie Mobiltelefone oder Smartphones und stellt die digitalen Signale in einen künstlerischen Kontext. Jedes Mal, wenn ein Mensch mit einem neuen Gerät den Raum betritt änderte sich die digitale Skultpur. „Clutar 1.0 – Digitaler Müllberg“ heißt die Installation.

Neben einer Schreinerei, der Plattforms Gallery und dem Zoo – Der Schänke  ist auch der Club Bahnhof Ehrenfeld Mittelpunkt des Platine-Festivals. Dort beeindruckt neben der 3D-Skulptur „Flash“ von Guerreiro, die digital animiert ist, vor allem „Monkey Business“. Ein Affe tanzt nach den Vorgaben, die ihm ein Mensch vortanzt. Nur irgendwann dreht sich das Spiel um und der Affe lässt den Menschen tanzen. Eine beeindruckende künstlerische und spielerische Installation. Kurator Höh empfiehlt im Club Bahnhof Ehrenfeld auch die Dokumentation aus Utrecht von der dortigen Utrecht School of the Arts, die einem blinden Jungen durch Audiosignale spielerisch zu neuer Lebensqualität verhilft. Der Filmbeitrag „Games for Health“ versucht die gesundheitlichen Aspekte von Computerspielen zu beleuchten und aufzuzeigen welche Chancen in Wii, Kinect und anderen stecken bei bestimmten Krankheitsbildern für Linderung oder Heilung zu sorgen.  Durch die Fortschreibung der Technik vor allem im Bereich der Kameras, wie Kinect, und die Möglichkeit auf Technik etwa aus der X-Box zurückzugreifen eröffnen sich für Game-Entwickler und elektronische Künstler neue Möglichkeiten der Interaktion mit ihrem Publikum, so Höh.

Das „Platine“-Festival wird von der Agentur 37 Grad organisiert. Deren Geschäftsführer Stephan Ullmann beschreibt die Motivation der Agentur das Festival ehrenamtlich zu gestalten, damit, dass man bei „Platine“ so arbeiten kann, wie man selber möchte. Dazu komme, dass digitales Spielen oft negativ besetzt sei und man mit „Platine“ zeige dass die Möglichkeiten von elektronischer Kunst und Gaming viel breiter seien. Das Festival zeigt auf, dass digitales Spielen nicht nur für Nerds und Einzelspieler gemacht ist, sondern auch mehrdimensional gemeinsam gespielt werden kann und entführt die Kunst auf eine neue Ebene. Auf der „Platine“ wird spürbar, das Kunst mehr wird, als die bloße Rezeption des Konsumenten vor dem mehr oder minder genialen Werk eines Einzelnen oder Kollektivs. Der Rezipient wird Teil des Schaffensprozesses, organisiert für sich selbst durch sein Eingreifen ein Unikat des Augenblicks und erweitert damit den bislang statischen Kunstbegriff. Der Künstler oder die Künstlergruppe gibt dabei immer noch den Rahmen vor in dem Kunst passiert. Die Künstler auf dem „Platine“-Festival erweitern den Kunstbegriff.

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Platine-Elektronische Kunst und alternative Spielformen
13.-16. August 2012
www.platine-cologne.de

Autor: ag
Foto: Achim Kern zeigt uns das gemeinsam mit Marc C. Woehr entstandene analog, digitale Gemälde „The City never sleeps“ – ein auugmentiertes Gemälde