Köln | Die „Zielgruppe“ verpunkrockt „Bei uns im Veedel“ und „Mer losse der Dom in Kölle“ und macht damit klar bei „Rat Reloaded“ im Klüngelpütz wirft man einen etwas anderen Blick auf Köln , den Kölner Stadtrat und das „Köln ist ein Geföhl“-Gefühl. Frank Überall und Marina Barth räumen nicht nur kräftig mit Verstand mit den kölschen Legenden, wie der heiligen Ursula auf, sondern filettieren die aktuelle kölsche Stadtratspolitik, ihre Sprache, Phrasen und führen den Begriff der „kölschen Dialektik“ ein. In einer Talkrunde stellten sich Ratspolitiker den Fragen.

Frank Überall, Journalist, Autor und Professor, kommt mit einem dicken Packen Ratsunterlagen auf die Bühne des kleinen Klüngelpütz-Theaters in der Gertrudenstraße, erklärt mit einigen wenigen launigen Worten das Procedere einer Kölner Ratssitzung, für alle die, die noch nie einer solchen beiwohnten. Überall analysiert gekonnt die „Kölsche Dialektik“ mit der die Ratsmitglieder ihre Argumente vortragen und kommentierte bissig die Bilder, die die Redner zur Unterstützung dieser verwenden. Besonders gelingen die Passagen in Überalls Vortrag in denen er aus dem Ratsprotokoll zitiert und durch Auslassungen bei den Zwischentexten den Kern der Dialoge neu formt. Eine Steilvorlage für das Kabarett war natürlich die aktuelle Stunde zur verkehrlichen Situation rund um den „Verkehrsknoten“ Köln. Da rechnet Überall vor, zu wie viel Erdumrundungen die Stauphantasien einzelner Politiker reichen, oder erklärt was das Wort „Kostendeckel“ in der Kölner Politik meint.

Sein Konterpart ist Marina Barth, die sich dem gesellschaftlichen Leben Kölns und seiner einzigartigen Legendenbildung und kölschen Glaubensseligkeit heute wie damals widmet. Der Kölner glaube, dass BAP eine Rockband sei, Tommy Engel gut aussehe und das Köln schon immer uneinnehmbar gewesen sei, weil man den Franzosen in der Aachener Straße den Stadtschlüssel übergeben habe und diese in der Glockengasse an die Hauswand „4711“ gepinselt hätten. Bei dieser Nummer bekommen alle ihr Fett weg, Festkomitee, der 1. FC Köln oder die Wirtschaftsbotschafter Höhner. Beim Bauen hätte man am Rhein die Ruhe weg und man erwarte die Fertigstellung der U-Bahn im Jahr 2613. Zudem erzählten Kölner eine Geschichte so lange bis sie stimme, resümierte Marina Barth.

„Rat Reloaded“ lädt sich immer für die zweite Runde einen Politiker ein. Dieses Mal waren es viele der im Rat vertretenen Parteien, Barbara Moritz, Grüne, Stefan Götz, CDU, Martin Börschel, SPD, Ulrich Breite, FDP und Jörg Detjen von der Linken. Wunderbar eingeleitet wurde das Gespräch durch eine Fragerunde, bei der die Politiker nur mit ja, nein oder Enthaltung antworten konnten. Dieses fiel auch den Anwesenden äußerst schwer und nur bei wenigen Ausnahmen gelang es. Themen waren unter anderem die Aufreger, wie etwa die „Saunahütte“, also die U-Bahnstation auf dem Alter Markt, die Tunnellösung an der Rheinuferstraße, das jüdische Museum, der Kölner Karneval, der Fraktionszwang, aber auch warum öffentliche Bauprojekte finanziell immer aus dem Ruder laufen und viele mehr. Die „Rat Reloaded“-Sitzung war übrigens bis auf den letzten Platz ausverkauft.

Der nächste „Rat reloaded“ im Klüngelpütz-Theater
Freitag, 12.04.13
Frank Überall, Marina Barth & die Zielgruppe „Rat reloaded“
ab 20:30 Uhr
Gertrudenstraße 24 in der Kölner Innenstadt

Autor: ag
Foto: Frank Überall mit den Ratsunterlagen einer Sitzung bei „Rat Reloaded“