Die Lyskircher Hellige Knäächte un Mägde auf dem Präsentationsabend des Klub Kölner Karnevalisten im Hotel Maritim am 15. Oktober 2022.

Köln | Über 1.000 Menschen folgten dem Ruf des Klub Kölner Karnevalisten (KKK) ins Hotel Maritim. Präsentationsabend nach zwei Corona-Jahren und Abstinenz. Das erste Fazit: Der KKK hat es nicht verlernt, live glamourös zu präsentieren. Wenngleich Backstage die Anspannung zu spüren war. Auffällig: Die mediale Ignoranz.

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Der Zusammenschnitt und Ausschnitte aus dem Präsentationsabend des Klub Kölner Karnevalisten 2022

Vorstellabende oder Präsentationsabende galten einmal als erste mediale Highlights im Kölner Karnevalsrhythmus. Sie waren die ersten Tests für Musiker:innen und Redner:innen wie Medien und Publikum reagierten auf die zuerst hier vorgestellten neuen Stücke. Bei den Redner:innen ist das ja immer noch so, bei den Musiker:innen und Bands hat sich dieser Teil in die sozialen Medien verschoben. Und heute: Der Medientisch leer bis auf ein zwei Fotograf:innen und einen älteren Kollegen einer Lokalzeitung. Nun gibt es zwei mögliche Erklärungen: Bei den Medien stößt das Thema nicht mehr auf Interesse oder es fehlt ihnen schlicht an Kompetenz, weil Reporter:innen einfach in Rente gingen und in diesem Fach keine Kompetenz aufgebaut und Wissen weitergegeben wurde.

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Ja, Präsentationsabende haben sicherlich eine exklusive Funktion verloren: Sie präsentieren heute keine Neuigkeit mehr. Es gibt ein Aber: Die Neuigkeit, das erste Feeling für einen neuen Karnevalssong bekommen Medien, Fans und Publikum über die sozialen Medien. Und klar anhand von Likes oder Kommentaren kann ein erstes Bild über Erfolg oder Misserfolg sichtbar werden. Dies muss aber nicht unbedingt stimmen, denn Social Media Hypes werden von Blasen getrieben und bilden sicherlich nicht die gesamte Bandbreite ab.

Karneval ist zudem kein Social Media Geschäft. Natürlich nutzt der Karneval die sozialen Netzwerke für Promotion, Werbung und Marketing. Dafür sind sie auch da. Kölner Karneval ist ein analoges Geschäft und hier entscheidet sich, Erfolg oder Misserfolg. Das scheint bei den Kölner Medien in Vergessenheit zu geraten. Im Saal muss es klappen, nicht auf Mark Zuckerbergs digitaler Kommerzplattform. Und diese analoge Welt, das Wechselspiel von Lampenfieber, Bühne und Saal zeigt nur und ausschließlich der Präsentationsabend. Das Wechselspiel ist komplex: Wie kommt der Song, die Rede an. Wo müssen Musiker:innen und Redner:innen noch an ihren Auftritten feilen. Welche Auftritte schaffen es das Publikum von den Stühlen zu reißen und Standing Ovations auszulösen?  Diese Erkenntnis bekommen weder Redner:innen, Musiker:innen, Programmgestalter:innen noch Medienleute durch die sozialen Netzwerke. Die gibt es nur auf den großen Probebühnen des Kölschen Fasteleer und das sind die Präsentations- und Vorstellabende der Künstlervereinigungen. Denn Kölner Karneval wird analog dargeboten, lebt vom Live-Event und -Show und die muss sitzen und überzeugen.

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Der KKK verspricht und liefert Glamour

Im Backstage-Gespräch betont Robert Greven wie wichtig ihm und den KKK es sei, am Ende des Abends Menschen mit einem Lächeln den Saal verlassen zu sehen. Greven ist Profi und weiß wie Event, Show und Glamour zu inszenieren sind. Und das von der ersten Minute an. Schon das Vorspiel zeigt das große Bild: Die Lyskircher Hellige Knäächte un Mägde feuern das Publikum mit ihren Tänzen an, bevor Norbert Conrads das Publikum schon im Vorprogramm zum Schmelzen brachte. Das große Bild, denn alle Tanzgruppen des KKK bauten sich in Teilen hinter Conrads auf: Die Lyskircher Hellige Knäächte un Mägde, die Fauth Dance Company, die Luftflotte oder die Zunftmüüs. Da war im Vorprogramm schon Finale-Show.

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Annegret vom Wochenmarkt überzeugte mit einem Parforceritt durch Kommunales bis Berlin, politisch und persönlich witzig bis zu Herbert als erste Rednerin. Ihre Rede Kölsch und deftig. Sie etabliert sich ein wenig in der Nachfolge des Kölschen Schutzmanns Jupp Menth, wenn auch weniger polternd. Die Rede ausgefeilter.

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Steve Alan bot gleich ganz große Show mit Glitzer, Glamour, Bühnennebel und maximaler Dynamik. Sein Song „Magdalena“ kam gut im Publikum an. Der heizt auch mit seiner Trommelshow einen Saal auf Betriebstemperatur. Kölsch wurde es mit dem Dellbröcker Boore Schnäuzer Ballett, den rechtsrheinischen Paraplü-Garanten. Witzig undiszipliniert und Kölsch wie eh und je. Das Päd übernahm die Rolle des Tanzoffiziers, denn der war krank. Kölner Karneval aus der Mitte von Dellbrück ins jecke Herz von Köln. Die Herren haben das Werfen des Tanzbeines in zwei Corona-Jahren nicht verlernt und bekommen es genauso hoch wie eh und je.

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Torben Klein plus zwei Screens füllten die Bühne des Maritim-Hotels. Der Sänger begann mit „Dat is Heimat“ und Teile des Saals hakten unter, schunkelten und sangen sofort mit. Der Song ein Hit und wer ihn singt, Klein oder die Räuber, scheint dem Publikum egal. Aber Klein und die Räuber gehen unterschiedliche musikalische Wege und dies wird nun deutlicher und prägnanter. „Katharina“ von Klein ist ein Song mit einer schönen Story, die Klein auf der Bühne noch ein wenig kompakter erzählen könnte. Er spielt mit der Sehnsucht nach der besonderen Liebe und verfügt über viel Mitnahmepotenzial, denn selbst ohne den Refraintext zu kennen, kann das Publikum einsteigen. Ein Kunstgriff durch Lautmalerei, wie sie heute zum Standardrepertoire gehört, das Klein minutiös beherrscht. Beim KKK allerdings zeigte sich Klein noch von einer anderen Seite – fast sanft – als Interpret von Ostermann-Liedern. Damit setzt Klein einen gelungenen und überraschenden Kontrapunkt. 

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Die Boore sind die klassische Partyband und spätestens bei „Rut in die Ruse“ ist es um ein kölsches Publikum geschehen und alle Äuglein werden leicht feuchter und das bei allen im Saal. Ein Teil des Saales dankte es den Boore mit Standing Ovations. Der „Een on der Anne“ zeigen die bekannte Show mit Männerbeinen und führen ein Zwiegespräch, das bei einem Teil des Publikums die Lachmuskeln trainiert und bei einem anderen Teil diese nicht bewegen kann. Hier sind die Geschmäcker dann doch verschiedener, aber diesen Spagat gilt es für alle Redner:innen auszuhalten.

Markus Rey, die Jeckstreetboys, die für die an Corona erkrankte Gruppe Palaver ins Programm rutschten, die Fauth Dance Company, KEV, die Luftflotte, Harry und Achim, JP Weber, die Swinging Funfares, die Dräcksäck und die Zunft Müüss präsentierten sich ebenfalls an diesem KKK-Abend im Maritim.*

Insgesamt bleibt festzuhalten, der KKK zeigt sich von seiner glamourösen Seite und diese des Kölner Karnevals. Die Verantwortlichen und Interpreten wissen sich und den Karneval zu inszenieren. Damit begründen sie – auch begünstigt durch die Kulisse des Saals – die Poleposition des Kölner Karnevals insgesamt in der Region. Auch dafür sind Präsentationsabende wichtig.

*Hinweis der Redaktion: Diese Gruppen, Redner:innen und Musiker:innen sah die Redaktion nicht, daher gibt es zu diesen keine Einzelkritiken.