Düsseldorf | Frischen Wind wollten die Piraten in die politische Landschaft bringen. Nach einem regelrechten Sturm und dem Einzug in gleich vier Landesparlamente, weht mittlerweile nur noch ein laues Lüftchen. In Umfragen ist die Partei dramatisch abgestürzt und der für diesen Herbst so sicher gelaubte Einzug in den Bundestag rückt immer weiter in die Ferne. Erst am Wochenende scheiterten die Piraten bei der Niedersachsen-Wahl mehr als deutlich an der Fünf-Prozent-Hürde. Ist das Projekt „Klarmachen zum Ändern“ schon wieder gestorben, bevor es mit Leben gefüllt werden konnte?

Noch im Mai letzten Jahres gelang den Polit-Neulingen ihr Gesellenstück. Nach den Erfolgen in der Hauptstadt Berlin, dem kleinen Saarland und dem dünn besiedelten Schleswig-Holstein schafften die Piraten im bevölkerungsreichsten Bundesland NRW den Einzug ins Parlament. Von der anfänglichen Euphorie ist allerdings wenig übrig geblieben. Statt der erzielten 7,9 Prozent liegen die Piraten mittlerweile nur noch bei vier Punkten. Als Begründung wird immer wieder angeführt, dass sich die Fraktion erst noch einarbeiten müsse. Mehr als acht Monate nach der Wahl ist der Welpenschutz aber aufgebraucht.

Tatsächlich sorgten die Piraten in den vergangenen Monaten für einige negative Schlagzeilen. Da gab es die anzüglichen Nachrichten einer Abgeordneten über Twitter und die als Verharmlosung des Holocausts empfundenen Äußerungen eines anderen Parlamentariers. Obendrein zoffte sich auch noch der Bundesvorstand der Partei. Mit inhaltlichen Impulsen hoben sich die Piraten nur selten hervor.

Härtere Gangart

Der nordrhein-westfälische Piratenchef Sven Sladek will die Streitereien hinter sich lassen. „Ich hoffe mal, dass wir das jetzt beilegen können und mehr unsere Themen in den Vordergrund bringen“, gibt er sich optimistisch. Zum Wohle der Partei will er sogar den Ton verschärfen. „Ich ziehe daraus meine Lehren und werde da mit Sicherheit vielleicht auch ein bisschen härter durchgreifen, wenn wieder solche Lagerkämpfe aufflackern“, sagt er. Ständige Appelle an die Vernunft reichten offensichtlich nicht immer aus.

Unruhestifter sollen stattdessen mit der Androhung von Ordnungsmaßnahmen zur Räson gebracht werden. Von einer Rüge bis zum Parteiausschluss bietet die Satzung der Piraten die volle Bandbreite. Wie die so sehr auf flache Hierarchien und basisdemokratische Entscheidung bedachten Parteimitglieder auf den Vorstoß reagieren, wird sich zeigen.

Wie schwer allerdings ein solch strengerer Umgang durchzusetzen ist, zeigt ein aktuelles Beispiel der Kölner Piraten. Dort ist der NRW-Abgeordnete Daniel Schwerd vom Amt des Kreisvorsitzenden zurückgetreten. Der Grund: Einem Antrag, in dem man sich von einem Parteimitglied wegen Holocaust-relativierenden Aussagen distanzierte, verweigerte ein Drittel die Zustimmung. In einer Stellungnahme spricht Schwerd vom „emotionalen Tiefpunkt“ seiner Mitgliedschaft bei den Piraten.

Alle Aufmerksamkeit auf Bundestagswahl

Ihren Blick richten die Piraten nun auf die Bundestagswahl im Herbst. Dort entscheidet sich, wie die Zukunft für die Partei aussehen wird. Am Wochenende treffen sich die nordrhein-westfälischen Piraten zum Parteitag, um ihre Landesliste für die Wahl zusammenzustellen. Auf die heiß begehrten Plätze bewerben sich mehr als 80 Mitglieder.

Landeschef Sladek, der ebenfalls zum Kreis der Bewerber gehört, appelliert an die Vernunft der Parteitagsbesucher. Er wünsche sich eine „vernünftige“ und „sehr durchmischte“ Liste. Wer nicht dazu gehören soll, sagt er auch ganz deutlich: „Keine Selbstdarsteller und keine Profilierungssüchtigen, die sich mit dem Ellenbogen nach vorne gedrängt haben.“ Es scheint, als wollen die Piraten ihr Image als Chaotentruppe loswerden. Ob dies rechtzeitig passiert, werden die kommenden Monate zeigen.

Autor: Christian Wolf, dapd | Foto: Peter Grewer/dapd
Foto: Der Vorsitzende der Piratenpartei in Nordrhein-Westfalen, Sven Sladek