Die Mitglieder des Rates standen zur Vereidigung von Mechthild Böll, Grüne als neues Ratsmitglied auf.

Köln | LIVEBLOG beendet | Die Stadtverwaltung und an ihrer Spitze Kölns Oberbürgermeisterin Henriette Reker bringt heute einen Doppelhaushalt für die kommenden Jahre 2023 und 2024 in den Rat der Stadt Köln ein und stellt diesen der Politik zur Debatte. Es sind „tiefrote Zahlen“, die die Verwaltung präsentiert und vor allem prognostiziert.

Die Ratssitzung ist beendet und damit der Liveblog ebenso.

Die Einbringung des Haushaltes ist heute das zentrale Thema der Ratssitzung.

Der Haushalt der Stadt Köln liegt in beiden Jahren über der Marke von 5,5 Milliarden Euro.  

Andree Haack, der neue Dezernent für Stadtentwicklung, Wirtschaft, Digitalisierung und Regionale Zusammenarbeit, sprach zum ersten Mal vor dem Kölner Rat. | Screenshot aus dem Livestream der Stadt Köln.

Andree Haack: „Starke Stadt nur mit starker Wirtschaft“

In der aktuellen Ratssitzung spricht zum ersten Mal der neue Dezernent für Stadtentwicklung, Wirtschaft, Digitalisierung regionale Zusammenarbeit, Andree Haack, der versprach Köln „Enkeltauglich“ machen zu wollen. Haack betonte die Bedeutung der Stadt Köln als Wirtschaftsmetropole und größte Stadt in NRW sowohl aktuell wie historisch. Haack sieht Herausforderungen wie den Klimawandel, die Umwelt, Flächen, Verkehr und Sozialstrukturen sowie den Wachstumsdruck. Diese Trends setzen intensive Debatten in Gang, so Haack. Da helfe, so der neue Stadtentwicklungsdezernent, kein starrer Masterplan helfen. Vielmehr müsse flexibel auf die Bedürfnisse reagiert werden. Haack ist davon überzeugt, dass es nur eine starke Stadt gebe, wenn die Wirtschaft stark sei.

Haack zeigte auf, dass ihm bewusst sei, in der Stadt auf eine starke Konkurrenz um Flächen stoße: Flächen für Wohnen, Büros, Kultur oder Mobilität. Er will einen sachlichen und faktenbezogenen Dialog zur Flächenkonkurrenz führen. Köln sieht er im Bereich Wirtschaft durch breit aufgestellte Branchen als resilient. Dies zeige sich auch an der hohen Zahl an Arbeitsplätzen, die es in Köln gebe. Dabei zeige sich, dass der Standortvorteil in Köln in der Vielzahl der hellen Köpfe mit offenem Geist liege. Haack: „Das Gold steckt in den Köpfen“. Dazu komme das einmalige Kölner Lebensgefühl.

Die Digitalisierung sei ein echtes Asset von Köln. Er wertet den Digitalstandort Köln als stark. Aber Haack möchte dabei helfen Köln zum Digitalstandort Nr. 1 in Deutschland zu machen. Für das kommende Jahr sieht Haak durch neue Gesetze, dass Bürgerdienstleistungen digitaler werden und die Bürger:innen dies auch merken werden. Damit werde die Verwaltung bürgerfreundlich.

In der Regionalisierung will Haack den Dialog mit regionalen Initiativen stärken. Jetzt gehe es im ersten Schritt darum die Ressourcen bei der Verwaltung und erste Inhalte für die regionale Zusammenarbeit zu entwickeln. Haack möchte dabei helfen, dass Köln „enkeltauglich“ werde.


Die Haushaltseinbringung hat begonnen

In Ihrer Haushaltsrede sprach Reker davon an, dass sie nicht gegen die Krise anspare, sondern zusätzliches Geld in die Hand nehme um weiter gestalten zu können.

Die Rede der Kölner Oberbürgermeisterin Henriette Reker im Wortlaut (kursiv gesetzt)

Sehr geehrte Anwesende,
liebe Kölnerinnen und Kölner – hier vor Ort und im Live-Stream,

die Verwaltung bringt heute den Haushaltsplanentwurf der Stadtverwaltung für die Jahre 2023/24 in den Rat der Stadt Köln ein. Mit einem Volumen von 5,5 Milliarden Euro im kommenden und 5,8 Milliarden Euro im darauffolgenden Jahr erreicht er neue Rekordwerte. Mit diesem Budget werden wir in den kommenden zwei Jahren…

…ERSTENS die urbane Transformation in Köln vorantreiben – hin zur einer Klimametropole, einer Mobilitätsmetropole, einer Bildungsmetropole und weiterhin starken Wirtschaftsmetropole.

…und ZWEITENS die Rahmenbedingungen schaffen, um den sozialen Zusammenhalt in Köln und die Lebensqualität sicherzustellen. Und das ist so wichtig in einer Zeit, in der wir als größte Metropole des Landes NRW auf vielfache Weise herausgefordert sind:

mit Krieg in Europa, der Tausende Geflüchtete nach Köln gebracht hat. Mit der Klimakrise, die in diesem Jahr für Hitze, Dürre und Niedrigwasser sorgt. Mit der Energiekrise, die die Lebenshaltungskosten in die Höhe treibt.

Und mit der Pandemie, die Wirtschaft und Gesellschaft fordert. All das wirkt sich unmittelbar auch auf unsere Stadt aus.

Um nur zwei Beispiele für unsere zusätzlichen finanziellen Belastungen zu nennen: Wir veranschlagen für die steigenden Energiekosten der Stadtverwaltung fast 8 Millionen Euro zusätzlich – als Risikopuffer – allein im kommenden Jahr. Und auch für wesentliche Aufgaben zur Unterbringung und Versorgung von Geflüchteten steigern wir in 2023 die städtischen Mittel um ein Drittel.

Sehr geehrte Ratsmitglieder, mir ist sehr bewusst, wie sorgenvoll viele Kölnerinnen und Kölner auf die kommende Zeit blicken. Ihnen sage ich heute: Wir halten unsere Leistungen, Förderprogramme, Angebote und Services als Stadtverwaltung aufrecht. Nach unseren aktuellen Planungen können wir Grund- und Gewerbesteuer stabil halten. Und wir bereiten uns gemeinsam mit unserer Konzerntochter RheinEnergie sehr intensiv und weitsichtig auf verschiedenste Szenarien von möglicher Energieknappheit vor – dazu tagt übrigens regelmäßig ein städtischer Krisenstab.

Klar ist heute: Niemand wird um deutliche Anstrengungen bei der Einsparung von Energie herumkommen. Die Stadtverwaltung trägt ihren Teil dazu bei:

In einem ersten Schritt begrenzen wir die Raumtemperatur in städtischen Büros, sensibilisieren die Mitarbeitenden zu energiesparendem Verhalten, schränken die Beleuchtung repräsentativer Bauwerke ein, dimmen die Straßenbeleuchtung und vieles mehr. Zusätzlich hat die RheinEnergie eine Informationskampagne aufgelegt und gibt konkrete Energiespartipps.

Meine wichtigste Botschaft heute: Wir als Stadtverwaltung arbeiten weiterhin nah an den Bedürfnissen der Kölnerinnen und Kölner – auch und ganz besonders in dieser schwierigen Lage! Wir sind uns der Verantwortung für alle bewusst, die durch höhere Energiepreise in finanzielle Nöte geraten. Zwar ist keine Kommune – auch nicht die Stadt Köln – in der Lage, die Mehrbelastungen aufzufangen. Doch ich darf allen Menschen in unserer Stadt versichern: Der Verwaltungsvorstand und ich als Oberbürgermeisterin – wir setzen uns gemeinsam mit dem Deutschen Städtetag ausdrücklich und sehr massiv dafür ein, dass weitere Entlastungen von Land und Bund auf den Weg gebracht werden!

Liebe Ratsmitglieder, im Angesicht der großen

Herausforderungen kommt es auf unsere Handlungsfähigkeit an. Wir sparen deswegen nicht gegen die Krise an. Wir nehmen in den kommenden zwei Haushaltsjahren zusätzliche Mittel in die Hand.

Gleichzeitig ist es wichtig, die Defizitentwicklung in einem verantwortungsbewussten Rahmen zu halten. Und das heißt: Köln wird keine Haushaltssicherungskommune werden. Nur so erfüllen wir unseren Gestaltungsanspruch jetzt und in Zukunft.

Ich möchte noch einmal betonen: Trotz schwierigster Rahmenbedingungen haben wir erneut sehr frühzeitig den Haushaltsplan aufgestellt. An dieser Stelle bedanke ich mich bei allen Kolleginnen und Kollegen in der Verwaltung, die dazu beigetragen haben – insbesondere unserer Kämmerei.

Sehr geehrte Ratsmitglieder, das unstete Panorama, auf das wir derzeit blicken, hat die Macht, manches Vorhaben zu kippen und angesetzte Budgets zu reißen. Unsere Ausgangslage ist komplex. Und dennoch gelingt es uns mit diesem Haushalt, mitten in der Krise Chancen für Köln zu nutzen. Wir kennen bereits die Antworten auf die bestehenden Herausforderungen. Sie lauten: Klimawende, Energiewende, Mobilitätswende, Digitalisierung, Bildung und eine innovative Wirtschaft. Kurz: Die urbane Transformation. Auf dieses Ziel ist der Haushaltsentwurf ausgerichtet. Lassen Sie mich die wesentlichen Punkte vorstellen:

Mit dem vorliegenden Haushalt entwickeln wir Köln weiter zur Klimametropole, die die Klimaneutralität bis 2035 als Topthema begreift und das Umsetzungstempo beschleunigt. In den kommenden beiden Jahren sehen wir allein für Maßnahmen zur Emissionseinsparung fast 108 Millionen Euro vor.

Die Verwaltung denkt bei jeder einzelnen Maßnahme deren Klimafolgen mit: Von green bonds bis hin zur Planung neuer nachhaltiger und an die Klimafolgen angepasste Wohnquartiere – beispielhaft nenne ich die Parkstadt Süd oder das Gartenstadt-Konzept in Kreuzfeld. Und mehr noch: Der gesamte Konzern Stadt Köln zieht mit – etwa die RheinEnergie, die sich zur Dekarbonisierung der Energieerzeugung und -versorgung verpflichtet hat, womit Köln perspektivisch regionale Energiesouveränität erreicht. In Köln gehen Klima- und Energiewende Hand in Hand.

Darüber hinaus setzen wir in den kommenden Haushaltsjahren den Rahmen, um auch den Privatsektor bei der Transformation zu unterstützen: Wir führen die Solaroffensive fort. Wir lassen die Klimaschutzleitlinien für privates Bauen wirken. Allein für das Förderprogramm Gebäudesanierungen und erneuerbare Energien investieren wir mittelfristig 20 Millionen Euro pro Jahr.

Doch zur Wahrheit gehört auch diese Erkenntnis dazu:

So sehr wir uns als Stadtverwaltung ins Zeug legen, Klimaneutralität zu erreichen – als Stadtverwaltung können wir nur rund 15 Prozent der Potentiale zur Treibhausgasminderung in Köln beeinflussen. Deshalb haben wir bewusst die Verantwortung übernommen, den Weg zur Dekarbonisierung in allen Bereichen des städtischen Lebens anzukurbeln und zu koordinieren.

Die Stadt legt in wenigen Wochen das Gutachten des Klimarates vor. Mit dieser Grundlage erhalten wir einen strategischen Ansatz, um die Zielmarke 2035 zu erreichen.

Sie sehen, liebe Ratsmitglieder: Köln geht mit dem Doppelhaushalt große Schritte Richtung Klimametropole. Und das bedeutet auch, dass wir den Umbau zur nachhaltigen Mobilitätsmetropoleintensivieren:

Für die Mobilitätswende sehen wir 2023 im Haushalt eine Gesamtsumme von über 147 Millionen Euro vor, für 2024 planen wir nochmal eine Steigerung um rund ein Drittel auf über 192 Millionen Euro. Davon entfallen grob 90 Prozent auf die Verlagerung hin zu emissionsarmen Verkehrsmitteln.

Die Mobilitätswende ist jedoch nicht nur finanziell in konkreten Maßnahmen abgebildet – wir haben sie auch strukturell in der Verwaltung fest verankert, indem wir das zuständige Dezernat neu aufgestellt haben:

Aus dem Amt für Straßen und Verkehrsentwicklung wurden das Amt für Straßen und Radwegebau und das Amt für nachhaltige Mobilitätsentwicklung. Das sind nicht bloß neue Titel. Die neue Struktur zeigt: Wir verändern Prioritäten und zeigen klaren Willen für eine konsequente Transformation.

2023 beginnen wir mit der Umsetzung von Radverkehrskonzepten in den Bezirken. Wir werden das Projekt „Ring Frei“ abschließen und die großen Radverkehrsachsen von Nord nach Süd und West nach Ost ausbauen. Wir starten mit unseren Verkehrsversuchen auf der Venloer Straße und an der Domumgebung. Und wir werden auch Fortschritte auf den schnellen Radwegen und RadPendlerRouten erzielen. Mit all dem nimmt auch das gesamtstädtisch synchronisierte Radwegenetz Gestalt an. Kurz: Wir schalten für den Radverkehr in Köln noch einmal einen Gang höher!

Gleichzeitig führen wir die zentralen Infrastrukturprojekte für den ÖPNV laut Roadmap konsequent weiter. In den nächsten beiden Jahren investiert allein die Stadt über 133 Millionen Euro in den ÖPNV. Im gleichen Zeitraum sieht die KVB Investitionen von über 400 Millionen Euro vor; hierbei geht es insbesondere um den Ausbau der Kapazitäten.

Doch ein gutes und dichtes Netz allein genügt nicht für einen attraktiven öffentlichen Nahverkehr.

Wie Sie wissen, bin ich schon lange der Ansicht: Wir brauchen eine faire und einfache Preisgestaltung – das hat die große Nachfrage des 9-Euro-Tickets noch einmal unterstrichen. Ein günstiges Ticket ist ein zentrales Element der Mobilitätswende auch für Köln. Deshalb freut es mich, dass inzwischen auch in der Bundespolitik eine erschwingliche und deutschlandweite Ticketlösung ehrlich geprüft wird. In diesem Zusammenhang möchte ich nochmals betonen: Die Kommunen werden dies nicht alleine schultern können – wir brauchen Land und Bund zur Finanzierung!

Ich komme zum dritten Kernthema der urbanen Transformation: Bildungsmetropole Köln. Sie ist essentiell, damit wir mit vielen klugen Köpfen auch in Zukunft die Megathemen der Metropole vorantreiben können.

Unser Haushaltsplanentwurf zeigt: Das Thema Bildung hat Priorität. Wir nehmen in den kommenden beiden Jahren fast 80 Millionen Euro zusätzlich in die Hand, um den Ausbau von Kindertagesbetreuung zu forcieren.

Und natürlich geht es auch auf unseren Schulbaustellen im Stadtgebiet weiter: Insgesamt gut 790 Millionen investiert dort unsere Gebäudewirtschaft in 2023 und 2024. Zusätzliches Tempo werden wir mit der Schulbaugesellschaft gewinnen, die ab Anfang 2023 an den Start gehen wird.

Darüber hinaus bleiben wir kreativ und funktionieren ehemalige Büros in Klassenräume um, beteiligen Investoren, wir bauen immer mehr modular und damit schneller – es gibt keine Denkverbote!

Mir ist dabei eines sehr wichtig: Dass wir nicht nur Masse, sondern auch Klasse für die neuen Generationen schaffen. Das bedeutet: effiziente Gebäude, nachhaltige Holzbauweise, zirkuläres Bauen, Nutzung regenerativer Energien, moderne Raumkonzepte und digitale Infrastruktur.

Und damit, liebe Ratsmitglieder, komme ich zum vierten Schwerpunkt: der Wirtschaftsmetropole Köln. Unser klares Ziel bleibt, den breiten Branchenmix zu erhalten. Um nur einige unserer Stärken zu nennen: Köln ist Medienstadt – wir verfügen über einen lebendigen Einzelhandel und Gastronomie – wir sind Zentrum der Versicherungswirtschaft, wichtiger Standort für LifeScience, BioTech und IT. Diese wirtschaftliche Vielfalt gilt es auch in der Klima- und Energiekrise zu bewahren und auszubauen!

Unsere KölnBusiness Wirtschaftsförderung setzt sich dafür ein, eine Wasserstoffwirtschaft im Rheinland aufzuziehen, um auch künftig energieintensive Industrien in der Region zu halten. Zusätzliches Tempo zur transformativen Weiterentwicklung unseres Wirtschaftsstandorts machen insgesamt rund 550 Start- und Scale-Ups, die wir für Köln begeistern konnten.

Und natürlich wirken auch unsere traditionsreichen Unternehmen aktiv mit. Immer mehr von ihnen stellen auf klimaneutrale Produktion um oder erfinden neue digitale Geschäftsmodelle.

Diese Entwicklung fördern wir weiterhin sehr aktiv. Mit dem hochprofessionellen Serviceangebot unserer KölnBusiness Wirtschaftsförderung, zahlreichen Digitalisierungsprogrammen und Investitionen in Infrastruktur. Wir schreiben in den nächsten Haushaltsjahren den Gigabit-Masterplan fort: Breitbandausbau im Boden, 5G in der Luft. Damit schaffen wir die Grundlage für Kölns digitale Wettbewerbsfähigkeit.

Und auch als Verwaltung werden wir die Chancen der Digitalisierung künftig noch stärker nutzen – gemeinsam mit den Stadtwerken arbeiten wir an der „Digitalen Zukunftsstadt“: Stichworte sind datengetriebene Plattformen. Passgenaue und bequeme Bürgerservices. Eine smarte Nutzung von Daten zur besseren Planbarkeit und Steuerung von Transformationsprozessen. Und ganz wichtig: die Optimierung und Beschleunigung unserer internen Prozesse – denn nur eine effiziente, innovative Verwaltung kann die nötige Transformation unserer Stadt anstoßen und begleiten. Ich nenne das Beispiel der Digitalen Bauakte: Ab Mitte September können Kölnerinnen und Kölner ihre Bauanträge für Wohnungsbauprojekte endlich online stellen.

Das wird Bearbeitungszeiten verkürzen und nochmals einen Schub für den Wohnungsbau bedeuten. Klar ist aber auch: Es bleibt viel zu tun und ich bin sicher, dass das neue Dezernat mit Herrn Beigeordneten Haack jetzt nochmals Tempo in das Thema Digitalisierung bringen wird!

Und wenn ich jetzt schon beim Thema Wirtschaft bin, dann lassen Sie mich mit Blick auf den Fachkräftemangel hinzufügen:

Auch wir werden ihn sicherlich zu spüren bekommen, aber unsere Ausgangslage ist gut! Köln ist eine junge Stadt mit enormem Potential an Talenten. In unserer Stadt leben über 100.000 Studierende. Mit der IHK, der Handwerkskammer, der Agentur für Arbeit und den vielen engagierten Betrieben in der gesamten Stadt verfügen wir zudem über eine starke Ausbildungsallianz.

Und mehr noch: Köln bietet weiterhin Lebensqualität – ein entscheidender Vorteil im Standortwettbewerb. Wir sind eine Kulturmetropole und bleiben es – auch dank unseres neuen Kulturraummanagement sowie einem Masterplan Kulturbauten. Wir sind eine kinderfreundliche Kommune, die in den kommenden Jahren durch gezielte „Veedels-Checks“ in allen Bezirken noch kinderfreundlicher werden soll. Wir sind eine soziale Metropole – und deshalb ist es richtig, dass wir erneut über ein Fünftel unseres städtischen Gesamtetats für Soziale Hilfen aufwenden.

Darüber hinaus stärken wir weiterhin bedarfsorientiert die Sozialräume. Und ich darf Ihnen versichern:

So wie wir während der Pandemie mit unseren Impfaktionen speziell in die vulnerablen Stadtteile gegangen sind und damit bundesweit zum Vorbild wurden – mit eben dieser Haltung werden wir auch in Zukunft ganz genau hingucken, um soziale Risiken in unserer Stadt so kleinzuhalten wie möglich!

Dazu passen zwei weitere starke Argumente für Köln: Unsere Vielfalt und unsere Herzlichkeit! Diese Merkmale positionieren Köln inzwischen auch europaweit – von der Europäischen Kommission wurden wir im Frühjahr als Hauptstadt der Integration und Vielfalt ausgezeichnet.

Wir bleiben Willkommensstadt, die Geflüchtete genauso wie qualifizierte Fachkräfte aus dem Ausland aufnimmt.

In den kommenden Monaten ist nicht nur die öffentliche Sehr geehrte Ratsmitglieder, die urbane Transformation in Köln – wir treiben sie voran mit diesem Haushalt – und dabei halten wir unsere Kölner Qualitäten wie sozialen Zusammenhalt, Solidarität und Mitmenschlichkeit ganz fest im Blick!

Hand, sondern sind wir alle gefragt, unseren Beitrag für eine starke, sichere und attraktive Stadt zu leisten. Deshalb bitte ich heute alle Kölnerinnen und Kölner:

Gehen wir fair und anständig mit dem öffentlichen Raum um.

Setzen wir – egal ob in der Wirtschaft oder im Privathaushalt – unsere Ressourcen mit Bedacht und sehr behutsam ein. Und vor allem:

Stehen wir in den kommenden Monaten so eng zusammen, wie wir das schon so oft in Krisenzeiten getan haben.

Ich denke dabei an die Pandemie. Ich denke an die große Welle der Solidarität für die Geflüchteten aus der Ukraine. Ich denke an die riesige Friedensdemonstration am Rosenmontag oder die Rekordbeteiligung am diesjährigen CSD.

All das sind Beweise, wie groß die Hilfsbereitschaft und wie weit das Herz der Kölnerinnen und Kölner sind. Und eben diese Eigenschaften dürfen uns neben allen staatlichen Entlastungspaketen zuversichtlich machen, dass wir selbst schwierige Monate gemeinsam bewältigen.

Als Stadtverwaltung und Oberbürgermeisterin werden wir alles dafür tun, dass Köln gut durch diese Zeit kommt.

Vielen Dank an Sie alle!


Haushaltsrede von Stadtkämmerin Prof. Dr. Dörte Diemert im Wortlaut (kursiv gesetzt)

Sehr geehrte Frau Oberbürgermeisterin, sehr geehrte Mitglieder des Rates,

sehr geehrte Vertreter*innen der Presse und

sehr geehrte Gäste – auf der Tribüne sowie am Bildschirm!

Seit jeher treten die Stadtkämmerer und Stadtkämmerinnen bei der Haushaltseinbringung vor den Rat, um die Planungen und die finanziellen Rahmenbedingungen zu erläutern.

Es gibt gute Zeiten. Zeiten, in denen man sich darauf konzentrieren kann, dass mit den Mehrerträgen solide geplant und ausreichend Zukunftsvorsorge betrieben wird.

Und es gibt Zeiten wie diese. Zeiten, in denen eine Krise die andere jagt. Zeiten des Umbruchs und großer Unsicherheit. In denen verlässliche Prognosen rar sind und auch Expertinnen und Experten um die richtige Einschätzung ringen. Zeiten, in denen wenig leicht, vieles schwer scheint.

Der vor Ihnen liegende Haushalt fällt in eine solche Zeit. Er ist das Ergebnis einer großen Teamleistung und einer intensiven Befassung

  • mit den finanziellen Chancen und Risiken,
  • aber vor allem mit der Frage:

Wie werden wir dieser Stadt und ihren Bürger*innen am besten gerecht? Wie geben wir mit unserem Haushalt Orientierung in dieser schwierigen Zeit?

Vier Fragen waren dabei leitend:

  1. Wo stehen wir heute?
  2. Wie gehen wir mit den großen Unsicherheiten und Risiken im Haushalt um?
  • Wie behalten wir trotz permanentem Krisenmanagement die langen Linien und Zukunftsthemen unserer Stadt im Blick? Und:
  • Welche Unterstützung brauchen wir dabei von Bund und Land?

Wo stehen wir?

Oder auch: Wo stehen wir heute nach über zwei Jahren Corona-Pandemie?

Corona ist noch nicht vorbei. Die Sommerwelle hat zur Folge, dass weiterhin zusätzliches Personal im Gesundheitsamt vorgehalten werden muss.

Und auch bei unseren Steuererträgen ist die Pandemie noch spürbar: Nach derzeitigen Prognosen beläuft sich die corona-bedingte Lücke in 2022 immer noch auf rd. 92 Mio. Euro.

Gleichwohl – und das ist erfreulich – stehen wir (Stand heute) deutlich besser dar, als von vielen erwartet. Gerade das erste Halbjahr war von einer großen Erholung gekennzeichnet. Bei der Gewerbesteuer liegen wir zurzeit deutlich über (!) unseren Planansätzen für das laufende Jahr. Das zeigt, dass wir – wie ich es Ihnen zugesagt hatte – bei allem Optimismus immer auch mit der gebotenen kaufmännischen Vorsicht kalkulieren. Und es bewähren sich der breite Branchenmix in der Stadt, die deutlichen Hilfen von Bund und Land und unsere Strategie, die Kräfte in der Krise auf die Struktursicherung zu konzentrieren und damit die Voraussetzungen für einen erfolgreichen Neustart nach den Lockdowns zu schaffen.

Diese gute Steuerentwicklung hilft uns derzeit sehr, die ungeplanten und hohen zusätzlichen Belastungen des schrecklichen Ukraine-Kriegs im laufenden Haushalt abzufedern. Diese sind erheblich und haben beim Aufwand eine dreistellige Millionenhöhe erreicht.

Zwar haben Bund und Land zugesagt, die Städte mit diesen Belastungen nicht allein zu lassen, die bislang für 2022 zugesagten Finanzmittel decken die Kosten aber bei weitem nicht.

Trotzdem gehen wir nach derzeitiger (!) Prognose davon aus, dass sich unser „echtes“ Jahresergebnis (also das Ergebnis ohne Corona-Isolation) im laufenden Jahr „nur“ um gut 38 Mio. Euro verschlechtern wird. Dass das so ist, haben wir der bisher wirklich positiven Entwicklung bei den Steuererträgen zu verdanken.

Soweit zu heute.

Der Blick in die Zukunft ist deutlich ungewisser. Der Angriff auf die Ukraine und der Gaskrieg Russlands haben die Hoffnung, dass sich diese sehr erfreuliche wirtschaftliche Erholung fortsetzen wird, ausgebremst:

  • Hohe Energiepreise und anhaltende Lieferschwierigkeiten belasten die deutsche Wirtschaft. Die Inflation hat Rekordwerte erreicht.
  • Die Konsumlaune und die Stimmung in den Unternehmen haben sich deutlich verschlechtert.
  • Auf den Energiemärkten erleben wir eine dynamische und in Teilen nicht zu kalkulierende Entwicklung. Selbst erfahrene Marktexpertinnen und -experten können sich an keine vergleichbare Situation erinnern.
  • Und gleich mehrfach haben die Wirtschaftsinstitute ihre Prognosen zur konjunkturellen Entwicklung abgesenkt. Vielerorts wird befürchtet, dass es in Folge einer Gasmangellage zu einem Einbruch der Wirtschaftsleistung und zu einer Rezession kommen wird.

Das, was bisher mit vielen Worten beschrieben worden ist, dass dieser Krieg nämlich uns alle betreffen wird, auch unsere Solidarität fordern und auf die Probe stellen wird, das sickert nun nach und nach in unser Bewusstsein, es ruft Unsicherheit, ja teilweise Angst hervor.

Die wirtschaftlichen Rahmenbedingungen sind daher alles andere als einfach. Zu den vergleichsweise kleinen Herausforderungen zählt dabei noch, dass auch die Modellrechnung zum kommunalen Finanzausgleich bis zum heutigen Tag noch nicht veröffentlicht wurde und wir die Höhe dieser für die Stadt wichtigen Zuweisungen noch nicht kennen. Anders als in den Vorjahren können wir Ihnen heute deshalb auch noch keinen ersten Veränderungsnachweis vorlegen.

Damit bin ich bei der zweiten Frage:

Wie gehen wir mit diesen zahlreichen und großen Unsicherheiten und Risiken im Haushalt um?

Das hat uns sehr beschäftigt und treibt uns weiter um.

Gut die Hälfte unserer Erträge ist konjunkturabhängig. Wir haben deshalb bis auf die letzten Meter unterschiedlichste Szenarien betrachtet und immer wieder neujustiert – mit dem Ziel, auch den jüngsten Entwicklungen am Markt noch Rechnung zu tragen.

Wir legen Ihnen hier heute im Ergebnis einen soliden Haushalt vor.

Ich sage Ihnen aber auch in aller Deutlichkeit: Angesichts der Dynamik der Entwicklung, der hohen Unsicherheit sind die Prognoserisiken im kommenden Haushalt größer als sonst.

Wir können schlicht nicht für jedes Risikoszenario und erst recht nicht für das Szenario eines massiven Wirtschaftseinbruchs vollumfänglich Vorsorge treffen:

  • Wir kennen weder die Dauer des Krieges, noch die sonstige weitere geopolitische Entwicklung.
  • Niemand wagt eine belastbare Prognose, wie sich die pandemische Lage im Herbst entwickeln und auf Wirtschaft und Haushalt auswirken wird.
  • Wir wissen nicht, ob sich eine Gasmangellage mit den ergriffenen und noch zu ergreifenden Maßnahmen vermeiden lässt und
  • welche Hilfsprogramme zur Abfederung der erwarteten Belastungen auf den Weg gebracht werden.
  • Und auch die Inflationsentwicklung und die Reaktion der EZB (Stichwort: Zinswende) hierauf lassen sich nicht sicher vorhersagen.

Was wir aber wissen ist:

Die Verunsicherung in der Bevölkerung und bei all denen, die auf die Stadt angewiesen sind, ist groß.

Die Menschen erwarten von uns eine klare Haltung und verantwortliches, abgewogenes Handeln.

In unserem Aufstellungsverfahren haben wir uns daher den Zielen Krisenfestigkeit und Zukunftstauglichkeit verschrieben, indem wir:

  1. den Risiken adäquat begegnen,
  2. Zukunftsthemen ermöglichen – und
  3. die Haushaltssicherung vermeiden.

Zunächst zur Risikovorsorge:

  • Bei den Steuererträgen haben wir den weiteren Entwicklungskurs vorsichtig kalkuliert und berücksichtigt, dass es durch das im Frühjahr auf den Weg gebrachte 1. Entlastungspakt zu Einbußen bei unseren Steuererträgen kommen wird. Im Ergebnis liegen unsere Erwartungen bei der Gewerbesteuer – trotz der derzeit erfreulichen Entwicklung – in 2023 nur minimal über und 2024 und 2025 sogar geringfügig unter unserer bisherigen Mittelfristplanung.
  • Beim Finanzausgleich erwarten wir, dass landesseitig der Gesamttopf für alle Kommunen zwar nicht gekürzt wird, unsere Stadt wegen ihrer guten Steuerentwicklung bei der Verteilung der Mittel aber etwas weniger Zuweisungen erhält.
  • Auf der Aufwandsseite haben wir höhere Belastungen in Folge des Ukraine-Kriegs einkalkuliert:
    • Für die Unterbringung von Schutzsuchenden bedeutet das eine zusätzliche Netto-Belastung in Höhe von rd. 45 Mio. Euro jährlich.
    • Die explodierenden Energiepreise treffen natürlich auch uns: z.B. bei den Kosten der Unterkunft, die wir für Transferleistungsempfängerinnen und -empfänger übernehmen, aber auch bei unseren eigenen Energiekosten. Das wird nicht allein durch Energieeinsparungen aufzufangen sein. In einem ersten Schritt haben wir daher eine zusätzliche Risikovorsorge von 7,8 Mio. Euro im kommenden Jahr, 9 Mio. Euro in 2024 und 13 Mio. Euro in den Folgejahren eingeplant.
    • Wir haben außerdem einen um 10 Mio. Euro erhöhten Zinsaufwand eingestellt.

Durch die Risikovorsorge in unserem Haushalt werden also schon jetzt erhebliche Mittel gebunden. Wir werden die Situation gleichwohl weiter im Blick behalten müssen, denn die Dynamik in der derzeitigen Entwicklung ist, wie gesagt, groß.

Daher an dieser Stelle schon heute eine klare Ankündigung: Sollten sich beim ersten Veränderungsnachweis der Verwaltung noch Spielräume ergeben, dann sind wir gut beraten, diese für weitere Risikovorsorge zu nutzen.

In der Krise fokussiert sich der Blick zwangsläufig stark auf die kurzfristigen Handlungserfordernisse. Wir dürfen aber zentrale Zukunftsthemen wie den Klimawandel, soziale und Bildungsgerechtigkeit und auch die finanzielle Nachhaltigkeit nicht aus dem Blick verlieren.

Damit bin ich bei der dritten Frage:

Wie bilden wir – trotz permanentem Krisenmanagement – die Zukunftsthemen in unserem Haushalt ab? Was können, was werden wir hier in Köln tun?

Der Gesamthaushalt wird im kommenden Jahr

  • auf rd. 5,5 Mrd. Euro (5,519 Mrd.)
  • und 2024 sogar auf rd. 5,8 Mrd. Euro (5,756 Mrd. Euro) wachsen.

Das bedeutet einen jährlichen Aufwuchs von jeweils rund 240 Mio. Euro pro Jahr und das ist mehr als in den Vorjahren. Das hat seinen Grund darin, dass wir die Risikovorsorge zusätzlich und nicht zu Lasten der allgemeinen Aufgaben finanzieren.

Parallel haben wir außerdem alle bisherigen Ansätze und Anmeldungen kritisch hinterfragt, um den vor Ihnen liegenden Haushalt mit seinen Schwerpunkten und Zukunftsaufgaben zu ermöglichen.

Die Oberbürgermeisterin hat zu Letzteren schon ausgeführt. Ich kann mich hier daher auf einige ergänzende Hinweise und – das kann ich Ihnen nicht ganz ersparen – Zahlen beschränken:

  • Die Ansätze für Schulmieten wachsen in Folge von Schulum- und -neubauten um rd. 40 Mio.

Euro in 2023 und 61 Mio. Euro in 2024.

  • Für den bedarfsgerechten Ausbau bei den Kindergartenplätzen wurden zusätzliche Mittel von 30 Mio. Euro in 2023 und 49 Mio. Euro in 2024 vorgesehen und die Ansätze im Bereich der sog.

Wirtschaftlichen Jugendhilfe wachsen um gut 11 Mio. Euro in 2023 und um fast 17 Mio. Euro in 2024.

  • Auch beim Brand- und Bevölkerungsschutz sowie dem Rettungsdienst gibt es für diverse Maßnahmen Aufwüchse in Höhe von rd. 12 Mio. Euro (2023) bzw. rd. 17 Mio. Euro (2024).
  • Im Sportbereich führen die Vorbereitung und die Durchführung der Euro 2024 zu zusätzlichen Aufwendungen von insgesamt 9,7 Mio. Euro (2023 1,2 Mio. Euro und 2024 8,5 Mio. Euro).
  • Und auch im Kulturbereich gibt es deutliche Steigerungen – insbesondere beim Betriebskostenzuschuss für die Bühnen und das Wallraf-Richartz-Museum – Folge der laufenden bzw. geplanten Baumaßnahmen.

Die Modernisierung und Digitalisierung der Verwaltung bleibt eine zentrale Aufgabe in dieser Stadt: Für den IT- und Digitalisierungsbereich sind in den Jahren 2023 und 2024 87 bzw. 88 Mio. Euro Aufwand geplant.

Auch beim Investitionshaushalt setzen wir deutliche Impulse und stellen für Investitionen und für Ausleihungen an unsere Beteiligungsunternehmen Ansätze von jährlich über 1 Mrd. Euro zur Verfügung.

Damit nicht genug: Während andere Städte laut über Steuererhöhungen nachdenken, haben wir die Steuersätze bei der Gewerbe- und der Grundsteuer unverändert gelassen und schützen damit unseren Wirtschaftsstandort.

Sie sehen also: Unser Haushalt wahrt die Balance zwischen Krisenmanagement einerseits und Zukunftsgestaltung andererseits.

Und auch das dritte Ziel unseres Aufstellungsverfahrens haben wir – Stand heute – trotz der großen Herausforderungen erreicht: Wir können unseren Haushalt weiter selbstverantwortlich gestalten; ein Haushaltssicherungskonzept ist nicht erforderlich!

Trotz dieser erfreulichen Botschaften dürfen wir den Haushaltsausgleich und damit die finanzielle Nachhaltigkeit in dieser Stadt nicht aus dem Blick verlieren. Bei aller Freude über das Erreichte gehört zur Ehrlichkeit daher dazu:

Wir segeln derzeit hart am Wind!

Denn das alles bleibt nicht ohne Folgen für unser Jahresergebnis.

Zudem fällt die sog. Bilanzierungshilfe, also das „Wegbuchen“ der sogenannten Corona-Schäden, ab 2023 voraussichtlich weg. Damit werden die Folgeschäden der Pandemie in unseren Jahresergebnissen wieder sicht- und spürbar. Allein bei den Steuererträgen liegen wir beispielsweise im kommenden Jahr immer noch rd. 81 (und 2024: rd. 64) Mio. Euro unter dem Volumen der Vor-Corona-Prognosen.

Entsprechend tiefrot sind unsere Zahlen: Unter dem Strich rechnen wir mit einem Jahresdefizit von insgesamt rd. 191,7 Mio. Euro in 2023 und rd. 256,2 Mio. Euro in 2024.

In der Folge wächst unsere Verschuldung und wir verzehren weiter Eigenkapital. Die allgemeine Rücklage schrumpft in 2023 um rd. 3,59 und im Folgejahr um 4,98 Prozent. Damit bleiben wir zwar noch unter den Schwellenwerten für ein Haushaltssicherungskonzept, der Abstand ist aber gering!

Lassen Sie mich daher Folgendes in aller Deutlichkeit festhalten:

  • Ja, wir werden auch diese neue Krise meistern und gleichzeitig die Zukunft dieser Stadt gestalten. Wir nehmen unsere Verantwortung hier vor Ort wahr.
  • Dafür schöpfen wir mit unserem Haushaltsplanentwurf die bestehenden haushaltsrechtlichen Grenzen aus. Mehr geht derzeit nicht!
  • Es gibt derzeit daher keine Spielräume für zusätzliche Belastungen des Haushalts.
  • Wenn zusätzliche Aufgaben übernommen oder neue Schwerpunkte gesetzt werden sollen, müssen diese mit zusätzlichen Erträgen gekoppelt sein oder es muss klar gesagt werden, was dafür unterbleiben soll.

Damit komme ich – auch angesichts der vor uns liegenden sonstigen Aufgaben und Herausforderungen – zur letzten und vierten Frage:

Welche Unterstützung brauchen wir von Bund und Land?

Die Spielräume in unserem Haushalt und damit für unsere Handlungsfähigkeit hängen nicht nur von der weiteren (wie Sie gesehen haben: unsicheren) wirtschaftlichen Entwicklung ab. Sie hängen auch davon ab, welche Weichenstellungen auf Bundes und Landesebene demnächst getroffen werden.

Gestatten Sie mir dazu ein paar Einschätzungen – aus Sicht des Kölner Haushalts:

  • Die Regierungsfraktionen im Landtag haben angekündigt, die Ungleichbehandlung der großen Städte im Finanzausgleich nicht weiter zu vertiefen. Sie wollen deshalb auf die zweite Stufe der – auch nach Einschätzung des Städtetags verfassungswidrigen – Reform bei der Ermittlung der Steuerkraft verzichten. Das ist ein gutes, ein wichtiges Signal. Aber auch die, noch unter der alten Landesregierung eingeführte, erste Stufe muss zurückgenommen werden. Anderenfalls kommen wir um unsere angekündigte Verfassungsbeschwerde nicht herum.
  • Klar ist auch: Wir werden die vor uns liegende Mobilitätswende und die dringend notwendigen Klimaschutz- und Klimaanpassungsmaßnahmen nicht allein stemmen können. Hier bedarf es zielgerichteter Förderungen und Instrumente. Stichworte sind: Mobilitätsgarantie und Drittnutzerfinanzierung, Energetische Sanierung von Gebäuden und Ausbau der erneuerbaren Energien, Wärmeplanung und Wasserstoffstrategie – um nur einige Punkte zu nennen.
  • Bund und Land stehen außerdem im Wort, dass sie die Städte und Gemeinden bei der Unterbringung von Flüchtenden finanziell absichern und unterstützen. Unsere Zahlen zeigen,

wie relevant das ist. Bis heute wissen wir aber nicht, in welchem Umfang die bisherigen Hilfen fortgesetzt werden.

  • Von ganz aktueller Bedeutung ist schließlich: Angesichts der explodierenden Energiepreise müssen zielgerichtete, ich betone: zielgerichtete (!) Hilfen insbesondere für Menschen mit geringerem Einkommen auf den Weg gebracht werden. Lenkungseffekte über den Preis sind wichtig und unverzichtbar, aber es gibt viele Haushalte, die können kaum weiter sparen.

Hier zu helfen, ist eine Aufgabe des Sozialstaats und damit des Bundes. Das können wir in dieser Breite als Kommune schlicht nicht leisten.

Mit der angekündigten Wohngeldreform liegen erste zielführende Maßnahmen des Bundes auf dem Tisch. Zusätzliche Vorschläge werden diskutiert (von staatlichen Zuschüssen zur Absenkung der geplanten Gas-Umlage über bedarfsabhängige Energiekostenzuschüsse bis hin zu Zuschlägen beim Kindergeld), darunter auch weitere steuerliche Entlastungsmaßnahmen. Da Letztere auch große Löcher in den kommunalen Haushalt reißen können, etwa weil Steuererträge bei Einkommen- und Gewerbesteuer dann noch niedriger ausfallen, richtet sich mein dringender Appell an den Bund, diese finanziellen Folgen mitzubedenken und erforderlichenfalls für die Kommunen abzufedern.

Sehr geehrte Damen und Herren, liebe Mitglieder des Rates,

vor uns liegt keine einfache Zeit. Wir können nicht alle Entwicklungen und Risiken kennen. Das ist uns allen bewusst.

Daher die klare Botschaft:

  • Wir handeln angemessen.
  • Wir bleiben handlungsfähig.
  • Und: Wir reagieren – wenn notwendig – flexibel!

Dafür haben wir mit unserem Haushalt gute Voraussetzungen geschaffen:

  • Wir haben alles dafür getan, um – zum 5. Mal in Folge – voll handlungsfähig in das neue Haushaltsjahr zu starten.
  • Wir werden einen ersten Veränderungsnachweis vorlegen, sobald die Modellrechnung zum Gemeindefinanzierungsgesetz vorliegt.
  • Spielräume werden wir – wenn notwendig und geboten – zur weiteren Risikoabsicherung nutzen.
  • Der Doppelhaushalt gibt Planungssicherheit, ohne die notwendige Flexibilität zu behindern. Im Gegenteil: Sollte ein Nachtragshaushalt wirklich erforderlich werden, ist dieser deutlich schlanker und schneller aufzustellen als ein vollständig neuer Haushalt.
  • Und zu guter Letzt: In der Bewirtschaftung des Haushalts können wir jederzeit auf Verschärfungen und Veränderungen reagieren. Und ich kündige heute schon an, dass wir das – wenn nötig – auch tun werden!

Krisen lassen sich meistern – mit Entschlossenheit, mit Solidarität und mit gemeinsamer Anstrengung.

Und wenn wir von Anstrengung sprechen, gestatten Sie mir einige Worte des Dankes.

Das Aufstellungsverfahren hat Zugeständnisse von allen Beteiligten verlangt und ich möchte mich an dieser Stelle herzlich bedanken: bei der Oberbürgermeisterin für das Vertrauen und die Rückendeckung, bei den Kolleginnen und Kollegen des Verwaltungsvorstands, bei allen Beteiligten in der Verwaltung und auch den Beteiligungsunternehmen! Es ist ein Zeichen der Stärke und des Zusammenhalts in schwierigen Zeiten, dass dieser Haushalt in weitgehendem Konsens aufgestellt werden konnte.

Und damit zu Ihnen, liebe Kolleg*innen aus der Kämmerei und aus meinem Dezernatsbüro. Einige von Ihnen sitzen auf den Zuschauerrängen.

Sie waren unermüdlich im Einsatz. Sie haben sich trotz zahlreicher Herausforderungen und mancher Hürden nicht entmutigen lassen. Sie haben strategische Fragen diskutiert und immer wieder neu gerechnet. Es lässt sich schwer in Worte fassen, wie wichtig es ist, mit all diesen Fragen nicht allein zu sein. Daher an dieser Stelle – ich denke im Namen aller, aber auch ganz persönlich von mir: Herzlichen Dank für Ihren Einsatz!

Nun, liebe Ratsmitglieder, legen wir den Haushalt in Ihre Hände!

Ich wünsche Ihnen dafür gute Beratungen und sage für heute: Vielen Dank!


In die Beratungen des Haushaltes werden jetzt die Bezirksvertretungen, der Jugendhilfeausschuss, der Integrationsrat und vor allem der Finanzausschuss des Rates eingebunden.


Erste schriftliche Reaktionen aus der Kölner Politik zur Haushaltseinbringung

Christiane Martin, Fraktionsvorsitzende der Grünen im Kölner Rat,in einem schriftlichen Statement:

„In Krisenzeiten wie diesen ist die Aufstellung eines zukunftsgerechten Haushaltes eine hohe Kunst. Dies ist der Verwaltung offenbar gelungen. Doch der finanzielle Druck nimmt gewaltig zu, nicht nur durch immer weiter steigende Energiekosten. In Kommunen wie Köln brauchen wir dringender denn je mehr finanzielle Unterstützung durch Bund und Land. Die schnelle Unterbringung tausender geflüchteter Menschen aus der Ukraine war eine humanitäre Selbstverständlichkeit, die aber hohe Kosten verursacht hat. Der extrem niedrige Rheinpegel katapultiert einmal mehr die Klimakrise in unser Bewusstsein. Gut, dass die Verwaltung mit massiven Investitionen Köln beim Klimaschutz voranbringen und auf weitere Klimaextreme einstellen will. Auch bei den dringend anstehenden Sanierungen und beim Schulbau können wir uns keinen Sparkurs leisten, trotz stark gestiegener Baukosten. All dies zeigt: Die Krisenzeiten bewältigen wir nicht durch Sparen, sondern durch kluge Investitionen in die kommunale Daseinsvorsorge.“


Das sagt die Kölner SPD: Stoppschild für Großprojekte

Den heute vorgelegten Haushaltsentwurf der Kölner Verwaltungsspitze wird die SPD-Ratsfraktion nun kritisch prüfen, schreiben die Kölner Sozialdemokraten.

Für Die SPD-Ratsfraktion ist dabei entscheidend, dass der Haushalt von einer sozialen Balance geprägt ist und insbesondere die Bürgerinnen und Bürger in den Mittelpunkt stellt, die von den aktuellen Preissteigerungen am heftigsten bedroht sind. Hier wird sich die SPD-Fraktion genau anschauen, ob soziale Leistungen angesichts der schwierigen finanziellen Gesamtlage in Frage gestellt werden und welche Schwerpunkte im Haushalt gesetzt werden. Dazu gehört auch ein kritisches Hinterfragen der Entwicklungen bei den Kölner Großbaustellen. 

Christian Joisten, Vorsitzender der SPD-Ratsfraktion, in einem schriftlichen Statement: „Es sind herausfordernde Zeiten, in denen wir über den Haushaltsentwurf beraten und entscheiden. Wir werden uns den Haushaltsentwurf jetzt gründlich und kritisch ansehen und dann entscheiden, ob wir dem so zustimmen können. In dieser schwierigen Zeit ist es wichtig, dass die Bürgerinnen und Bürger nicht allein gelassen werden. Kürzungen bei sozialen Leistungen wären gerade jetzt unverantwortlich und sind mit der SPD nicht zu machen. Wir wollen eine Haushaltspolitik, die dabei hilft, Menschen vor Armut zu schützen und die dafür sorgt, dass jede und jeder weiter seinen Lebensunterhalt bestreiten kann. Dies gilt insbesondere vor dem Hintergrund der völlig außer Kontrolle geratenen Kölner Großbauprojekte. Hier muss dringend ein Stoppschild gesetzt werden. Die Großbauten dürfen nicht weiter das Fass ohne Boden im Kölner Haushalt sein. Jede Landesregierung müsste sich für ein solches Planungs- und Bauversagen längst vor einem Untersuchungsausschuss verantworten. Für die Millionenstadt Köln schlagen wir so etwas ähnliches wie einen Untersuchungsausschuss vor, der untersucht, warum Großbauprojekte in Köln immer wieder im Chaos enden und vor allem Vorschläge erarbeitet, wie man es zukünftig besser machen kann. Es darf am Ende bei den Menschen nicht der Eindruck entstehen, dass für Großbauten immer weiter leichtfertig Geld locker gemacht wird, während notwendige soziale Leistungen wie ein warmes Essen für Schulkinder oder ein Besuch im Schwimmbad für ärmere Familien in Gefahr geraten.“ 

Auch die kulturpolitische Sprecherin der SPD-Ratsfraktion Maria Helmis macht deutlich, dass die katastrophale Entwicklung bei den Kölner Kulturbauten gestoppt werden müssen. Statt dessen muss die freie Szene stärker in den Blickpunkt genommen werden: „Kulturbauten, die Millionen verschlingen und Verzögerungen, die niemand mehr glauben kann. Das alles, während die Kölner Kulturszene angesichts steigender Nebenkosten und knapper Kassen um ihre Existenz kämpfen muss. So kann es nicht weiter gehen. Die erneute Kostenexplosion beim Römisch-Germanischen-Museum wird in letzter Sekunde bekannt gegeben, Probleme beim Umbau des Wallraf-Richartz-Museums werden scheibchenweise kommuniziert und schließlich steht nun fest, was lange vermutet wurde: die Eröffnung des Stadtmuseums im Interim verzögert sich um ein weiteres Jahr. Allein die Mehrkosten bei Oper, Wallraff-Richarzt Museum und Römisch-Germanischem Museum summieren sich zwischenzeitlich auf fast eine halbe Milliarde Euro – Ende nicht absehbar! Gleichzeitig rufen Freie Kulturvereine und Spielstätten um Hilfe, weil sie angesichts steigender Energiepreise und noch stellenweise zurückhaltender Zuschauerzahlen nicht wissen, wie sie die laufenden Kosten tragen sollen. Jenen, die unermüdlich weiter machen und nach Mitteln und Wegen suchen, um über die Runden zu kommen, sind wir eine ehrliche Aufarbeitung dieses Kulturbaudesasters schuldig. Die Salamitaktik bei der Kommunikation von Problemen muss ein Ende haben. Wir fordern dass, Politik, Bürgerinnen und Bürger und alle weiteren Betroffenen unverzüglich und rechtzeitig informiert und eingebunden werden, sobald der Stadtverwaltung gravierende Abweichungen von Zeit- und Kostenplänen bekannt werden.“


Kölner CDU spricht von „Steuerstabilität und Verlässlichkeit“

Bernd Petelkau, Vorsitzender und finanzpolitischer Sprecher der CDU-Fraktion, in einem schriftlichen Statement: „Trotz widriger Rahmenbedingungen senden wir mit dem Haushaltsentwurf ein starkes Signal an die Wirtschaft und an unsere Bürgerinnen und Bürger. Mit uns gibt es Verlässlichkeit und Steuerstabilität. Denn die Grund- und Gewerbesteuer bleiben konstant – und das bereits seit 2010.

Gleichzeitig sieht der Entwurf von 2022 auf 2024 ein angemessenes Haushaltswachstum von 9,1 Prozent vor. Insbesondere die Investitionen bleiben dabei auf einem sehr hohen Niveau. Hier setzen wir unseren Kurs einer konsequenten Schwerpunktsetzung fort: In den kommenden beiden Jahren investieren wir erneut 800 Millionen Euro in den Neubau und die Modernisierung von Schulen. Die Ausgaben für die Schulträgeraufgaben werden um 14,7 Prozent stark anwachsen, genauso wie die Investitionen in Kultur und Wissenschaft, in den Straßenbau und -erhalt sowie in den Bereichen Soziales, Sicherheit und Ordnung.

Wir danken der Verwaltung um Oberbürgermeisterin Henriette Reker und Kämmerin Prof. Dörte Diemert für die intensive und sehr gute Vorarbeit. Auf politischer Ebene werden wir uns jetzt intensiv mit dem Zahlenwerk befassen, um an verschiedenen Stellschrauben noch eigene Akzente zu setzen.“


Der Applaus zu den Haushaltsreden im Kölner Rat war eher dünn.

red01