Köln | Im Juni 2019 verteilte die sogenannten „Atomwaffen Division Deutschland“ (AWD) in Köln-Mülheim Mordaufrufe, so die lokalen Initiativen „Initiative Keupstraße ist überall“, Nachbarschaft Köln-Mülheim-Nord“ und „Kein Veedel für Rassismus Mülheim“. Die fragten bei den Sicherheitsbehörden, der Stadt- und Landespolitik nach dem Sachstand der Ermittlungen und erfuhren wenig. Jetzt dokumentieren Sie öffentlich ihre Anfragen.

Kurz vor dem 15. Jahrestag des NSU-Nagelbombenanschlages in der Kölner Keupstraße am 9. Juni und nach dem Mord an Walter Lübcke wurden in den umliegenden Straßen die Mordaufrufe gegen Menschen muslimischen Glaubens in Briefkästen mit ausländisch klingenden Namen deponiert. Die Initiativen bemängeln die Passivität der Kölner Polizei vor allem im Bereich der Kommunikation. Zudem habe die Polizei nicht die Anwohnerinnen und Anwohner befragt, intensive Ermittlungen durchgeführt und den Betroffenen eine Opferberatung empfohlen, so die kritisierenden Initiativen. Zwar ermittle der Staatsschutz aber es gebe, so die Betroffenen nach Aussage der Polizei keine konkreten Gefährdungserkenntnisse.  
Auf einer kleine Anfrage der Linken im Juli 2018, erklärte die Bundesregierung, dass es nach einer Internetauswertung Hinweise gebe, dass es eine Gruppierung mit dem Namen Atomwaffen Division, existiere. Das Bundeskriminalamt schätzt die Gruppierung in Deutschland nicht als terroristische Vereinigung ein. Im November 2018 kurz vor dem Jahrestag der Novemberprogrome 1938 lagen Flugblätter und Briefe im Jacob-und-Wilhelm-Grimm-Zentrum der Humboldt-Universität zu Berlin vom deutschen Ableger der Atomwaffen Division. Im April 2019 tauchten in Frankfurt am Main Flugblätter der Atomwaffen Division auf, dazu im Mai in  der Johann Wolfgang Goethe-Universität Frankfurt am Main und Ende Mai in der Keupstraße in denen Muslimen angedroht wurde, dass gezielte Angriffe auf sie bald starten. Die AWD schickte zudem Drohungen an die Grünen Politiker Claudia Roth und Cem Özdemir.
Die Initiativen schreiben: „Da es weder mediale Resonanz noch Reaktionen der Politik gab, niemand die Migrant*innen im Stadtteil Köln Mülheim besuchte, die Nachbarschaft informierte oder versuchte, den betroffenen Menschen die Angst zu nehmen, beschlossen wir, aktiv zu werden. Wir schrieben Briefe an verschiedene Parteien, boten das Gespräch an und fragten u.a. nach dem Stand der Ermittlungen. Vor allem wollten wir wissen, wie mit den Betroffenen umgegangen wurde: Waren alle von der Polizei befragt worden, die einen Drohbrief vorgefunden hatten? Hatte man sie auf die Existenz der Opferberatung NRW hingewiesen? Waren gegebenenfalls Dolmetscher*innen hinzugezogen worden? Unsere Fragen orientieren sich an den Empfehlungen im Abschlussbericht des Zweiten Parlamentarischen Untersuchungsausschusses (PUA) NRW zum NSU von 2017. Laut Aussage der aktuellen Landesregierung sollen diese Empfehlungen in der Arbeit der Ermittlungsbehörden bis auf eine voll umgesetzt sein.“
Die Antworten aus der Politik fallen dürftig aus. Von der CDU und SPD, dass Abgeordnete keinen Einblick in laufende Ermittlungen hätten und geben könnten. Zu den Betroffenen äußerten sie sich nicht. Verena Schäffer, Parlamentarische Geschäftsführerin und Sprecherin für Innenpolitik und Strategien gegen Rechtsextremismus von Bündnis 90/Die Grünen im Landtag NRW, eröffnete einen ganz anderen Blick auf den Stand der Ermittlungen: „Zum einen haben die Verfassungsschutzbehörden mit nachrichtendienstlichen Mitteln die Identitäten von einzelnen Personen, die zur ‚Atomwaffendivision Deutschland‘ gehören, feststellen können und arbeiten hier weiter mit nachrichtendienstlichen Mitteln. Zum anderen gehen die Sicherheitsbehörden davon aus, dass es sich bei den Versender*innen der drei Flyeraktionen in Berlin, Frankfurt am Main und Köln-Mülheim um den gleichen Personenkreis handelt. […]“ Die Kölner Ratsfraktionen äußerten sich bis auf die Linke gar nicht.
Vorwürfe machen die Initiativen auch NRW-Inneminister Reul, CDU, der zwar öffentlich versichere, dass in NRW die Bürgerinnen und Bürger sicher vor extremistischer Gewalt seien, aber nicht mit den Betroffenen spreche. Die Initiativen: „Unsere Fragen zum Umgang mit den migrantischen Betroffenen wurden von der Politik ignoriert. Offenbar wird ihnen verantwortungsvolles Handeln und direkte Kommunikation auf Augenhöhe verwehrt. Zwar appellieren Politiker*innen gerne an „die Gesellschaft“, Hetze und Gewalt entschieden entgegenzutreten. Aber wenn wir dies tun, stehen sie nicht an unserer Seite.“

Autor: Von Redaktion