René Sion, Geschäftsführer beim Brauhaus Sion in der Altstadt, spricht im Interview über die Folgen der Krise für die Gastronomie und über eine erste Bilanz nach dem Neustart von knapp drei Wochen.

Wie erleben Sie die Krise in Köln?

René Sion: Die Schulen waren geschlossen, was für einen mehrfachen Familienvater keine leichte Situation darstellt. Dazu kam, dass die Altstadt zu den wenig bewohnten Viertel in Köln gehört, sodass das Leben hier zeitweise komplett zum Stillstand gekommen ist. Die Touristen sind ausgeblieben und Veranstaltungen gab es auch nicht. Aber wir haben immer nach vorne geblickt und hoffen, dass mit den Messeveranstaltungen im Herbst das Leben wieder mehr zurückkommt. Es wird aber noch ein langer Weg sein, bis die alte Normalität wieder zurückkommt. Selbst jetzt beim schönen Wetter sind zwar viele Menschen unterwegs, aber eingekauft und eingekehrt wird eher wenig.

Seit drei Wochen haben Restaurants und Brauhäuser wieder geöffnet. Wie fällt die erste Bilanz aus?

Sion: Die Stammgäste sind alle wieder zurückgekehrt. Da war eine gewisse Sehnsucht vorhanden. Die Leute waren froh, dass wir wieder aufhaben, das war bei uns selbst auch nicht anders. Sonst passiert aktuell noch wenig. Die Touristen fehlen genauso wie die Messegäste. Die Umsätze sind derzeit nicht so, wie sie eigentlich sein müssten. Eigentlich macht es wirtschaftlich keinen Sinn zu öffnen. Das sehen auch die anderen Wirte so, wir haben uns mit der Stadt und der Dehoga zu einem runden Tisch getroffen. Da war die Meinung einhellig. Aber die Wiedereröffnung ist für die Gesellschaft ein wichtiges Signal. Und wir freuen uns über jeden, der kommt.

Wie schwer ist es, die Corona-Regeln umzusetzen und wie reagieren die Gäste?

Sion: Die Vorschriften zum Beispiel bei den Abständen der Tische sind oft nicht eindeutig, was eine große Verunsicherung mit sich bringt. Bei den Menschen gibt es zwei Gruppen: Die einen haben noch etwas Angst und halten sich zu 100 Prozent an die Vorschriften. Die anderen ignorieren diese völlig und halten die Maskenpflicht für völlig überzogen. Dazwischen gibt es keine Grauzonen. Für uns ist das nicht einfach, wenn jemand zum Beispiel die Aufforderung beim Gang zur Toilette eine Maske zu tragen, einfach ignoriert. Aber wir sind für die Einhaltung der Vorschriften verantwortlich.

Bringt Alkohol bei den Gästen Probleme mit sich?

Sion: Unser Kerngeschäft ist die Geselligkeit, bei der es eng und laut zugeht. Das ist im Moment nicht möglich. Und so ist aktuell auch im Brauhaus der Umsatz der Speisen höher als bei den Getränken. Außerdem hat sich die Verweildauer verkürzt. Insofern gibt es keine Probleme, mit Gästen, die zu viel getrunken haben.

Die Hotels haben wieder geöffnet. Kommen jetzt auch wieder Touristen?

Sion: Zu unserem Haus gehört auch ein Hotel, dort haben zurzeit nur sehr zaghafte Anfragen auf nationaler Ebene. Etwas Sorge macht die Befürchtung, dass große Ketten jetzt mit Dumpingpreisen reagieren. Insgesamt liegt die Hoffnung aktuell aber schon auf dem innerdeutschen Tourismus.

Wie stellt sich die Situation für die Mitarbeiter dar?

Sion: Wir haben bei den Masken zwei Lösungen. Direkt am Tisch beim Gast muss Mundschutz getragen werden, in anderen Bereich wie beim Spülen reicht auch ein Visier aus. Für den Köbes ist die Situation nicht ganz einfach, da er aktuell größere Laufstrecken absolvieren muss. Da ist die Maske eher kontraproduktiv. Aber es gibt keine Beschwerden, unsere Mitarbeiter sind sehr froh, dass es endlich wieder losgeht. Es war für sie nicht leicht, vom Kurzarbeitergeld zu leben und komplett aufs Trinkgeld verzichten zu müssen.

Wie beurteilen Sie das Geschehen in der Gaststätte in Leer?

Sion: Soweit man das im Nachgang beurteilen kann, wurde dort unverantwortlich gehandelt. Da hat man die Situation wohl unterschätzt und die Spielregeln nicht eingehalten. Das führt wie jetzt auch beim Gottesdienst in Hanau bei den Menschen zu einer großen Verunsicherung. Man fragt sich, ob man überhaupt noch risikofrei in die Kirche oder in die Kneipe gehen kann. Diese Vorfälle haben so allen anderen geschadet und das zu einer Zeit, in der gerade die ersten Gäste zurückgekommen sind.

Sie sind Mitglied in der Bürgergarde blau-gold und waren selbst als Jungfrau im Dreigestirn unterwegs. Wie wird die Situation in der kommenden Karnevalssituation aussehen?

Sion: Was da passieren wird, steht völlig in den Sternen. Man weiß nicht, ob eine zweite Welle kommen wird und welche Auswirkungen diese hat. Für ein Dreigestirn wäre diese Session eine echte Herausforderung. Es könnte sich nicht an seinen Vorgängern orientieren und müsste ein völlig neues Konzept umsetzen. Auch der Höhepunkt der Session, der Rosenmontagszug, ist derzeit ungewiss. Da wird es schwer, Kandidaten zu finden.

Was macht Ihnen aktuell Sorgen und was macht Ihnen Hoffnung?

Sion: Es wäre wichtig zu wissen, wann das Ende der Krise erreicht ist. Wie lange können wir das so noch aushalten, jeder Tag kostet uns Geld. Wichtig ist, dass jetzt alle an einem Strang ziehen. Das gilt für Gewerbetreibende und Gäste bzw. Kunden gleichermaßen. So schnell wird das Virus nicht verschwinden und wir müssen einen Weg finden, damit zu leben.

Autor: Von Stephan Eppinger | Foto: Roland Breitschuh