Köln | Heute trafen sich die Bürgerinitative „Tschö RheinEnergie“ und der Kölner Energieversorger „RheinEnergie AG“ vor dem Landgericht Köln. Grund ist eine Klage der RheinEnergie gegen zwei Aktivisten der Bürgerinitiative auf Unterlassung der Aussage „Allein Köln-Merkenich verursacht 20 vorzeitige Todesfälle pro Jahr.“ Beide Parteien fanden eine Formulierung die zu einem Vergleich führen kann. Die endgültige Entscheidung fällt am 6. Juli.

Ist die Formulierung der Bürgerinitiative korrekt?

Beim Landgericht in Köln leitet Vorsitzender Richter am Landgericht Dr. Eßer da Silva die Verhandlung zwischen der RheinEnergie und der Bürgerinitiative „Tschö RheinEnergie.“

Die Bürgerinitiative „Tschö RheinEnergie“ setze sich unter anderem auf dem Weg einer Petition für eine Abschaltung des Braunkohleblocks im Heizkraftwerk Köln-Merkenich ein. Begründet werde dies mit schädlichen Klimafolgen, sowie einer Gesundheitsbelastung der Bevölkerung in der Region durch hohe Schadstoffemissionen. Dabei soll anhand einer Rechnung folgendes Ergebnis herausgekommen sein: „Allein Köln-Merkenich verursacht ca. 20 vorzeitige Totesfälle pro Jahr.“ Angeklagt wurde die Bürgerinitiative von RheinEnergie aufgrund eines fehlenden und direkten Vermerks, dass es sich bei der Zahl um kein Ergebnis handle, welches jährlich vorkomme, sondern lediglich um das Ergebnis einer Statistik. Im Wege einer einstweiligen Verfügung ließ die RheinEnergie zwei Mitgliedern der Bürgerinitiative sowie dem Netzwerk „Campact“ zu Jahresbeginn verbieten, eine von „Tschö RheinEnergie“ errechnete Zahl statistisch anzunehmender vorzeitiger Todesfälle zu nennen. Die Strafandrohung bei Zuwiderhandlung liegt bei bis zu 250.000 Euro, ersatzweise Haft. Die Bürgerinitiative legte gemeinsam mit Campact Widerspruch gegen die einstweilige Verfügung ein.

Der RheinEnergie geht es um eine sachlich richtige Darstellung

Inzwischen wurde die Aussage der Kölner Initiative „Tschö RheinEnergie“ abgeändert und es heiße nicht mehr „Allein Köln-Merkenich verursacht ca. 20 vorzeitige Totesfälle pro Jahr“ sondern: „Legt man Studien unter anderem von ‚Heal‘ und ‚Greenpeace‘ zu Grunde, verursacht auch Köln-Merkenich statisch gesehen vorzeitige Todesfälle.“ Diese Formulierung könnte die RheinEnergie akzeptieren, so Frank Bender, Leiter der Unternehmenskommunikation RheinEnergie Köln – bei seiner Stellungnahme, nach Anfrage der Redaktion, zum Prozess – denn die aktuelle Aussage wäre im Vergleich zur ersten im Hinblick auf die Ergebnisse von Studien eingeordnet. Auch würde man damit vermeiden, dass allein Köln-Merkenich für die Toten verantwortlich gemacht werde, führte Bender fort. Dabei akzeptiere die RheinEnergie die Meinung der Initiative „Tschö RheinEnergie“ und vieler Unterstützer. Es gehe der Firma lediglich darum dem Leser alle Informationen klar und verständlich mitzuteilen.

Der Leser muss die Fakten nachvollziehen können

Dr. Ruben Engel, Rechtsanwalt der RheinEnergie und Partner der Kanzlei Höcker, erklärt heute deshalb vor Gericht, dass die Petition mit dem oben genannten Slogan „keine – erst recht keinen nachweisbaren Zusammenhang zwischen Kohlekraftwerken und daraus resultierenden Gesundheits- und Todesfolgen“ geben würde. Engel macht auch darauf aufmerksam, dass die Bürgerinitiative auf ihrer Website keine unterstützenden Unterlagen – zumindest nicht auf direktem Weg – im Zusammenhang mit dem Slogan vorlegen würde. Der Leser würde lediglich den Slogan wahrnehmen und durch nicht direkte und sichtbare Quellen zu Studien und Berechnungen, allein gelassen werden. Auch bekomme der Leser nicht die Informationen, dass die Aussage auf eine mögliche Berechnung beruhe. Dem Leser wäre dadurch nicht klar, dass es weitere Möglichkeiten zur Berechnungen einer solchen Statistik gebe. Dies sei der beste Beweis dafür, dass diese Aussage von „Tschö RheinEnergie“ unverständlich und nicht nachvollziehbar wäre. Der Kläger wünsche sich für die Zukunft, eine Vermeidung von unvollständigen und unwahren Aussagen.

Darauf hin erläutert die Angeklagte Partei, mit Rechtsanwältin Dr. Roda Verheyen, Rechtsanwälte Günther, dass die Leser sehr wohl die gesamte Petition inklusive Fußnote – also mit einer wissenschaftlichen Verlinkung zu den Quellen – bekommen würde. Verheyen begründet, dass dem Leser dadurch bewusst wäre, dass es sich bei der Zahl in der oben genannten Aussage um ein Ergebnis einer statischen Rechnung handeln würde. Der Begriff „vorzeitige Tote“ im Slogan sage genau aus, dass es sich um eine abgeleitete Zahl handle. Es gehe also, wie von der RheinEnergie kritisiert, nicht um konkrete Personen oder Vorfälle, nicht einmal konkret über Köln, sondern lediglich um eine statistische Aussage.

Der Lösungsvorschlag

Ein Lösungsvorschlag des Richters und der angeklagten Partei war darauf hin, dass Wort „statistisch“ mit in die Aussage aufzunehmen, um dem Leser zu verdeutlichen, dass es sich bei der genannten Zahl in der Aussage lediglich um eine statistische Berechnung handle. Die mündliche Verhandlung wurde daraufhin kurz unterbrochen, damit beide Parteien sich Gedanken machen können.

Nach der Unterbrechung stimmten die Angeklagten dem Vorschlag des Richters zu, möchten allerdings, dass die einstweiligen Verfügung fallen gelassen wird. Die RheinEnergie will sich zu dem Vorschlag des Gerichtes, erst am 1. Juni äußern. An diesem Tag wolle auch das Gericht zu einer Entscheidung kommen. Die endgültige Verkündung – ohne Anwesenheit beider Parteien – folge am 6. Juli.

Autor: Irem Barlin
Foto: Bürgerinitiative „Tschö RheinEnergie“