Gronau | Der Mund ist soweit aufgerissen, dass er einen Fußball verschlingen könnte, die Zähne könnten die eines Gorillas sein, die Lippen von Dolly Buster. Obwohl Bilder wie „Mick Jagger with Microphone“ Sebastian Krüger zum Star-Karikaturisten machten, sind sie ihm heute peinlich. „Das war mein jugendliches Ungestüm“, sagt der gereifte 48-jährige Maler Montag, als er die Sonderausstellung „50/fifty“ zum 50-jährigen Bühnenjubiläum der Rolling Stones im Gronauer Rock’n’Popmuseum eröffnet.

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Als 25-jähriger Künstler in seiner Sturm-und-Drang-Zeit habe er seinerzeit nicht daran gedacht, dass der britische Frontmann der Rolling Stones eigentlich mehr Respekt verdient gehabt hätte, sagt Krüger. Deshalb sei der Rocker zunächst zu Recht auch in seiner Eitelkeit gekränkt gewesen, als ihn seine Bandkollegen mit der Karikatur ärgerten. „Er ist kein Politiker, den man fertigmacht“, sagt der gebürtige Hamelner heute geläutert.

Dennoch kokettiert der Künstler mit Zweitwohnsitz an der kalifornischen Küste damit, dass er „der Urheber dessen war, das genutzt wird, um Mick zu ärgern“. Die beiden Stones-Gitarristen Ron Wood und Keith Richards hätten den Sänger gerne aufgezogen, indem sie ihm Krügers Karikaturen vorhielten, sagt er. Als der Maler die Stones im Sommer 1990 zum ersten Mal persönlich traf, hatte er deshalb bei Richards und Wood einen besseren Stand als bei Jagger.

Erst als Wood später vermittelte, indem er Jagger die Bilder zeigte, die im Laufe der Jahre immer fotorealistischere Züge annahmen, entspannte sich die Beziehung. „Ja, es wird besser“, habe Jagger gesagt, als ihm Wood immer wieder die etwas realistischeren Bilder der vergangenen Jahre zeigte. Eines davon zeigt Jaggers Profil in mannshoher Leinwandgröße, wie man den Altrocker von seinen Auftritten kennt. Krüger malte das Porträt in nur vier Tagen in einem seiner Profi-Workshops, zu denen schon Hollywood-Regisseure kamen.

Im Kontrast zur „Bühnen-Sau“, wie Krüger Jagger nennt, steht das Bild „Devil in Focus“, das den Gitarristen und Songwriter Keith Richards zeigt. Krüger fand die Vorlage dafür als Ganzkörperbild in einem Rock-Musikmagazin. „Dann habe ich mir einfach das Leckerste rausgepickt“, sagt der betont unprätentiöse Künstler in schwarzer Lederweste und verwaschener Jeans. Krüger fokussierte nur auf das Gesicht. Es zeigt einen Gitarristen, der völlig eins ist mit seinem Instrument. Anstatt die Falten zu retouchieren, betont Krüger diese in seinen Bildern noch. „Ich bin der Anti-Photoshop“, sagt er.

„Falten wie Granitfelsen im Yellowstone-Nationalpark“

Richards‘ Frau beschwere sich zwar ständig, wenn Krüger zu Besuch sei: „Warum muss du ihn immer als alten Mann malen?“ Lebemann Richards möge aber gerade Werke wie „British Landscape“. Es zeigt sein Gesicht in Nahaufnahme, wie er sich auf Lieder eines Konzerts einstimmt. „Hier hat man es fast mit Abstraktion zu tun. Falten wie Granitfelsen im Yellowstone-Nationalpark“, kommentiert Krüger.

Die Foto-Vorlage dafür lieferte der renommierte Musikfotograf Fritz Werner Haver, der mit 25 Fotografien die andere Hälfte der Ausstellung füllt. Das Bild bildet die Brücke der Ausstellung „50/fifty“. Die Fotografien setzen die unterschiedlichen Charaktere der Stones-Mitglieder realistisch in Szene, während Krüger die Unterschiede in seiner Malerei noch stärker herausstellt.

Besonders deutlich kommen die unverwechselbaren Charaktereigenschaften der Stones-Mitglieder in dem 2,70 mal 2 Meter großen Leinwand-Acrylbild „Charles and Company“ zum Vorschein. Der mittlerweile 64-jährige Ron Wood trägt ein T-Shirt der New Yorker Wiege des Punks, des Clubs CBGB’s, dazu Goldkette, Lausbubengrinsen: „Das ist eben der immer noch nicht erwachsene Ronnie“, sagt Krüger.

In der Mitte stehen der entspannt lachende Geschäftsmann Mick Jagger, der die Stones zu einer der kommerziell erfolgreichsten Rockbands der Welt gemacht hat, und „der Freibeuter“ Keith Richards, der ein offenes Hemd und ein Messer in der Hand trägt. Buchstäblich am Rande steht Schlagzeuger Charlie Watts. Er trägt einen Anzug und ist „der einzige, der seinem Alter gerecht wird“, wie Krüger erklärt. „Sein künstliches Lachen zeugt davon, dass er ungern im Rampenlicht steht und fotografiert wird.“

Eigentlich ist es Krüger aber unangenehm so viel über seine Bilder zu reden. „Ich halte lieber den Mund und male es lieber“, sagt er. Recht hat er. Die 50 Kunstwerke von ihm und Fritz Werner Haver erzählen mehr über die Rolling Stones als 1.000 Worte.

Die Sonderaustellung „50/fifty“ zum 50-jährigen Bühnenjubiläum der Stones läuft vom 14. Mai bis 26. August 2012

Öffnungszeiten:
Mittwoch bis Sonntag: 10 – 18 Uhr
Montag: geschlossen
Dienstag: nur auf Anfrage
(für Gruppen ab 30 Personen)
In den Schulferien NRWs ist das Museum auch am Dienstag geöffnet.
Öffnungszeiten an Feiertagen:
1. Mai
Himmelfahrt
Pfingsten
Fronleichnam
geöffnet jeweils von 10 – 18 Uhr
Ausnahmen:
am Dienstag, den 29. Mai bleibt das Museum geschlossen.

rock’n’popmuseum
Udo-Lindenberg-Platz 1
48599 Gronau
Tel. +49 2562 8148-0

Autor: Jean-Charles Fays, dapd | Foto: David Hecker/dapd
Foto: Die Kuenstler Sebastian Krueger (l.) und Fritz Werner Haver posieren am Montag (14.05.12) im Rock’n’Popmuseum in Gronau anlaesslich der Ausstellungseroeffnung „50/fifty-50 Jahre Rolling Stones“ vor Kruegers Werk „The Rolling Stones“ (Acryl auf Leinwand/270×200 Zentimeter). Zum 50-jaehrigen Buehnenjubilaeum der Rolling Stones hat das Museum eine Sonderausstellung mit Fotos und Bildern der Rockstars eroeffnet. Bei der Schau „50/fifty“ werden 25 Kunstwerke von Sebastian Krueger und 25 Fotografien von Fritz Werner Haver gezeigt. Sowohl Krueger als auch Haver begleiteten die Stones fuer ihre Arbeit immer wieder auf Tour und portraetierten sie dabei eindrucksvoll.