Museen im Wandel der Zeit
In den letzten 100 Jahren sei das Schnütgen-Museum vielen Veränderungen unterworfen gewesen, erläuterte Woelk heute, doch dies treffe noch stärker auf die Welt außerhalb des Museums zu. Daher müsse stets bedacht werden, wie sich ein Museum selbst darstellen möchte und wie dies zur jeweiligen Zeit passe. Für ihn sei momentan die Leitfrage, ob das Schnütgen primär Museum oder Kirche ist. Zwar sei das Schnütgen ein städtisches Museum, doch ist das Hauptthema das christliche Mittelalter und der Hauptausstellungsort befindet sich im Inneren der Cäcilienkirche. Diese ist im Übrigen noch immer geweiht und es werden jährlich zwei Gottesdienste in ihr gefeiert. Aufgrund des neuen Rautenstrauch-Joest-Museums, das sich im selben Haus befindet und das sich mit den verschiedenen Kulturen beschäftigt, ist nun laut Woelk erstmalig eine neue Perspektive durch den Blick von Außen auf die Sammlung im Schnütgen möglich. Die Frage dabei ist, was christliche Kunst des Mittelalters ethnographisch bedeuten kann.

Der Schwerpunkt wird auch weiterhin auf der Hauptausstellung „Glanz und Größe des Mittelalters liegen, die in der jetzigen Form seit 2003 gezeigt wird. Doch soll nun vermehrt Wert auf die Akzentuierung der schönsten Kunstwerke wie dem Kruzifix aus Sankt Georg oder der Siegburger Madonna gelegt werden, damit diese „in ihrer ganzen Aura zur Wirkung kommen“. Auch die Cäcilienkirche selbst soll mehr in den Mittelpunkt rücken. Ebenfalls wird die wissenschaftliche Bestandsforschung weiterhin Tradition haben. Momentan ist ein Katalog über die mittelalterliche Schatzkunst geplant. Dabei hofft Woelk auf die Mitarbeit seiner Vorgängerin Prof. Dr. Hiltrud Westermann-Angerhausen, da sie eine Spezialistin der mittelalterlichen Metallkunst sei.

Dom und Museum Hand in Hand
Geplant ist ferner eine enge Zusammenarbeit mit dem Domforum, da sich der Kölner Dom in einem ähnlichen Spannungsfeld befinde wie das Schnütgen: Primär ist der Dom eine geweihte Kathedrale, doch die meisten Besucher betrachten ihn als ein „Sightseeing-Monument“ und sehen ihn aus der touristischen Perspektive. So sind institutionsübergreifende Gesprächsreihen geplant sowie gemeinsame öffentliche Führungen durch den Dom und das Museum. Schön dabei sei für den Besucher besonders die verschiedene Darstellung der Kunstwerke: Im Museum können die Ausstellungsstücke aus der Retrospektive intensiv und nah betrachtet werden; im Dom hingegen seien sie in den eigentlichen Kontext eingebettet und bilden ein „Sinngefüge“, seien aber auch weiter weg und werden nicht erklärt wie im Museum.

Ein besonderer Traum von Woelk ist laut eigener Aussage die geplante Sonderausstellung über die Heiligen Drei Könige in 2014, die vom Domforum inspiriert ist und in Zusammenarbeit mit diesen entstehen wird: 1164 schenkte Friedrich Barbarossa Kölner Erzbischof Rainald von Dassel die Gebeine der drei Weisen, die am 23. Juli von Mailand nach Köln überführt wurden. Zu diesem Jubiläum kann sich Woelk viele unterschiedliche Aktivitäten in Köln, darunter beispielsweise einen nachgestellten festlichen Einzug der Reliquien in die Stadt, vorstellen. Das Thema sei sehr vielschichtig. So seien als Sonderausstellungen Themen wie das mittelalterliche Weltbild, die drei Könige selbst sowie ihre unterschiedliche Darstellung in der Kunst und die politische Ebene anhand der Beziehung von Kaiser und Kirche denkbar. Da die Ideen aber noch sehr frisch seien, gäbe es noch keine konkreten Pläne. Auf alle Fälle sei es aber ein tolles Kölnthema, betonte Woelk.

Köln von eigener Schönheit
Dr. Moritz Woelk ist seit dem 1. Januar 2012 Direktor des Schnütgen-Museums. Zuvor war er zehn Jahre lang Leiter der Skulpturensammlung der Staatlichen Kunstsammlung Dresden. Während seiner Tätigkeit richtete er unter anderem die Dauerausstellung mittelalterlicher Skulpturen in Chemnitz neu aus und führte zahlreiche Sonderausstellungen durch. In Köln fühle er sich nun sehr wohl, berichtete der in Duisburg aufgewachsene Woelk, da das Schnütgen eine der herausragendsten mittelalterlichen Sammlungen Deutschlands besitze und es eine tolle Verbindung zwischen den Kölner Museen gäbe. Auch die Uni Köln habe im Bezug auf das Mittelalter viel zu bieten. Insgesamt habe er Köln als sehr lebendig und offen aufgenommen. Zwar gäbe es „viele städtebauliche Scheußlichkeiten“ in Köln, doch die fände man in jeder Stadt und zeigten lediglich den jeweiligen Umgang mit dem Wiederaufbau nach der Zerstörung durch den Krieg. Köln sei mit dem Dom und den vielen romanischen Kirchen jedoch von einer eigenen Schönheit, die der von Dresden in nichts nachstünde.

Nicola Ninnemann für Report-k.de / Kölns Internetzeitung