Nach einem Jahr Erwerbslosigkeit freut sich der 43-jährige Industriekaufmann Wolfgang Meurer sehr darüber, die Agentur für Kommunikationsdesign simple in der Buchhaltung unterstützen zu dürfen. Damit gehört Meurer zu den über 26.000 Kölnern, die im Zeitraum von Januar bis Oktober dieses Jahres eine neue Stelle angetreten haben. Wie schwierig es vor allem für Schwerbehinderte ist, aus der Erwerbslosigkeit herauszufinden, macht Roswitha Stock, Vorsitzende der Geschäftsführung der Agentur für Arbeit in Köln deutlich: „Im Oktober zählen wir 2.759 Arbeitslose mit einer Schwerbehinderung in Köln, das sind gut sechs Prozent mehr als im Vorjahr. In der Wirtschaftskrise verloren deutlich mehr schwerbehinderte Arbeitnehmer ihren Arbeitsplatz als in den Jahren davor, zudem ist die Zahl der Neueinstellungen vorübergehend zurückgegangen. Das hat die Zahl der Arbeitlosen nach oben getrieben.“ Doch nicht nur die Behinderung und die rechtlichen Beschäftigungsbedingungen erschwerten eine Vermittlung. Häufig sei vor allem das Alter ausschlagebend: „Während 14 Prozent aller Arbeitslosen im Oktober 55 Jahre oder älter waren, sind es unter den schwerbehinderten Kunden der Arbeitsagentur gut 54 Prozent.“, so Stock. Das erkläre zu einem Teil die höhere Arbeitslosigkeit, denn unter allen Arbeitsgruppen hätten die Älteren im vergangenen Jahr am wenigsten vom Aufschwung profitiert.

Etliche gut ausgebildete Kandidaten
Viele Arbeitgeber seien immer noch gehemmt, Schwerbehinderte einzustellen. Das liege zum einem an rechtlichen, zum anderen an persönlichen Gründen. Dabei lohne es sich im Vorfeld etwa Informationen zum Kündigungsschutz von schwerbehinderten Mitarbeitern einzuholen, so Stock. Denn unter den gut 2.700 schwerbehinderten Frauen und Männern gäbe es etliche gut ausgebildete und motivierte Kandidaten für freie Stellen. Das zeige unter anderem die Werbeagentur simple. Bevor Geschäftsführer Andreas Salsamendi sich für die Einstellung eines schwerbehinderten Mitarbeiters entschloss, holte er sich die Meinungen seiner rund 18 Beschäftigten ein und informierte sich über die rechtlichen Bedingungen für ein solches Arbeitsverhältnis. Die neutralen bis positiven Rückmeldungen bestätigten ihn in seiner Entscheidung und so schlug ihm die Arbeitagentur 5 Bewerber vor, von denen Meurer schließlich überzeugen konnte. Dieser absolvierte dann ein dreiwöchiges Praktikum, bevor Salsamendi einen unbefristeten Arbeitsvertrag aufsetzen konnte. Während des Praktikums wurde Meurer weiterhin vom Arbeitslosengeld I unterstützt, die Fahrkosten trug der Arbeitgeber selbst. Diese Probebeschäftigung-Maßnahme seitens der Arbeitsagentur ermögliche den Parteien, sich kennen zu lernen: „Einen Monat lang können Betriebe und Schwerbehinderte erproben, wie sie miteinander arbeiten können“, erklärt Stock.  

Arbeitsagentur fördert Arbeitsplatzausstattung
Um den schwerbehinderten Rollstuhlfahrer ungehindert beschäftigen zu können, hat die Agentur einige Änderungen vornehmen müssen: so hat sie beispielsweise eine Rampe zu den Toiletten eingerichtet, am Eingang eine Klingel in Reichweite angebracht und die Schreibtischplatte höhergestellt. Unterstützt wurde die Arbeitsplatzausstattung von der Kölner Arbeitsagentur. Dafür müsse der Arbeitgeber lediglich einen Reha-Antrag stellen, erklärt Carsten Borowski, Berater für Rehabilitanden und Schwerbehinderte der Agentur für Arbeit Köln. Je nach Behinderung des Mitarbeiters würden vielerlei technische Arbeitsmittel gefördert: von einem verstellbaren Stuhl über einen elektronischen Türöffner bis hin zu einer speziellen Software, die für eine bessere Vergrößerung am Computerbildschirm sorgt.

Trackball und großer Bildschirm
Meurer selbst hat auch einige Bedingungen an seinen Arbeitplatz gehabt: „Ich brauchte einen großen Monitor, damit ich nicht immer scrollen muss“, erzählte der Buchhalter. Denn dies falle ihm aufgrund seiner Behinderung schwer. Deshalb hat die Agentur sich auch um eine spezielle Computer-Maus gekümmert, mit einem sogenanntem Trackball, der ihm die Handhabung bedeutend erleichtert. Neben einem Rechner wurde Meurer auf seinen Wunsch hin außerdem ein Laptop zur Verfügung gestellt. Diesen führt er mit sich, wenn er eine Frage an seine Kollegen hat und sie schnell ‚vor Ort’ klären möchte.

„Das hat nichts mit der Behinderung zu tun“
Seit gut einem halben Jahr ist Meurer nun als Buchhalter in der Kölner Agentur beschäftigt. „Ich hatte das Gefühl, dass Wolfgang innerhalb weniger Wochen angekommen ist“, so Salsamendi. „Es gibt Mitarbeiter, die deutlich länger brauchen. Das hat also nichts mit der Behinderung zu tun“, erklärt der Geschäftsführer. Es sei ein Vertragsabschluss mit einem normalen Mitarbeiter gewesen. „Deshalb haben wir gleich zu Beginn gesagt: Wir schonen dich nicht“, erzählt Salsamendi. Meurer arbeitet sechs Stunden täglich in der Agentur und hat im Gegensatz zu seinen ‚normalen’ Kollegen Anspruch auf 5 Tage mehr Urlaub im Jahr.

Unternehmen ab einer Größe von 20 Mitarbeitern müssen einer Schwerbehindertenquote von 6 Prozent nachkommen. Die Kölner Arbeitsagentur selbst gibt an, einen 8,8 – prozentigen Anteil an Schwerbehinderten zu beschäftigen.

[il]