Bundesgesundheitsminister Prof. Dr. Karl Lauterbach. Foto: Bopp

Berlin | dts | Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) schließt eine Ausrufung der „epidemischen Lage“ im Winter nicht aus. „Ich hoffe, dass es nicht zu einem gravierenden Variantenwechsel kommt. Wenn er ausbleibt, dann werden wir nicht in so eine epidemische Lage kommen“, sagte er der „Welt am Sonntag“.

Trotzdem bräuchte Deutschland für den Notfall Werkzeuge. „Viele Menschen glauben fälschlicherweise, dass sich im Laufe einer Pandemie immer nur die leichteren Varianten durchsetzen. Das ist ein Irrtum.“

Es gebe keinen Selektionsvorteil für leichtere Varianten. „Wir müssen auf alles gefasst sein“, warnte Lauterbach. „Der Corona-Herbst wird kein Zuckerschlecken. Wir werden mit der BA.5-Variante zumindest am Anfang einen Anstieg der Fallzahlen erleben.“ Insbesondere dann, wenn der Aufenthalt in Innenräumen wegen der kalten Temperaturen zur Regel werde.

Die Durchseuchung einer ganzen Generation ist unverantwortlich

Karl Lauterbach

Drohende Herbstwelle: Karl Lauterbach setzt sich für Maskenpflicht in Schulen ein

„Es wird dann zu Ausfällen in den Betrieben und der kritischen Infrastruktur kommen, etwa in Krankenhäusern. Es stehen uns also schwierige Zeiten bevor“, so der Minister. Eine Maskenpflicht für Schüler ab der 5. Klasse hält Lauterbach trotz Kritik von Pädagogen und Psychologen für verhältnismäßig. „Mit meiner Aufgabe als Gesundheitsminister ist es nicht zu vereinbaren, dass Kinder massenhaft erkranken. Die Durchseuchung einer ganzen Generation ist unverantwortlich“, so der SPD-Politiker.

Da gehe es um Millionen von Kindern. „Das können wir nicht riskieren. Noch wissen wir nicht, was diese Infektion, wenn sie wiederholt auftritt, mit dem Immunsystem der Kinder macht. Das Risiko massenhafter Infektionen in der Schule können wir als Gesellschaft nicht eingehen.“

Karl Lauterbach bekommt Contra vom Koalitionspartner

Bundesjustizminister Marco Buschmann (FDP) allerdings wirft seinem Kabinettskollegen Karl Lauterbach (SPD) „Panikmache“ in der Corona-Politik vor. Das berichtet die „Frankfurter Allgemeinen Zeitung“(Montagsausgabe). Buschmann sagte dazu der Zeitung: „Von Panikmache halte ich gar nichts. Für solche Virusvarianten gibt es derzeit nirgendwo Anzeichen.“ Konkret geht es um Paragraf 28a des Infektionsschutzgesetzes, der Maßnahmen wie einen Lockdown, Schulschließungen und Kontaktbeschränkungen ermöglicht.

Dieser Paragraf sei „totes Recht“. Zur Reaktivierung müsste der Bundestag dem zustimmen, sagte Buschmann „Dafür gibt es keine Mehrheit in der Koalition. Denn die Freien Demokraten haben gesagt, es müsste sich schon regelrecht die Hölle unter uns auftun, ehe wir dem zustimmen.“

Die Menschen seien ohnehin durch die ganzen Krisen sehr nervös. „Da muss man sie nicht auch noch durch solche Horrorszenarien verrückt machen.“ In dem Gesetzentwurf ist eine Maskenpflicht im Fernverkehr und eine Masken- und Testpflicht in Kliniken und Pflegeheimen vorgesehen.

Darüber hinaus können die Länder weitergehende Maßnahmen beschließen, der private Bereich ist allerdings ausgenommen. Buschmann wies in diesem Zusammenhang den Vorwurf zurück, dadurch entstehe im Land wieder ein Flickenteppich unterschiedlicher Maßnahmen. „Das Wort Flickenteppich ist eine polemische Zuspitzung und verkennt den föderalen Staatsaufbau unseres Landes“, sagte er.

Es sei sogar „Kern des Konzepts“, dass die Länder ein Gestaltungsspielraum in einem moderaten Rahmen bekämen. Die Länder könnten unter gewissen Voraussetzungen Maßnahmen verhängen, sie müssten aber nicht. „Ganz einfach, weil sich das Infektionsgeschehen nicht deutschlandweit zur gleichen Zeit gleich entwickelt, sondern oftmals regional stark voneinander abweicht.“

(red02)