Köln | Auf Sockeln stehende Monitore zeigen Bilder und Filme in einer Endlosschleife – von der Aufnahme des richterlichen Prozesses des irakischen Diktators Saddam Hussein über Ausschnitte aus der bekannten amerikanischen Fernsehserie Dallas bis hin zu Bildern aus dem Irak-und Afghanistan-Krieg – der amerikanische Künstler Sean Snyder beschäftigt sich in seinen filmischen Arbeiten und Installationen mit einer Reihe von aktuellen Themen. Snyders künstlerisches Schaffen wird ab heute erstmals in umfassender Weise in Deutschland im Kölnischen Kunstverein zu sehen sein.

Kein Detail wird dem Zufall überlassen in dem weißen, weitläufigen Pavillon des Kölnischen Kunstvereins, dessen Fenster eigens für die Einzelausstellung des Künstlers Sean Snyder mit Wänden ausgestattet wurden. Die Monitore, die der Künstler nach seinen Vorstellungen platziert hat, schließen sich zu einem installativem Arrangement mit dem Raum zusammen. Zehn filmische Arbeiten, die in einer Zeitspanne von zehn Jahren entstanden sind, beschäftigen sich mit der Entstehung, Bedeutung und Wahrnehmung von Informationen, Bildern, Codes sowie Speichermedien. Wie wirken Bilder in einer modernen Konsumgesellschaft auf uns, welche Funktion haben sie, wie hat sich Fotojournalismus verändert? Das sind Fragen, die Snyder in den Raum wirft. Ergänzt werden die filmischen Arbeiten mit Fotos und Drucke.

Moritz Wesseler, Direktor des Kölnischen Kunstvereins, ist stolz, die Ausstellung in den frisch renovierten Räumen des Kunstvereins präsentieren zu dürfen. Er beschreibt die Arbeitsweise des in Berlin und Kiew lebenden Künstlers als äußerst akribisch. „Sean Snyder sichtet und sammelt Material, geht wie ein Forscher vor, er seziert die Themen regelrecht. Es entstehen neue Blickmöglichkeiten der Wahrnehmung“, sagte Wesseler.

Snyders Quellenmaterial reicht von Nachrichten, Amateurclips, selbst produzierten Bildern bis zu Informationen aus öffentlichen bzw. staatlichen Datenbanken. So hat er nach eigenen Angaben in Archiven in Kiew interessantes Filmmaterial entdeckt. Unter diesen Zufallsentdeckungen ist ein von der sowjetischen Armee gedrehter Film während des Afghanistankrieges. Die schwarz-weiß Aufnahmen, die Snyder geschnitten und an einigen Stellen verlangsamt darstellt, sind im Kinosaal des Kunstvereins zu sehen und zeigen tanzende Afghanen in Anwesenheit von sowjetischen Truppen, laut Wesseler eine Darstellung der Demonstration von unterschiedlichen Machtcodes.

Auf einem der Monitore in Hauptpavillon läuft unterdessen lautlos die aus den 80er Jahren bekannt gewordene US-Serie Dallas. In dieser Arbeit mit dem Titel „Dallas Southfork in Hermes Land, Slobozia, Romania“ von 2001 beschäftige sich Snyder mit der Codierung und Decodierung der Bilder von Produzenten und Rezipienten sowie der Medienwirkung der Serie im Kontext des Kalten Krieges. In der damals sozialistischen Republik Rumänien sei die Serie entgegen der vermutlichen antikapitalistischen Zielsetzung, ein großer Erfolg geworden, die Intention habe sich verschoben, erklärte Wesseler.

Den Titel der Einzelausstellung trägt den Namen „No Apocalypse, Not Now“ und lehnt sich damit an den gleichnamigen Titel der von Jacques Derridas stammenden Schrift über atomare Endzeitvisionen und Politik der Abschreckung an. Seine „persönliche Apokalypse“ sei sein Gesundheitszustand, der Auswirkungen auf sein künstlerisches Schaffen hat, sagte der Künstler. Aufgrund einer Hirnverletzung hat Snyder Probleme beim Sprechen. Was durch Sprache nicht zu kommunizieren ist, drückt er durch Kunst aus. Der Weg der persönlichen Therapie sei jener mithilfe der Kunst, sagte seine Partnerin, Olga Bryukhovetska unterstützend.

„No Apocalypse, Not Now“ – eine faszinierende Ausstellung, die eine Reihe aktueller Themen anschneidet.

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Sean Snyder: Einzelausstellung „No Apocalypse, Not Now“
Eröffnung am 8. November 2013, 19 Uhr
9. November bis 22. Dezember 2013
Im Kölnischen KunstvereinsHahnenstr. 6
50667 Köln

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Autor: Nelli Morkel
Foto: Eine Arbeit von Sean Snyder, die sich mit der Wirkung der amerikanischen Fernsehserie „Dallas“ im Kontext des Kalten Krieges beschäftigt.