Berlin | CSU-Chef Horst Seehofer hat die neue Leitkultur-Debatte begrüßt. „Ich sage: Endlich findet diese Diskussion jetzt auch auf Bundesebene statt“, sagte Seehofer der „Rheinischen Post“ (Mittwochausgabe).

Der bayerische Ministerpräsident betonte: „Das Bekenntnis zur Leitkultur ist eine der Voraussetzungen für gelingende Integration. Die Leitkultur ist in unserem Bayerischen Integrationsgesetz längst verankert. Das ist notwendig für die kulturelle Identität im Land.“ SPD-Generalsekretärin Katarina Barley kritisierte unterdessen Innenminister Thomas de Maizière (CDU) für seine Leitkultur-Thesen.

„Sein Auseinanderdividieren in ein Wir und ein Nicht-wir ist das exakte Gegenteil von dem, was wir brauchen“, sagte sie der „Westdeutschen Zeitung“. Und Leitkultur ausgerechnet beim Thema Bildung auszumachen, sei schäbig. „Gerade nach NRW kommen seit Jahrhunderten Menschen mit dem Ziel, für sich und ihre Kinder ein besseres Leben zu erreichen. Und die wissen ganz genau, dass für ihre Kinder der Aufstieg über Bildung erfolgt. Aber seit Roland Koch schreckt die CDU nicht vor dem Reflex zurück, im Wahlkampf Stimmung gegen Ausländer zu machen und am sozialen Kitt zu kratzen.“

Integrationsforscher hält Leitkultur-Debatte für notwendig

Der Integrationsforscher Ruud Koopmans hält die von Innenminister Thomas de Maizière angestoßene Leitkultur-Debatte für notwendig. „Nicht nur Deutschland, jedes Land der Erde braucht eine Leitkultur und die stabilen Staaten haben auch alle eine nationale Kultur“, sagte Koopmans der „Welt“. Leider beanspruchten „die Gegner der Leitkultur in der Öffentlichkeit die moralische Deutungshoheit und können die Befürworter erfolgreich entweder als rechts abwerten oder lächerlich machen. Um das aufzubrechen, begrüße ich auch die aktuelle Debatte um die Leitkultur“, sagte der Soziologe weiter. Für den in Berlin lehrenden niederländischen Professor ist „etwas ganz spezifisch Deutsches der Umgang mit der Vergangenheit. Das historische Erbe des Zweiten Weltkrieges und des Holocaust, das ist deutsche Leitkultur.“

Man könne „nicht deutsch sein, ohne sich für den Holocaust zu schämen“. Es gebe Einwanderer, die als Deutsche behandelt werden wollten, aber mit dem Holocaust nichts zu tun haben wollten, weil es ja nicht ihre Vorfahren gewesen seien. Das hält Koopmans für eine falsche Haltung: „Wenn sie sich antisemitisch äußern oder Israel das Existenzrecht absprechen, können sie nicht gleichzeitig beanspruchen, als Deutsche behandelt zu werden.“

Autor: dts