„Seit 21 Tagen unfallfrei“ stand heute gut sichtbar auf einer Tafel auf dem Gelände der Shell Raffinerie in Köln-Godorf. Vor drei Wochen gab es auf dem Gelände einen Fahrradunfall. Problematischer waren da die Vorfälle im September 2011, als aus der Raffinerie in Godorf Säuretropfen ausgetreten waren [report-k.de berichtete]. Ursache war damals ein 25-minütiger Ausfall einer Rauchgasentschwefelungsanlage, so die Shell. „Man wusste zuerst überhaupt nicht, woher das kommt“, schilderte Raffinerie-Direktor Bram Steenks die Gefühle der ersten Minuten nach dem Zwischenfall. Mehrere hundert Autos außerhalb der Anlage wurden damals beschädigt, hauptsächlich kam es zu Lackschäden. Bereits 2008 habe es solche Vorkommnisse gegeben, so Steenks, jedoch konnten auch unabhängige Experten in erster Instanz den genauen Grund nicht feststellen. „Wir haben nun viele Maßnahmen unternommen“, versicherte der Direktor der Anlage. Von zwei neuen Entschwefelungsanlagen sei bereits die erste in Betrieb, die zweite würde Anfang Januar ihre Arbeit aufnehmen. Darüber hinaus sei ein sogenannter „Töpfchenabschalter“, eine Art Filter, installiert worden, damit sich solche Vorkommnisse nicht mehr wiederholen können. „Wir haben sämtliche, entstandenen Schäden beglichen“, sagte Hans-Gerd Grummel, Leiter des Sicherheitsmanagements.

Shell will transparenter werden
Auch die entstandenen Schäden eines Rohröl-Lecks am 6. Juni an Autos im benachbarten Stadtteil Köln-Hahnwald habe man „unbürokratisch gelöst.“ „Wir sind in unserer Nachbarschaft von Tür zu Tür gegangen“, so Grummel. Anfang Juni kam es zu einer kleinen Undichtigkeit an einer Pipeline innerhalb der Anlage. Durch einen Luftkühler sei das Rohöl durch das Leck in die Luft gepumpt und durch die Windrichtung über Hahnwald verteilt worden. „95 Prozent des Rohöls ist aber bereits innerhalb des Werkes runtergekommen“, sagte Grummel. Jedoch hätten rund 50 Anwohner über Schäden geklagt. Insgesamt zeigte sich Steenks dennoch zufrieden. "Wir hatten 2011 weniger Zwischenfälle, insgesamt zeigt der Trend nach unten. Wir werden jedes Jahr ein wenig besser“, betonte der Direktor. Dazu gehöre auch, aus den zwischenfällen zu lernen. „Wir haben durch die Ereignisse gelernt, dass es besser ist, transparent nach außen zu kommunizieren“, gab sich Steenks einsichtig. Shell wolle Vertrauen mit den angrenzenden Nachbarn in Godorf und Wesseling aufbauen, „ansonsten haben wir auf Dauer keine Zukunft.“ Deswegen gebe es schon seit einer geraumen Zeit ein Bürgerschafts-Telefon, das rund um die Uhr für die Bürger erreichbar sei. Darüber hinaus stellen sich die Shell-Verantwortlichen zweimal im Jahr in einem sogenannten „Nachbarschaftsnetzwerk“ den Fragen der Bürger, Vertretern der Wirtschaft, Verbänden und Politikern. „Die Welt ist insgesamt kritischer geworden und die Konzerne wissen, dass sie den Dialog zu den Menschen von selbst suchen müssen“, analysierte Steenks.

„Es war ein gutes Jahr"
Trotz der Zwischenfälle zeigte sich Steenks mit dem Geschäftsjahr zufrieden. „Es war betriebstechnisch ein gutes Jahr für uns", fasste der Direktor der Raffinerie, Bram Steenks zusammen. Einer der Höhepunkte sei dabei der Baubeginn des „Connect“-Projekts am 1. Oktober gewesen [report-k.de berichtete]. In Zukunft soll eine Rohrleitung die Werke Wesseling und Godorf miteinander verbinden. Die Investitionen belaufen sich dabei auf insgesamt 250 Millionen Euro, welche das Unternehmen alleine trägt, erklärte Steenks. Der Bau der Rohrleitung laufe auf Hochtouren, Steenks rechne mit der Eröffnung der Pipeline im ersten Quartal des Jahres 2013. Fortsetzen will die Shell 2012 den Dialog mit der Politik, Umweltverbänden und Bürgern. Ein aus Bürgern bestehender Beirat komme einmal im Monat zusammen um ihre Anliegen zu äußern. Aufgrund des Beirats habe die Shell etwa den Trassenverlauf umgelegt, damit benachbarte Umweltschutzgebiete nicht beschädigt würden.

Getrübte Aussichten für 2012
Für das Jahr 2012 erwartet Shell allerdings eine schlechte Geschäftslage. „Wir befinden uns in keiner guten Lage“, erklärte Steenks. Es gäbe eine Überkapazität an Raffinerien in Europa, sodass Shell bereits dieses Jahr gezwungen worden sei, ihr Werk in der Nähe von Wilhelmshaven zu schließen und das Werk in Heide zu verkaufen. „Die neugebauten Raffinerien im Nahen Osten sind effizienter, größer und produzieren billiger“, so Steenks. Dadurch sei der Druck auf die einheimischen Raffinerien sehr groß. Durch die immer besser werdende Autotechnologie sinke auch die Nachfrage an den angebotenen Produkten. Man werde die Kapazitäten verschieben, denn Ottokraftstoff und Diesel würden weniger nachgefragt. Dafür steige die Nachfrage nach Kerosin. Durch die Überkapazität sänken die Gewinne. „Wir müssen die Produktionskosten und den Energieverbrauch weiter senken. Insgesamt müssen wir effizienter werden“, so Steenks. Er stellte jedoch klar, dass es in der nächsten Zeit zu keinen Kündigungen aus betriebstechnischen Gründen kommen werde. Bezüglich des Gewinns seien die vergangenen Jahre nicht erfolgreich gewesen. Konkrete Zahlen wollte und durfte Steenks jedoch nicht nennen. „Dass wir jedoch in den vier Jahren von 2009 bis 2012 eine Milliarde Euro in unsere beiden Raffinerien investieren, zeigt, dass wir davon ausgehen, in den nächsten Jahren wieder auf unsere vorgegebenen Ergebnisse zu kommen.“ Noch mindestens 20 Jahre, so Steenks, rechne man bei Shell, dass ihre Produkte gebraucht würden.

Mit über 1.500 Mitarbeitern produzieren die beiden Anlagen in Köln-Godorf und Wesseling, die seit 10 Jahren organisatorisch als ein Werk betrieben werden, nach eigenen Angaben jedes Jahr 2,1 Millionen Tonnen Ottokraftstoff. Hinzu kommen 1,08 Millionen Tonnen Kerosin, 1.000 Tonnen Butangas, 3,5 Tonnen Dieselkraftstoff und rund 2,07 Millionen Tonnen Heizöl. 16,8 Rohöl würden dabei verarbeitet. Zehn beziehungsweise elf Prozent des in Deutschland verbrauchten Benzins und Diesels kämen somit aus Köln.

[mc, Foto: Shell]