Köln | Artikel ergänzt | Die Aktivistengruppe Letzte Generation erklärt die Aktion am Flughafen Köln Bonn heute und ordnet die weltweite Aktion „Oil kills“ verbunden mit der Forderung nach der Umsetzung des „Fossil Fuel Treaty“ durch die Regierungen ein. Die Aktivist:innen betonen, dass es Ihnen nicht um die Anklage und Behinderung einzelner Personen und deren persönliches Verhalten gehe, sondern um das Aufzeigen des klimapolitischen Versagens der Regierungen. Nicht der Einzelne müsse sich schämen, sondern die Regierung. Zu der Aktion am Kölner Flughafen meldete sich nun auch NRW-Innenminister Herbert Reul zu Wort sowie der Betreiber des Flughafen Köln Bonn.
In den sozialen Netzwerken wird gegen die Aktion der Letzten Generation am Köln Bonner Flughafen heute getobt und auch aus Politikreisen kommt die Forderung nach schärferer Bestrafung. Es sind die üblichen Reflexe, die vor allem einem dienen: Sie lenken vom Inhalt der Aktionen ab. Mehrere Aktivist:innen erklärten heute Vormittag die Aktionen und ordneten diese ein.
Es ist die Klimakrise und Klimakatastrophe, die die Aktivist:innen nach wie vor bewegt. Das nicht einzuhaltende und eingehaltene 1,5 Grad Ziel des Pariser Klimaabkommens und man merkt ihnen an, wie verzweifelt sie sind, ob der täglichen Meldungen über neue Hitzerekorde oder Überflutungen und dass dies nicht mehr Menschen beunruhige. Lina Johnsen, eine der Aktivistinnen bemüht einen Vergleich: „Wenn die Badewanne überläuft, dreht man das Wasser ab und versucht nicht den Schaden nur durch Aufwischen zu verhindern“. Und so sei es auch mit den Treibhausgasen. Diese müssten reduziert und minimiert werden, um die Klimakatastrophe einzudämmen. Dies gehe aber nur indem die Menschheit aufhöre fossile Brennstoffe zu nutzen. Die Letzte Generation sieht die Regierungen in der Pflicht und fordert diese auf umzusteuern und sich nicht weiter von der fossilen Lobby unter Druck setzen zu lassen oder sich – siehe HVO 100 Skandal – vor deren Karren spannen zu lassen. Die Regierungen müssten Investitionen in die Zukunft tätigen, fossile Subventionen abbauen von denen nur Reiche profitierten. Die Klimakrise ist für die Letzte Generation auch eine Gerechtigkeitskrise.
Internationale Kampagne
„Oil kills“ sei ein internationaler Aufruf und werde weltweit mit dem Mittel des zivilen Widerstandes durchgeführt. Den Aktivist:innen gehe es darum gegen den Sumpf aus Geldgier, Macht und Korruption anzukämpfen. Es sei ein friedlicher widerständiger Protest, dies betonen die Aktivist:innen immer wieder, der jetzt zur richtigen Zeit am richtigen Ort geführt werde. Die Aktivist:innen wollen der Initiative die sich um einen Vertrag über fossile Brennstoffe bemüht und der einen globalen Übergang zu sicherer, erneuerbarer und erschwinglicher Energie für Alle schafft mehr Schwung verleihen. Diese ist seit 2019 aktiv. Es gehe darum jetzt einen konkreten Plan verbindlich festzulegen, der die Ausweitung neuer Kohle-, Öl- und Gasprojekte beende. Unterstützt wird die Initiative, die von Vanuatu und Tuvala angeführt wird durch die Weltgesundheitsorganisation und das Europäische Parlament. Die Idee – das Vorsorgeprinzip – das dahinter stehe gleiche der Initiative die zur Eindämmung von FCKW führte. Der Vorwurf an die aktuelle Bundesregierung lautet, dass diese immer noch in hochfossile Technologien investiere.
Lars Werner, Aktivist der Letzten Generation, erläutert die Blockade des Flughafen Köln Bonn damit, dass es vor allem auch um ein Ende der Privatflüge und Inlandsflüge gehe. Aktuell ist auch im Rahmen der Fußball-Europameisterschaft darüber eine erneute Debatte entbrannt. Zudem starten in Köln Bonn die Regierungsflieger, da dort die Flugbereitschaft der Luftwaffe stationiert ist. Die Flugindustrie werde jährlich mit Milliarden subventioniert kritisiert Werner und gleichzeitig fehle der politische Wille zum Aufbau eines wirklich funktionierenden Bahnnetzes sowie guter Nachtzug-Verbindungen. Auch hier legt die Letzte Generation den Finger an der richtigen Stelle aktuell in die Wunde. Nach den Überschwemmungen funktioniert die Eifelbahn immer noch nicht durchgängig zwischen Trier und Köln, die Schnellfahrstrecke zwischen Köln und Frankfurt und weiter die Rietbahn sind monatelang gesperrt. In NRW sollen ICE-Verbindungen eingedampft werden.
Fokus Kassel
Ronja Künkler betont, dass die Letzte Generation mit ihren Protestaktionen die schwelenden Konflikte in der Gesellschaft, die durch die Klimakrise ausgelöst werden, an die Oberfläche hole. Dieser Konflikt benötige aber in der Öffentlichkeit Raum. In den kommenden Monaten werde die heute begonnene internationale Widerstandskampagne fortgesetzt, die heute an den Flughäfen in Oslo, Helsinki, Köln und Barcelona begann. Diese werde nicht nur an Flughäfen stattfinden, sondern auch auf die Straße und auf Kreuzungen, wie zuletzt in Bremen getragen. Am 25. September 2024 ruft die Letzte Generation nach Kassel und den dortigen Flughafen. Dort werde jedes Flugticket mit 130 Euro aus Steuermitteln subventioniert. Dieses Geld so die Letzte Generation fehle an anderen Stellen, wie Kindertagesstätten etc. Künkler spricht in diesem Zusammenhang von politischem Irrsinn.
Einig sind sich die Aktivist:innen darin, dass ihr Protest auf einen Missstand hinweise und erwartet, dass dieser Missstand angemessen kommuniziert werde. Vor dem Hintergrund der geplanten Gesetzesverschärfung spricht die Letzte Generation von einer Eskalation, die friedlichen Protest mit drakonischen Strafen belege. Lobend äußerte sich die Letzte Generation über die Solidarität aus der Bevölkerung, die etwa durch Spenden helfe, diese drakonischen Strafen abzumildern oder auszugleichen.
Der Erstbericht und die Reaktion auf die Aktion der Letzten Generation am Flughafen Köln Bonn bei report-K
Reul verurteilt neue Klebe-Aktion am Flughafen Köln/Bonn
Ergänzung 14.01 Uhr > NRW-Innenminister Herbert Reul (CDU) hat die Aktion von Klima-Aktivisten am Flughafen Köln/Bonn verurteilt. „Ich bin kein Klimaforscher, aber mit Kleber Klima schützen klappt nicht“, sagte er der „Rheinischen Post“ (Donnerstagsausgabe).
„Was diese Leute da veranstalten, hat nichts mit Protest und Meinung zu tun, sondern das sind gleich mehrere Straftaten: Verstoß gegen das Versammlungsgesetz, gefährlicher Eingriff in den Luftverkehr und Hausfriedensbruch. Dazu kommt, dass sich für viele Tausende Urlauber die Reise ins Ungewisse verschiebt, weil sie nicht wegkommen. Das ärgert nicht nur, sondern erweist dem Klimaschutz einen Bärendienst.“
Unterdessen wurde der Flugbetrieb wieder aufgenommen. Insgesamt seien durch die Störung über 30 Flüge ausgefallen, weitere mussten umgeleitet werden, teilte der Flughafenbetreiber am Mittwochnachmittag mit. Es müsse auch im weiteren Tagesverlauf mit Verspätungen und Beeinträchtigungen gerechnet werden. Man bitte Reisende, sich bei ihrer Airline oder ihrem Reiseveranstalter über den Flugstatus zu informieren, hieß es vom Betreiber.
Das sagt der Flughafen
Am Flughafen Köln/Bonn sind heute Morgen gegen 5.30 Uhr Unbefugte in den luftseitigen Bereich des Flughafengeländes eingedrungen. Sie hielten sich auf Rollwegen im Kreuzungsbereich der großen Start- und Landebahn und der Querwindbahn auf. Aufgrund des Polizeieinsatzes musste der Flugbetrieb eingestellt werden. Im Einsatz waren Bundes- und Landespolizei sowie der Sicherheitsdienst und die Flughafenfeuerwehr. Nach Beendigung des Einsatzes konnte der Flugbetrieb gegen 9 Uhr wieder aufgenommen werden.
Durch das unbefugte Betreten des Geländes kam es zu erheblichen Beeinträchtigungen des Flugbetriebs. 31 Flüge (15 Starts, 16 Landungen) konnten nicht stattfinden (Stand 13:45 Uhr), sechs mussten umgeleitet werden. Zudem kommt es zu Verspätungen. Auch im weiteren Tagesverlauf ist mit Beeinträchtigungen zu rechnen. Der Flughafen erwartet am Mittwoch knapp 38.000 Passagiere.
„Der widerrechtliche Zutritt zum luftseitigen Bereich des Flughafens ist absolut inakzeptabel und stellt eine Gefährdung für den Flugbetrieb dar. Von der Unterbrechung waren Tausende Reisende betroffen, von denen heute viele in den Sommerurlaub starten wollten. Am Standort finden Ambulanzflüge statt, zudem sind die Flugbereitschaft des Bundesministeriums der Verteidigung sowie Rettungshubschrauber in Köln/Bonn stationiert“, erklärte Thilo Schmid, Vorsitzender der Geschäftsführung der Flughafen Köln/Bonn in einer schriftlichen Mitteilung.
Der Flughafen Köln Bonn fügte an, dass die Meldekette zwischen dem Airport und den zuständigen Sicherheitsbehörden funktioniert habe. Zudem behält sich der Flughafen vor Schadensersatz von den Aktivist:innen der Letzten Generation zu fordern.
Grüner NRW-Verkehrsminister verurteilt Aktion von Klima-Klebern
NRW-Umwelt- und Verkehrsminister Oliver Krischer (Grüne) hat die Aktion von Klima-Aktivisten am Flughafen Köln/Bonn verurteilt.
Der Düsseldorfer „Rheinischen Post“ (Donnerstagsausgabe) sagte er: „Ich habe keinerlei Verständnis für solche Aktionen. Das hat mit legitimem Protest nichts zu tun; das ist dumm und kriminell und gefährdet Menschenleben.“
„Ich begrüße ausdrücklich, dass die Bundesregierung einen Gesetzentwurf eingebracht hat, der die Strafen für solche Aktionen deutlich verschärft. Ich hoffe, das schreckt vor solchen gefährlichen Eingriffen in den Luftverkehr ab“, so der Minister.
Ergänzung in Teilen mit Material von dts nachrichtenagentur