Köln | Sie kämpfte mit Plakaten und Grafikzyklen für den Frieden, engagierte sich für die Armen. Ein zentrales Motiv aber war sie selber: Immer wieder porträtierte sich Käthe Kollwitz (1867-1945) selber. Ein Weg in das eigene Ich, ein Weg zur Selbsterkenntnis. Zur Feier ihres 150. Geburtstags zeigt das Kölner Käthe-Kollwitz-Museum rund 40 dieser Selbstporträts.

Am Anfang und Ende dieser Sonderpräsentation stehen zwei Glücksfälle für das Museum. Das jüngste Selbstporträt – gemalt um 1888 mit Feder und Pinsel in Sepia – kam erst vor kurzem als Dauerleihgabe ins Haus. Und 1938 entstand der Bronzekopf, der die Chronologie abschließt. Erst vor einem Jahr wurde er bei einer Auktion in New York entdeckt und konnte „zu einem erstaunlichen günstigen mittleren fünfstelligen Betrag“ ersteigert werden, so Museumschefin Hannelore Fischer.

„Die Seele nach außen – Kollwitz in Selbstbildnissen“

Mit offenen, neugierigen Augen, leicht burschikos: So blickt die junge Künstlerin 1888 dem Betrachter und dem künftigen Leben entgegen. Diese Augen sind es, die den Betrachter nicht los lassen. Die Augen sind das Fenster zur Seele, sagt der Volksmund – und nicht umsonst heißt die Ausstellung „Die Seele nach außen“.

Mal von vorne, mal im Profil, mit Kohle, Tusche, Kreide, Lithographie und Holzschnitt porträtierte sie sich. Von der frühen neugierigen Unbekümmertheit ist bald nichts mehr zu spüren. Bald schon zeigt die – nun anerkannte – Künstlerin einen selbstsicheren, manchmal auch trotzigen Blick. Doch spätestens nach dem Soldatentod ihres Sohnes 1914 wird der Blick nachdenklicher, grüblerischer, strenger, ernster und trauriger.

Im Vergleich: die Selbstporträts und gleichzeitig entstandene Fotos

Der Verlust des Sohnes machte sie – die nichts gegen dessen Meldung als Freiwilliger hatte – zur Pazifistin. Lässt sie sich immer mehr mit dem Tod, mit dem Lebensende beschäftigen. So sieht sie sich auf den Selbstporträts oft auch älter, als sie tatsächlich aussieht, wie der Vergleich mit zeitgleich entstandenen Fotos etwa von Hugo Erfurt oder Lotte Jacobi zeigt. Dies gilt auch für das letzte ausgestellte Selbstporträt – die Lithographie nach einer Kohlezeichnung – die ebenso wie der Bronzekopf 1938 entstand.

Neben diesen „richtigen“ Selbstporträts gibt es auch noch die „verkappten“, wie sie das Museumsteam nennt. Denn viele Frauengestalten wie im Zyklus „Bauernkrieg“ tragen ihre Gesichtszüge, gleiches gilt für das immer wieder variierte Motiv der Mutter, die um ihren toten Sohn trauert.

Verschiedene Facetten des Gesamtwerks werden im Laufe des Jahres beleuchtet

Zur Zeit wird rund ein Viertel des Sammlungsbestandes ausgestellt: Grafiken, Skulpturen, Plakate, Postkarten, Bücher. Die „Selbstporträts“ bilden den Auftakt zu weiteren Sonderausstellungen. Mit „Aufstand!“ wird über den Zyklus „Bauernkrieg“ ein beitrag zum Lutherjahr geleistet. Es folgt die Auseinandersetzung mit dem biblischen Thema „Maria und Elisabeth“, für die die (Selbst-)Porträts der Künstlerin und ihrer Schwiegertochter Ottilie die Grundlagen bildeten und eine Ausstellung zum Aufenthalt in der Villa Romana in Florenz.

Schließlich steht noch eine Ausstellung über den Käthe-Kollwitz-Preis der Akademie der Künste an. Dieser wäre vor 25 Jahren beinahe eingestellt wurden – nur dank der finanziellen Unterstützung der Kreissparkasse Köln, die auch Trägerin des Käthe-Kollwitz-Museums ist, konnte er erhalten bleiben. Die aktuell mit 12.000 dotierte Auszeichnung wurde seit 1960 von der Akademie der Künste in der DDR an bildende Künstler verliehen. Zu den Preisträgern zählen unter anderem Willi Sitte, Werner Tübke, Martin Kippenberger, Astrid Klein und – in diesem Jahr – Katharina Sieverding.

Schon seit 1953 hatte die DDR-Akademie den Heinrich-Mann-Preis für Schriftsteller verliehen. Nach der Wiedervereinigung fehlte das Geld für beide Preise – bis das Kölner Geldinstitut einsprang.

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[infobox]„Die Seele nach außen: Kollwitz in Selbstbildnissen“ – bis 22. Februar 2017, Käthe Kollwitz-Museum, Neumarkt 18-24, 50667 Köln, Tel. 0221 / 227-28 99 / 26 02, Öffnungszeiten: Di-Fr 10-18 Uhr, Sa, So und feiertags 11-18 Uhr, Eintritt: 5/2 Euro, Begleitprogramm unter www.kollwitz.de

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Autor: ehu | Reproduktion: Käthe Kollwitz Museum Köln
Foto: Käthe Kollwitz: „Selbstbildnis im Profil nach links“ (1924), Pinsel in Deckweiß auf dunkelgrünem Papier. © Käthe Kollwitz Museum Köln