Köln | Das Landgericht Köln hat die Eröffnung des Hauptverfahrens gegen einen 89-jährigen Rentner aus Köln abgelehnt, der von der Staatsanwaltschaft Dortmund im Zusammenhang mit einem durch die SS im Jahre 1944 begangenen Massakers wegen gemeinschaftlich begangenen Mordes an 25 Menschen und Beihilfe zum Mord an mehreren hundert Menschen in einem französischen Dorf angeklagt worden war.

Die Staatsanwaltschaft hatte ihm zur Last gelegt, als Angehöriger des SS-Panzergrenadier-Regiments 4 „Der Führer“ an der Zerstörung der französischen Ortschaft Oradour-sur-Glane und der Ermordung ihrer 642 Einwohner am 10. Juni 1944 beteiligt gewesen zu sein.

Die vierte große Strafkammer des Kölner Landgerichts hatte zu beurteilen, ob es mit den zur Verfügung stehenden Beweismitteln voraussichtlich gelingen würde, die angeklagten Taten im Rahmen einer Hauptverhandlung nachzuweisen. Dies hat die Kammer nun mit ihrem Beschluss verneint.

In der Beschlussbegründung geht die Kammer ohne Zweifel von der historisch belegten Tatsache aus, dass Mitglieder der 3. Kompanie des I. Bataillons des SS-Panzergrenadier-Regiments 4 „Der Führer“ am 10.06.1944 in der Ortschaft Oradour-sur-Glane ein Massaker verübten, indem sie 642 Menschen ermordeten und das ganze Dorf niederbrannten. Allerdings führt die Kammer aus, dass es unwahrscheinlich sei, dem Angeschuldigten nachweisen zu können, sich an diesen Morden beteiligt zu haben. Denn die Einlassung des Angeschuldigten, bei den Ereignissen in Oradour-sur-Glane zwar anwesend gewesen zu sein, selbst aber weder geschossen noch Bewachungs- oder Transportaufgaben übernommen zu haben, werde mit den zur Verfügung stehenden Beweismitteln voraussichtlich nicht zu widerlegen sein.

Dies ergebe sich unter anderem daraus, dass keiner der im Ermittlungsverfahren vernommenen Zeugen den Angeschuldigten mit den Geschehnissen in Oradour-sur-Glane in Verbindung gebracht habe und dass sein Name in keiner Vernehmung Erwähnung finde.

Auch die von der Staatsanwaltschaft zum Tatnachweis angeführte „Kompanieliste“, die den Angeschuldigten als Maschinengewehr-schützen einer der am Massaker maßgeblich beteiligten Gruppen aufführe, stelle kein belastbares Beweismittel dar, so das Gericht in seiner Begründung. Dies ergebe sich insbesondere daraus, dass diese Liste unvollständig sei und nicht im Original vorliege. Dem Angeschuldigten könne in einer Hauptverhandlung wahrscheinlich nur der von ihm konstant eingeräumte Umstand nachgewiesen werden, während des Massakers in Oradour-sur-Glane anwesend gewesen zu sein. Diese bloße Anwesenheit könne aber ohne Hinzutreten weiterer Umstände rechtlich nicht als Beihilfe zum Mord bewertet werden, so das Gericht.

Denn nach der höchstrichterlichen Rechtsprechung erfordere eine Verurteilung wegen Beihilfe zum Mord auch bei nationalsozialistischen Gewaltverbrechen den vorliegend nicht möglichen Nachweis, eine hinsichtlich Tatzeit, -ort und -opfer klar eingegrenzte Haupttat konkret gefördert zu haben.

Der Beschluss des Landgerichts Köln, mit dem die Eröffnung des Hauptverfahrens abgelehnt worden ist, kann noch rechtlich angefochten werden. Dies könne binnen einer Woche ab Bekanntmachung der Entscheidung geschehen, so das Gericht.

Autor: dd | Foto: Bundesarchiv, Bild 183-K0127-0201-001 / CC-BY-SA
Foto: Frankreich, Oradour-sur-Glane bei Limoges – Luftaufnahme des zerstörten Ortes (ADN) / Bundesarchiv_Bild_183-K0127-0201-001,_Frankreich,_Oradour,_Luftaufnahme.jpg // This file is licensed under the Creative Commons Attribution-Share Alike 3.0 Germany license. Bundesarchiv, Bild 183-K0127-0201-001 / CC-BY-SA