Das Pressefoto der Stadt Köln zeigt die vier neu angeschafften Elektrofahrzeuge für den städtischen Verkehrsdienst und spricht von einer "Elektroflotte". | Foto: Stadt Köln

Köln | Die Stadt Köln meldete gestern: „Verkehrsdienst erhält die ersten vier E-Autos – Elektrische Fahrzeuge dienen der Verkehrsüberwachung“. Das klingt nach einer Wahnsinns-Innovation, als würde jetzt ein neues Zeitalter anbrechen. Die Stadt spricht sogar von einer „Elektroflotte“. Dabei ist E-Mobilität in Köln nichts Neues, sie wurde nur einfach vergessen und aus der Öffentlichkeit verdrängt. Und es stellt sich die Frage: Warum nutzen Mitarbeiter:innen, die den ruhenden Verkehr in der Stadt überwachen nicht die Möglichkeiten des Umweltverbundes – sprich KVB und Rad?

Geschichtsvergessenheit

„Mit der Beschaffung dieser klimaschonenden und innovativen Fahrzeuge unterstützt der Verkehrsdienst die Klimaziele der Stadt Köln und erneuert weiter seinen Fuhrpark“, schreibt die städtische PR-Abteilung. Finanziert werden diese vier Fahrzeuge teilweise aus Fördermitteln des Landes Nordrhein-Westfalen. Die Fahrzeuge sollen täglich im Einsatz sein. Die PR-Strategen im städtischen Presseamt vermitteln den Bürger:innen dieser Stadt Fortschrittlichkeit und wie innovativ die Stadtverwaltung sei. Dabei war Elektromobilität vor über 100 Jahren in Köln nicht nur ein Thema, sondern es gab eine ganze Reihe von Unternehmen, die Elektrofahrzeuge herstellten. Daher wäre es korrekter zu schreiben: Stadt Köln setzt wieder auf Elektromobilität, aber das klingt weniger sexy.

Zur Einordnung: Elektromobilität aus und in Köln um 1900

Die erste Kölner Autofirma „Allgemeine Betriebs-Aktiengesellschaft für Motorfahrzeuge in Köln am Rhein“ baute in Lizenz französische Elektrowagen. Daraus wurde die Kölner Electricitäts-AG (KEW), an der auch die in Ehrenfeld ansässige Waggon-Fabrik P. Herbrand & Co. und der Accumulatorenhersteller Gottfried Hagen in Köln-Kalk beteiligt waren. Hier wurden Nutzfahrzeuge und zum Teil auch Personenwagen mit Elektroantrieb hergestellt.

Die Ernst Heinrich Geist Elektrizitäts AG baute um 1900 den ersten ersten benzinelektrisch getriebenen Lastkraftwagen, der „Dyna-Geist“ . 1904 entwickelte das Unternehmen ein Hybridfahrzeug das „Dynamobil“. Die Stadt Köln betrieb mit dem „Geist-Dynamobil“ 1907 eine Buslinie, die aber 1909 wieder eingestellt wurde. Das „Geist-Dynamobil“ war zu unzuverlässig.

Die Firma KAW baute 1900 den ersten Elektrowagen, der bis 1908 hergestellt wurde und die oft als Taxi eingesetzt waren. Ab 1911 wurde der erste Elektro-LKW gebaut. Die Firma Heinrich Scheele baute von 1899 bis 1906 elektrisch angetriebene Lastkraftwagen und Feuerwehrautos. Auch die Kölner Feuerwehr fuhr damals einen Scheele. Das Unternehmen ging in der Kölner Elektromobil-Gesellschaft Heinrich Scheele auf, die bis 1928 schwere Nutzfahrzeuge, Müllwagen und Omnibusse baute.

Es waren wirtschaftliche Gründe, die den Fahrzeugen der Elektromobilität den Garaus machten. Die Verbrenner waren einfach billiger auch durch den Erfinder der Massenproduktion Henry Ford. Und mit Ford ist auch die Geschichte der Stadt Köln verbunden, bis heute. Damals kosteten Elektrofahrzeuge etwa dreimal so viel wie ein Verbrenner. Wer ein Elektrofahrzeug fuhr, der galt im Volksmund als „Reicher Pinkel“.

Elektromobilität konnte sich damals gegen den Verbrenner einfach nicht durchsetzen – aus wirtschaftlichen Gründen. Insofern ist es nicht wahnsinnig „innovativ“ auf E-Mobilität zu setzen, sondern eigentlich fast eine Rückkehr zu einer Technologie, die es bereits gab und die in Köln intensiv genutzt wurde. Auch von der Stadt Köln.

Warum nutzt der Verkehrsdienst nicht Rad und KVB – also den Umweltverbund?

Eine andere Frage, die die städtische Meldung aufwirft ist, warum Mitarbeiter:innen des Verkehrsdienstes, die den ruhenden Verkehr in der Stadt überwachen, sich überhaupt mit Fahrzeugen des motorisierten Individualverkehrs durch die Stadt bewegen müssen? Denn neben den vier jetzt neu beschafften Elektrofahrzeugen sind auch 25 Hybridfahrzeuge im Einsatz. Die Kölner Stadtpolitik fordert von den Bürger:innen auf motorisierten Individualverkehr zu verzichten und stärker die Möglichkeiten des Umweltverbundes zu nutzen. Sie baut die Stadt aktuell stark um und wirbt dafür Rad und ÖPNV zu nutzen.

Keine Werbung für ÖPNV und Fahrrad, sondern für den motorisierten Individualverkehr

Warum nutzt der Verkehrsdienst nicht einfach die KVB, die Bahn oder ist mit dem Fahrrad unterwegs, wenn es um die Überwachung des ruhenden Verkehrs geht? Der ruht ja. Damit würde die Stadt Köln doch innovativ agieren und vor allem ihrer Vorbildfunktion gerecht werden. Ist es nicht auch schneller von Deutz nach Ehrenfeld mit der S-Bahn, als mit Hybrid- oder Elektrofahrzeug? Oder geht es dem Verkehrsdienst der Stadt Köln etwa um Status? Ist die Stadt Köln etwa von den Möglichkeiten des Umweltverbundes selbst nicht überzeugt oder hält die KVB für unzuverlässig? Fragen, die Politik und Stadtverwaltung sich gefallen lassen müssen, wenn sie solche Entscheidungen treffen und diese dann noch an die große Glocke hängen.

Es werden sich hunderte Argumente finden lassen, warum es dem städtischen Verkehrsdienst unmöglich ist KVB und Rad zu nutzen. Ihrer Vorbildfunktion wird die Stadt Köln damit nicht gerecht.